Ungeachtet kritischer Stimmen auch in der Ampel-Koalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bekräftigt.
04.03.2024 - 16:34:53Scholz bleibt bei Taurus-Nein - Empörung über Vorwürfe aus Moskau
"Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das", sagte er am Montag in einer Fragerunde an einem beruflichen Schulzentrum im baden-württembergischen Sindelfingen. Zu dem von Moskau abgehörten Gespräch von hochrangigen Bundeswehr-Offizieren über Taurus äußerte Scholz sich nicht, wurde in der Runde aber auch nicht danach gefragt.
Die Abhöraffäre führte in allen politischen Lagern zur Forderung nach einer schnellen und umfassenden Aufklärung. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte am Montag in Montenegros Hauptstadt Podgorica zugleich: "So wichtig es für uns als Bundesregierung ist, diesen Vorfall jetzt aufzuklären, so klar sind aber die Fakten. Und es kann hier zu keiner Täter-Opfer-Umkehr kommen." Hätte Russland die Ukraine nicht brutalst angegriffen, müsste sich diese nicht verteidigen und Deutschland müsste auch keine Waffen liefern.
Am Freitag hatte Russland eine mitgeschnittene Schaltkonferenz von vier hohen Offizieren, darunter Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz, veröffentlicht. Darin erörterten diese Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper, falls dieser doch noch an die Ukraine geliefert würde. Diskutiert wurde auch über die mögliche Zerstörung der von Russland gebauten Brücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Die Offiziere kamen zu dem Ergebnis, dass eine baldige Lieferung und ein schneller Einsatz nur mit Beteiligung deutscher Soldaten möglich wäre - und dass eine Taurus-Ausbildung ukrainischer Soldaten für einen Einsatz in alleiniger Regie Monate dauern würde.
Allerdings ist in dem Mitschnitt auch zu hören, dass es auf politischer Ebene kein grünes Licht für die Lieferung der von Kiew geforderten Marschflugkörper gibt. Kanzler Scholz hatte sein Nein damit begründet, dass Deutschland dann in den Krieg hineingezogen werden könnte. Taurus hat eine Reichweite von 500 Kilometern und kann damit von der Ukraine aus auch Ziele in Moskau treffen. Anders als der Kanzler befürworten FDP und Grüne eine Lieferung dieses Waffensystems, die Union auch.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte am Sonntag erklärt, er erwarte in den ersten Tagen dieser Woche Ergebnisse der internen Prüfung des Vorgangs. Der Kreml kritisierte das Gespräch der Offiziere scharf und verlangte weitere Informationen. "Wir hoffen, dass wir irgendwie erfahren, meinetwegen sogar durch die Medien, zu welchem Schluss die Untersuchung gekommen ist", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er nannte den Gesprächsinhalt einen Beleg für die direkte Beteiligung westlicher Staaten an dem Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Der Mitschnitt zeige, dass die Bundeswehr konkrete Schläge gegen russisches Gebiet plane.
Ähnliche Vorwürfe aus Moskau hatte es auch schon am Wochenende gegeben. Dies sei eine "absurde, infame, russische Propaganda", sagte dazu der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Wolfgang Büchner, am Montag in Berlin. Moskau wolle die Gesellschaft in Deutschland und Europa spalten. "Niemand sollte das Spiel Putins spielen."
Für Verwirrung sorgte am Montag ein Gespräch des deutschen Botschafters Alexander Lambsdorff im russischen Außenministerium in Moskau. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete, es handele sich um eine Einbestellung wegen des veröffentlichten Konferenz-Mitschnitts. So äußerte sich auch Kremlsprecher Peskow.
Lambsdorff betonte dagegen, es habe sich nicht um eine Einbestellung gehandelt. "Es gab eine Einladung zum Gespräch über verschiedene bilaterale Themen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Moskau. Der Termin sei bereits vor der Veröffentlichung des abgehörten Gesprächs geplant gewesen.