Anforderungen an einen ergonomischen Bürostuhl
21.05.2015 - 18:02:27In den letzten 40 Jahren hat der Bürostuhl eine unglaubliche Entwicklung genommen. Gegenüber seinen "Vorfahren" ist er kaum wieder zu erkennen. Aus der ehemals starren, ungemütlichen und hölzernen Sitzgelegenheit ist ein futuristisches Wunderwerk geworden, das in Form, Material und Funktion hoch variabel ausgelegt ist. Aber erfüllt jeder moderne Bürostuhl deswegen auch gleich die ergonomischen Anforderungen, die heute gestellt werden?
Innovationen für die Gesundheit
Die Erkenntnis, dass Sitzen keine natürliche Haltung für den Menschen ist, und zu Schäden im Skelett- und Muskelbereich führen kann, ist noch gar nicht so alt. Der Begriff "Ergonomie" wurde erst vor etwa 150 Jahren geprägt - auch wenn er aus den altgriechischen Worten für "Arbeit" (ergon) und "Gesetz" (nomos) abgeleitet ist. Ausgangspunkt dafür war die fortschreitende Industrialisierung, mit der die Schnittstelle Mensch - Maschine zentrale Bedeutung gewann. Seit dem immer mehr Menschen im Büro arbeiten, richtet sich der Fokus der Forschung auf gesunde Bedingungen für die Tätigkeit am Schreibtisch bzw. am PC-Arbeitsplatz. Das funktionale Bauhaus Design der 1920er und 1930er Jahre setzte erstmals schwingende Materialien und drehende Elemente für Arbeitsstühle ein - mit dem Ziel, die starre Sitzhaltung aufzulösen und sich beim Sitzen bewegen zu können. In den 1960er Jahren kam die Beweglichkeit des gesamten Stuhls auf Rollen hinzu. Ursprünglich für den größeren Aktionsradius eines Büroarbeiters konzipiert, sind die Laufrollen heute bereits tragende Elemente der Abfederung, Sicherheitseinrichtung und Beinfreiheit. In den 1970er Jahren wurde es möglich, den Stuhl per Höhenverstellbarkeit von Sitz, Lehnfläche und Armlehnen an die individuellen Körpermaße anzupassen. Aus der schwingenden Rückenlehne wurde bald ein Stabilisator, der sich den Bewegungen des Benutzers anpasst und an den kritischen Punkten der Sitzhaltung Unterstützung liefert. Seit der Jahrtausendwende wird immer mehr Wert auf die Beweglichkeit der Sitzfläche in jegliche Richtung gelegt. Ein moderner Bürostuhl, der alle Innovationen vereint, ist mit genau so viel Hydraulik und Stellhebeln ausgestattet wie ein Motorrad.
Gütezeichen für den Bürostuhl - der ergonomische Standard
Es liegt in der Natur der Sache, dass solch eine schnelllebige Entwicklung immer neue Verbesserungen in die Ausstattung von Bürostühlen bringt. Trotzdem wird heute von einem Ergonomie-Standard ausgegangen, der für jeden Büroarbeitsplatz erreichbar ist. Ein einfacher Drehstuhl mit höhenverstellbaren Sitz- und Lehnflächen jedoch ist schon längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Denn damit kommen die ergonomischen Vorteile, mit denen Muskulatur- oder Wirbelsäulenprobleme ausgeschaltet werden können, nicht zum Tragen. Arbeitgeber, die solche (mittlerweile auch schon sehr billigen) Bürostühle für ihre Mitarbeiter ordern, unterliegen einem gewaltigen Trugschluss. Die moderne Optik sagt noch nichts darüber aus, wie wertvoll der Bürostuhl in Sachen Gesundheit ist. Wirkungsvolle Ergonomie für Bürostühle beginnt erst dort, wo die größtmögliche Variabilität gesichert ist.
Ergonomische Kriterien
Die beiden wichtigsten Punkte bei der Beurteilung der ergonomischen Qualität eines Bürostuhls scheinen auf den ersten Blick gar nichts mit dem Sitzen zu tun zu haben: Bewegung und Intelligenz.
Aber der Sinn entschlüsselt sich sehr schnell.
Jede Einrichtung an einem Bürostuhl, die der Bewegung im Sitzen dient, ist wertvoll. Sie wird umso wertvoller, wie sie von selbst auf die Bewegungen des Benutzers eingeht.
Passt sich der Bürostuhl jeder Körperposition und Anatomie automatisch an, kann auch von einem wirkungsvollen ergonomischen Standard gesprochen werden.
Ergonomische Bürostühle sind dynamische Systeme, die sich komplett auf den Benutzer einstellen und seinen Bewegungen im Sitzen keine Hindernisse entgegenstellen, sondern diese sogar fördern.
Die "Programmierung" auf Körpermaße, Gewicht oder individuelles Wohlbefinden muss jeder Nutzer noch selbst vornehmen - danach regelt sich die ergonomisch optimale Position von selbst.
Auf diese Art bleiben nicht nur die Bandscheiben geschmeidig, sondern erhöht sich auch die Leistungsfähigkeit.
Welche Elemente gehören zum ergonomischen Standard?
- Alle Einstellungsmöglichkeiten, mit denen eine individuelle Anpassung an den Körper des Benutzers erfolgen können wie Sitzhöhe, Rücken- und Armlehnen
- auf die Bedürfnisse der Arbeit zugeschnittene Sitzneigung und -tiefe
- Bewegungsfreiheit und "Betätigungsmöglichkeiten" für den Fuß (z.B. Fußsteuerung)
- Wölbungen und Stützen für die sensiblen Bereiche der Wirbelsäule (Lenden und Nacken)
- Oberflächenstruktur zur Anregung der Blutzirkulation
- austarierte Druckkräfte
Nur wenn alle diese wichtigen Elemente in einem Bürostuhl zusammenkommen, verdient dieser auch die Bezeichnung "ergonomisch". Alles andere ist nur Stückwerk mit begrenzter Wirkung.
Wie wichtig ist Ergonomie für den Bürostuhl?
Rückenschmerzen sind mittlerweile eine Volkskrankheit, die jährlich Gesundheitsausgaben in Höhe mehrerer Milliarden nötig macht. Die Erkrankungen des Skelett- und Muskelsystems übernahmen im Jahr 2012 die "Führung" im Ranking der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit. Die Techniker Krankenkasse gibt an, dass 40 % ihrer Mitglieder öfter oder ständig unter Rückenproblemen leiden. Als Hauptursache wird die einseitige Belastung durch lange Sitz- oder Stehzeiten während der Arbeit angegeben.
Dem BKK Gesundheitsreport zufolge entfielen 26,5 Prozent aller Krankschreibungstage auf eine Diagnose im Zusammenhang mit dem des Muskel-Skelett-Systems. Dabei dominieren die Erkrankungen des Rückens und der Wirbelsäule deutlich.
Das Problem betrifft Männer wie Frauen gleichermaßen. Bei allen Krankenkassen führt die Einzeldiagnose "Rückenschmerzen" (M54) die AU-Statistik an. Die BKK verzeichnete dabei bei Frauen 6,6 % aller Krankentage, bei Männern sogar 9,3 %.
Höchste Zeit für ergonomische Bürostühle! Und zwar moderne Bürostühle, die auch dem ergonomischen Standard entsprechen!
Quellen: