Apple, App Store

«Heute wird Apple das Telefon neu erfinden.» Die Ansage von Steve Jobs bei der Vorstellung des ersten iPhones hat sich bewahrheitet, auch weil es plötzlich für alles eine App gab.

09.07.2023 - 07:52:30

App Store: Apple muss sich künftig auf Konkurrenz einstellen. Doch es gibt auch Kritik am Erfolgsmodell.

Das iPhone von Apple gilt als das erfolgreichste Elektronik-Produkt in der Geschichte weltweit. Seit seiner Markteinführung im Jahr 2007 hat Apple weltweit weit über eine Milliarde Smartphones verkauft. Zwar werden inzwischen weltweit mehr Smartphones mit dem Android-Betriebssystem von unzählig vielen Herstellern als iPhones verkauft. Aber beim Umsatz und erst recht beim Gewinn liegt Apple wegen des höheren durchschnittlichen Verkaufspreises beim iPhone regelmäßig vorne.

Die Erfolgsgeschichte des iPhones ist untrennbar mit dem App Store von Apple verbunden. Derzeit stehen knapp 1,8 Millionen Apps auf der Plattform zur Auswahl. Insgesamt wurden dort in den vergangenen 15 Jahren über 370 Milliarden Apps heruntergeladen. Doch nun wird das Erfolgsmodell zumindest in Europa bedroht, denn die aktuelle EU-Gesetzgebung wird das Monopol des App Stores auf dem iPhone beenden.

Zur Premiere des ersten iPhones 2007 verfügte Apple-Mitbegründer Steve Jobs noch nicht über eine schlüssige Software-Strategie. Damals gab es auch noch keinen App Store. Das Konzept von Jobs sah lediglich vor, dass App-Entwickler ihre Anwendungen als Web-Programme anbieten sollten, die auf dem Safari-Browser laufen. Doch auf dieser technisch wackeligen Basis konnte kein gesundes App-Ökosystem entstehen.

Goldgrube App Store

Jobs erkannte jedoch schnell, dass hier Änderungsbedarf bestand: Im Oktober 2007 kündigte der damalige Apple-Chef an, die Programmierung richtiger Apps für das iPhone zu ermöglichen. Und am 10. Juli 2008 - vor 15 Jahren - war es dann so weit: Apple eröffnete mit mehr als 500 Softwareanwendungen den App Store, darunter Spiele, Bildungsprogramme, Shopping-Apps und Produktivitätstools für Unternehmen. Rund ein Viertel der Apps war kostenlos, die Bezahl-Apps kosteten oft weniger als ein Dollar. Der neue Store stellte dann sogar die Vorstellung des neuen iPhone 3G einen Tag später in den Schatten, das im Gegensatz zum ersten iPhone den leistungsfähigeren Mobilfunkstandard UMTS (3G) unterstützen konnte.

Schon damals war sich Jobs sicher, dass der App Store zu einem Milliardengeschäft werden könnte. In einem Interview mit dem «Wall Street Journal» sagte Jobs im August 2008, er könne einen Jahresumsatz von einer halbe Milliarde vorstellen. «Und irgendwann wird es vielleicht eine Milliarde.» Tatsächlich wurden es sehr viele Milliarden. Allein im Geschäftsjahr 2022 dürfte sich der Beitrag des App Stores zur Apple-Bilanz in der Größenordnung von rund 70 Milliarden Dollar bewegt haben.

Zum Start 2008 waren diese Summen aber noch nicht in Sicht. Allerdings wurde auch die Konkurrenz auf das Konzept aufmerksam: Im Oktober 2008 zog Google mit seiner Plattform nach und führte den Android Market ein, der heute als Google Play Store bekannt ist. Apple wiederum ermöglichte dann ein Jahr später den Entwicklern, die Apps zunächst kostenlos im Store anzubieten, dann aber innerhalb der Apps für Zusatzfunktionen oder das Ausblenden von Werbung Geld zu verlangen. Diese In-App-Käufe trieben vor allem das Geschäft mit Computerspielen schnell voran.

Streit um Umsatzbeteiligung

Anfangs mussten die App-Entwickler generell 30 Prozent ihres Umsatzes im App-Store an Apple abgeben. Nach heftigen Protesten von wichtigen Playern wie dem Spieleanbieter Epic Games («Fortnite») sowie Musikdiensten wie Spotify senkte Apple die Umsatzbeteiligung für Abos und kleinere Anbieter auf bis zu 15 Prozent. Im Streit über die angebliche «Apple-Steuer» sind noch Gerichtsverfahren anhängig.

Ungeachtet dieser Kontroverse stiegen die Umsätze innerhalb des App-Universums weiter in die Höhe. Nach einer im Mai 2023 veröffentlichten Studie des Marktforschungsunternehmens Analysis Group wurden 2022 knapp 98 Milliarden Euro direkt mit digitalen Waren und Services im Apple App Store erwirtschaftet. Dazu kommen 102 Milliarden Euro, die aus der Werbung innerhalb der Apps stammen.

Zuwächse beim Onlinehandel in China

Schaut man auf sämtliche Geschäfte, die auch indirekt über Apps aus dem Store laufen, wurde sogar erstmals die Schwelle von umgerechnet einer Billion Euro Umsatz überschritten. Für den Boom sind vor allem die Zuwächse beim Onlinehandel in China verantwortlich. Dort verzeichnete die Analysis Group allein einen Verkauf von Waren und Dienstleistungen über Apps aus dem Store von umgerechnet 490 Milliarden Euro. Europa kommt über alle Bereiche hinweg auf knapp 112 Milliarden Euro.

Die damit verbundene riesige Marktmacht von Apple wird zum einen von Konkurrenten wie Microsoft kritisiert. Sie beklagen sich darüber, dass Apple bislang keine Alternative zum eigenen App Store zulässt. Aber auch in der Politik sieht man dieses Quasi-Monopol kritisch. In der Europäischen Union wurde Anfang Juli das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) verabschiedet, der wettbewerbsschädliches Verhalten großer Internetfirmen unterbinden soll. Der DMA wird in diesem Jahr und 2024 seine volle Geltung entfalten. Danach können «Gatekeeper» wie Apple dazu gezwungen werden, auch App-Stores von anderen Unternehmen zuzulassen.

Mit iOS 17 soll sich einiges ändern

Damit dürfte auch der Widerstand von Apple gegen alternative App-Installationsmöglichkeiten und Abrechnungsoption gebrochen werden. Nach US-Medienberichten bereitet sich der Konzern darauf vor, für iPhone und iPad in der EU auch alternative App Stores sowie den Direktbezug von Apps ganz ohne Store zuzulassen. Mit iOS 17, das im kommenden Herbst erwartet wird, soll es demnach losgehen.

Für Apple-Kunden wird es zumindest in Europa dann mehr Wahlfreiheit geben. Es wird erwartet, dass mehrere Player wie Microsoft und Epic ohne Zeitverzug ihre App-Stores im Apple-Umfeld eröffnen werden. Und auch die direkte Installation von Programmen wird möglich sein - verbunden mit dem Risiko, sich auch die ein oder andere Schadsoftware einzufangen.

@ dpa.de