Die ersten Europäer haben nach dem Putsch im Niger das Krisenland verlassen können.
02.08.2023 - 16:16:45Frankreich evakuiert erste Europäer aus dem Niger. Deutschland wird dabei von Frankreich unterstützt. Die Militärchefs Westafrikas beraten, ob sie militärisch eingreifen.
Eine Woche nach dem Militärputsch im Niger haben mehrere europäische Länder mit der Evakuierung ihrer Staatsbürger begonnen. Auch die ersten Deutschen konnten an Bord französischer Maschinen das westafrikanische Land verlassen.
Die Bundeswehr plant von der kommenden Woche an eine Wiederaufnahme des Flugbetriebs zum Lufttransportstützpunkt in Niamey, der Hauptstadt des Nigers. Dort sind derzeit auch mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert.
Frankreich habe mit den ersten beiden Evakuierungsflügen 513 Personen in Sicherheit gebracht, teilte das französische Außenministerium mit. Unter ihnen waren über 350 Franzosen. Insgesamt hat Paris vier Flüge vorgesehen. Etwa 500 bis 600 Franzosen sind den Angaben zufolge im Land.
Mehr als 40 Deutsche evakuiert
Mit den Evakuierungsflügen Frankreichs sind bislang mehr als 40 Deutsche aus dem Land ausgereist. «Heute wird es noch weitere Flüge geben. Ich danke meiner französischen Amtskollegin Catherine Colonna dafür von ganzem Herzen», teilte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit.
Die unkomplizierte und pragmatische Zusammenarbeit in Krisenzeiten zeige, was Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik leisten könne, wenn zusammengearbeitet werde. «Mit ebendieser Geschlossenheit und Entschlossenheit unterstützen wir als Europäische Union auch die internationalen Bemühungen zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Niger», so Baerbock. Im Niger halten sich knapp 100 deutsche Zivilisten auf.
Demokratisch gewählter Präsident abgesetzt
Im Niger hatten Offiziere der Präsidialgarde vergangenen Mittwoch den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Der Niger war auch in Migrationsfragen ein wichtiger Partner für den Westen.
Nach dem Ende der Sperrung des Luftraums über dem westafrikanischen Land soll der erste Militärtransporter der Bundeswehr am Montag vom Militärflugplatz Wunstorf in Niedersachsen aus starten, wie der Deutschen Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erklärt wurde. Es soll der Transport von Soldaten und Material aufgenommen werden.
Der Lufttransportstützpunkt Niamey ist zentrales Drehkreuz für die Bundeswehr in Westafrika und wichtig für den laufenden Abzug aus dem benachbarten Mali. Die Militärregierung in Mali hatte einen Abzug der UN-Soldaten bis Ende des Jahres gefordert.
Wenn es einen Weg gebe, die Sicherheit der Soldaten zu garantieren, «dann werden wir auch versuchen, an einem Stützpunkt festzuhalten», sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Zugleich werde nach Alternativen gesucht, wie der Rückzug aus Mali über andere Flugstrecken organisiert werden könnte.
Nigers Militärmachthaber öffneten die Landes- und Luftgrenzen zu den fünf Nachbarstaaten Mali, Burkina Faso, Algerien, Libyen und Tschad.
Konflikt könnte weiter eskalieren
Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft hatte den Putschisten am Sonntag ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht binnen einer Woche wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.
Heute trafen sich die Militärchefs der Ecowas-Mitgliedsländer in Nigerias Hauptstadt Abuja. Dabei soll drei Tage lang über das weitere Vorgehen beraten werden. Die nach früheren Militärputschen bereits suspendierten Ecowas-Mitglieder Burkina Faso und Mali haben sich an die Seite der Putschisten im Niger gestellt. Sie warnten Ecowas vor einem Eingreifen. Mali und Burkina Faso drohten, jede militärische Intervention gegen den Niger komme einer Kriegserklärung auch gegen ihre Länder gleich.
Tiani entsandte eine Delegation nach Mali und Burkina Faso, wie ein Sprecher des neuen Militärführers ohne Nennung weiterer Einzelheiten sagte.