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Börse Frankfurt-News: pfp Advisory: Deutsche Small Caps sind (zu) günstig

17.02.2025 - 11:42:36

Börse Frankfurt-News: pfp Advisory: Deutsche Small Caps sind (zu) günstig. Christoph Frank erinnert angesichts der Rekordjagd des DAX an Small- und Micro-Caps, von denen sehr viele unterhalb ihres Buchwerts notieren, und skizziert Chancen.17. Februar 2025.

Christoph Frank erinnert angesichts der Rekordjagd des DAX an Small- und Micro-Caps, von denen sehr viele unterhalb ihres Buchwerts notieren, und skizziert Chancen.

17. Februar 2025. Es klingt wie aus einem Paralleluniversum, ist aber tatsächlich aus dieser Welt: Deutsche Aktien performen erheblich besser als US-amerikanische! Zumindest seit Jahresbeginn laufen der deutsche Leitindex DAX und seine "kleinen Brüder" MDAX und SDAX ihren US-Pendants S&P 500 und Nasdaq 100 klar den Rang ab.

Bemerkenswerterweise stiegen die Blue Chips im bisherigen Jahresverlauf 2025 noch stärker als die Nebenwerte. Offenbar stürzen sich die ausländischen Investoren bevorzugt auf die bekannteren Großkonzerne aus dem DAX und sind bei den niedriger kapitalisierten Unternehmen etwas vorsichtiger. An den Bewertungen kann es nicht liegen, denn die Small-Caps sind, gemessen an den meisten gängigen Bewertungskennzahlen, im Schnitt deutlich günstiger. Infolgedessen ist die Bewertungsdifferenz zwischen den deutschen "Großen" und "Kleinen" in den vergangenen sieben Wochen sogar noch etwas größer geworden.

Dabei waren bekannte Indizes mit deutschen Small-Caps wie, z. B. der MSCI Germany Small Cap-Index, erst im Dezember unter den aggregierten Buchwert ihrer Einzelbestandteile gefallen. Das ist zum einen ein seltenes Phänomen und zum anderen ein interessantes Signal, weil es einige Male vor unteren Wendepunkten vorkam, bevor die Märkte steil nach oben drehten, z. B. am Ende der New-Economy-Baisse im Frühjahr 2003 oder während der Tiefpunkte der Finanzkrise 2008/09. Noch interessanter als Durchschnittswerte mit ihren methodischen Problemen (wie z. B. dem Vorgehen bei Extremwerten oder negativen Ausprägungen) sind Häufigkeitsverteilungen. Zu diesem Zweck habe ich den deutschen Aktienmarkt in Gruppen aufgeteilt und analysiert, wie viele Aktien aktuell unter oder über ihrem Buchwert notieren.

Die Ergebnisse stützen die Befunde, dass derzeit ungewöhnlich viele Unternehmen unter Buchwert notieren, insbesondere Small-Caps. So weisen derzeit 41 Prozent der Titel aus dem SDAX ein Kurs-Buchwert-Verhältnis, kurz KBV unter 1 auf, eine ungewöhnlich hohe Quote. 22 Prozent notieren im moderaten Bereich zwischen 1 und 2, die restlichen 33 Prozent über 2,0. Die negativen Werte habe ich dabei der letztgenannten Gruppe zugeordnet, da ein negatives KBV aus Investorensicht noch "schlechter" ist als ein sehr hohes positives.

Bei den noch kleineren Aktien, ich habe mich dabei auf die nächstfolgenden 300 "unterhalb" des SDAX beschränkt, liegen die Relationen sogar bei 45 Prozent unter Buchwert, 22 Prozent im moderaten Bereich und 33 Prozent mit höheren KBVs. Das sind ungewöhnliche Verteilungen, weit entfernt von den üblichen Ausprägungen in den vergangenen Jahrzehnten. Beim DAX liegt die Quote mit einem Buchwert unter 1 aktuell übrigens "nur" bei 30 Prozent, im MDAX bei 32 Prozent.

Investorinnen und Investoren können derzeit folglich einen ungewöhnlich großen Anteil deutscher Small-Caps unter Buchwert kaufen. Warum ist ein Buchwert unter 1 aber überhaupt so interessant? Weil ein möglicher Aufkäufer in diesem Fall folgende Überlegung anstellen kann: Er kauft das Unternehmen, zahlt dafür aber weniger, als es eigentlich wert ist - analog dem Traum aller Value-Investoren, einen Dollar zu bekommen, dafür aber nur 60 Cent auszugeben. Nach dem Kauf schließt er die Firma, verkauft alle Vermögenswerte, z. B. Grundstücke, Immobilien, Fabriken, Patente, bedient alle Schuldner und streicht danach noch einen ordentlichen Gewinn ein. Selbstverständlich ist das etwas verkürzt. Vor allem muss der Aufkäufer sicherstellen, dass die Unternehmung ihre Vermögenswerte zutreffend bilanziert hat und kein fauler Apfel ist.

Auf den Gesamtmarkt übertragen: Unterschreiten viele Aktiengesellschaften ihre Buchwerte, sollten vermehrt Schnäppchenjäger oder "Heuschrecken" angezogen werden, die diese auffälligen Sondersituationen entweder durch starke Kaufaktivitäten oder durch Übernahmeangebote ausnutzen und die Anomalie dadurch zügig beseitigen. Tatsächlich hatten Phasen, in denen eine größere Gruppe von Aktien unter Buchwert notierte, in der Börsenhistorie nie lange Bestand. Es würde mich sehr wundern, wenn es diesmal anders wäre.

Von Christoph Frank, 17. Februar 2025, © pfp Advisory

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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