Versicherungsbranche, Umbruch

Versicherungsbranche im Umbruch: Big Data, Überwachung und andere Servicestrukturen

20.11.2014 - 10:07:35

 

Das Internet und Big Data verändern unser Leben und die Welt elementar: Während das Internet "erwachsen" geworden und in die Alltagswelt integriert ist, steckt Big Data noch in den Kinderschuhen. Nichtsdestotrotz hat ausgerechnet die Branche, die auf Daten und Vorhersagen basiert und das Web als perfektes Vermarktungsinstrument nutzen kann, diese beiden Meilensteine verschlafen. Sieht man sich aber die Möglichkeiten von Big Data an, ist es schlichtweg unverständlich, wieso die Versicherungsgesellschaften dieser Welt es nicht geschafft haben, von Anfang an die aus diesem resultierenden Wettbewerbsvorteile zu nutzen.

Big Data – wie Statistik durch Technik dynamisch wird

Um den Kunden, in diesem Fall den Versicherungsnehmer, besser zu verstehen und ihm genau das Produkt zu bieten, das er sich wünscht, muss man seine Gewohnheiten kennen. Je mehr Daten, desto besser. Doch diese müssen so verarbeitet und mit anderen logisch in Verbindung gebracht werden, dass sich daraus Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Die zwei entscheidenden Faktoren hierfür sind allerdings erst seit kurzem gegeben:

  • Die Geschwindigkeit, in der riesige Mengen an Daten gesammelt werden
  • und die sprunghaft gestiegene Rechenleistung, durch die feinere Analysen mit verschiedenen Attributen durchgeführt werden können.

Das Ergebnis sind noch detailliertere Antworten. Was Big Data nicht nur für Versicherungen so interessant macht: Zum einen die Chance, aus einer Masse von Daten dezidierte Rückschlüsse auf einen einzelnen Vorgang zu ziehen. Zum anderen die technischen Möglichkeiten, mit denen Daten erzeugt werden und deren anschließende Verarbeitung. In Zukunft sollen die Systeme ohne genaue Zielsetzung aus beliebigen Daten selbstständig Rückschlüsse ziehen und Analysen liefern können – entnommen aus einer riesigen, stetig und dynamisch wachsenden Datenbank und bestehenden Verbindungen. Big Data ist also die Verschmelzung riesiger Datenbanken, mit laufend neuen Daten und fertigen Analysen.

Die Allianz Gruppe modernisiert sich

Die großen Gesellschaften sind aufgewacht – Policen werden vermehrt im Internet abgeschlossen

Neben den Direktversicherungen wie Cosmosdirekt, die Ihre Policen ausschließlich im Internet anbieten, sind nun auch die klassischen Versicherer aufgewacht und verlagern zumindest einen Teil ihres Portfolios ins Web, darunter die größte Versicherungsgesellschaft Deutschlands, die Allianz Gruppe. Daraus entsteht der positive Effekt, dass andere es dem Marktführer gleichtun und sich die Branche insgesamt modernisiert. Die Policen der klassischen Anbieter werden fürs erste zwar nicht günstiger, es ist aber einfacher sie abzuschließen. Der Versicherungsmakler, der ohnehin wenig Vertrauen genießt, entfällt dadurch. Die Vertreter waren es auch, die den Ausbau des Internetangebotes der Allianz unter eigenem Firmennamen gebremst haben. Der Kunde informiert sich also in Zukunft selbst, wünscht sich aber trotzdem einen Ansprechpartner im Schadensfall. Insgesamt blicken die Versicherer eher verhalten auf das Jahr 2015. Das insgesamt geringe Vertrauen der Kunden und die aktuellen Veränderungen durch Big Data spielen ebenso eine Rolle wie ein nötiger Wandel der Führungskultur und die bis jetzt ausbaubaren Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter. Doch der Branche stehen aufregende Zeiten bevor, die Skepsis ist möglicherweise Schwarzmalerei.

Betrüger haben es schwerer, Prämien könnten fairer werden

Kürzlich deckte ein Artikel von PEX-Networks auf, dass unberechtigt und in betrügerischer Absicht gestellte Versicherungsansprüche die britischen Versicherer 2,1 Milliarden Pfund gekostet haben. Durch den richtigen Einsatz von Big Data, zum Beispiel zur Feststellung von Betrugsmustern in verschiedenen Regionen, könnte ein solcher Missbrauch massiv eingeschränkt werden. Sogar von Nutzern selber ins Netz gestellte öffentliche Informationen könnten mit einbezogen werden. Ein Vorteil für den Versicherten, der allerdings richtig vermittelt werden muss, sind günstigere und gerechtere Policen. Die meisten Versicherten zahlen zu viel, weil sie einer bestimmten und schlecht eingestuften Gruppe gehören. Speziell bei Autoversicherungen zahlen zum Beispiel junge Fahrer sehr viel, unabhängig davon, wie verantwortungsvoll und sicher sie fahren. Hier könnte ein Gerät im Fahrzeug Daten über das Fahrverhalten an die Versicherung weitergeben und anhand dessen die Höhe der Prämie bestimmen. Auf den ersten Blick haben also beide Parteien etwas davon. Der Kunde zahlt den Rabatt allerdings mit dem Verlust von Privatsphäre und liefert den Versicherungen gleichzeitig wertvolle Daten. Es liegt an den Versicherungsgesellschaften, dies entsprechend positiv zu vermarkten und zu nutzen.

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