Trotz schlechter Umfrageergebnisse und der jüngsten Wahldebakel hält Bundeskanzler Olaf Scholz an seiner Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2025 fest.
08.09.2024 - 15:05:58Scholz erwartet trotz schwacher Umfragewerte zweite Amtszeit
Er rechne "fest damit, dass die SPD und ich 2025 ein so starkes Mandat bekommen, dass wir auch die nächste Regierung anführen werden", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel".
"Regieren wird nicht einfacher, also sollten wir es machen", sagte der Kanzler. Sein Ziel sei "eine SPD-geführte Bundesregierung". Auf die Frage, ob ihn der Gedanke an vier weitere Jahre Ampel-Regierung nicht mürbe mache, entgegnete Scholz: "Ich bin Läufer und habe eine gute Kondition. Die braucht man auch."
SPD in Umfrage bei 15 Prozent - Unzufriedenheit mit Ampel
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat einer neuen Umfrage zufolge zuletzt weiter an Zustimmung verloren. Die drei Parteien kommen demnach zusammen auf 29 Prozent. Das sind zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche, wie das Umfrageinstitut Insa für die "Bild am Sonntag" ermittelte. Die Kanzler-Partei SPD liegt in der Umfrage bei 15 Prozent (minus 1), die Grünen bei 10 Prozent (minus 1). Die Liberalen erreichen wie in der Vorwoche nur 4 Prozent und könnten damit aus dem Bundestag fliegen.
Auch um die Zufriedenheit mit der Regierungsarbeit der Ampel sieht es nicht gut aus: 74 Prozent sind mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden - das sind 4 Prozentpunkte mehr im Vergleich zur Erhebung von vor zwei Wochen. Mit der Arbeit von Scholz sind 70 Prozent unzufrieden (plus 6).
Zudem hält eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland den Regierungschef für führungsschwach. 77 Prozent der Befragten meinen, der Kanzler setze sich nicht durch. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-"Politbarometer". Nur 17 Prozent gaben in der Umfrage an, Scholz setze sich durch. 6 Prozent wollten keine Einschätzung abgeben.
Scholz: Auch Boris Pistorius will, dass ich wieder antrete
Mit Blick auf schlechte Umfragewerte sagte Scholz, er habe sich schon vor langer Zeit vorgenommen, Umfrage nie zu kommentieren. Er nehme Umfrage zur Kenntnis. "Politik an Umfragen zu orientieren, ist aber nie ein guter Einfall. Im Übrigen habe ich in meinem politischen Leben schon einige Wahlen gewonnen, obwohl Umfragen das nicht nahelegten."
Auf die Frage, ob er Verteidigungsminister Boris Pistorius die Kanzlerkandidatur überlassen würde, wenn er zu dem Schluss käme, dass die SPD mit ihm bessere Chancen hätte, antworte der Kanzler der Zeitung: "Auch Boris Pistorius will, wie viele andere, dass ich wieder als Kanzler antrete. Ich sehe das genau so."
Der Verteidigungsminister liegt in Beliebtheits-Rankings regelmäßig deutlich vor Scholz. Im Juni hatte er sich hinter den Kanzler gestellt. "Er ist ein kluger Politiker und er weiß, wie man das macht. Von daher habe ich keinen Zweifel daran, dass er auch unser nächster Kanzlerkandidat sein wird", sagte er damals und verwies auf Scholz' Besonnenheit als Kanzler.
Landtagswahl in Brandenburg der nächste Stimmungstest
Die Sozialdemokraten erzielten bei den Landtagswahlwahlen am vergangenen Sonntag in Thüringen und Sachsen mit 6,1 und 7,3 Prozent ihre bisher schlechtesten Wahlergebnisse. Zuvor hatte die SPD auch Anfang Juni eine historische Niederlage einstecken müssen: Bei der Europawahl erreichte sie mit 13,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl.
Nun richten sich die Augen nach Brandenburg, wo am 22. September ein neuer Landtag gewählt wird. Die Wahl dort ist für die SPD wichtig, weil sie in Potsdam seit 1990 alle Ministerpräsidenten gestellt hat. Sollte der jetzige Regierungschef Dietmar Woidke nach elf Jahren an der Macht scheitern, würde der Druck auf Scholz steigen. In Umfragen liegt die SPD in Brandenburg auf Platz 2 hinter der AfD.
Kanzler kritisiert öffentliches Auftreten seiner Regierung
Neben der Personalie Scholz wird auch immer wieder der Fortbestand der Ampel-Koalition infrage gestellt. Der Kanzler kritisierte das öffentliche Auftreten der Regierung. "Die Regierung muss sich vorhalten lassen, dass viele Entscheidungen von heftigem öffentlichem Streit begleitet wurden", sagte er dem "Tagesspiegel". "Vor lauter Pulverdampf konnte man manchmal nicht mehr sehen, was da eigentlich alles beschlossen wurde." Dabei seien "viele dieser Beschlüsse richtungsweisend". Er rechne fest damit, dass die Ampel die gesamte Legislaturperiode zusammenbleibe.