Partner in der Region haben Israel einem Medienbericht zufolge zur Mäßigung bei der Reaktion auf einen erwarteten Angriff des Irans und seiner Verbündeten aufgerufen.
06.08.2024 - 16:07:30Druck auf Israel zur Mäßigung bei Reaktion auf Angriff Irans
Israel solle "den Bogen nicht überspannen", damit die Situation nicht in einen regionalen Krieg abgleite, lautete die Botschaft der Partner unter US-Führung nach Angaben des israelischen Kan-Senders.
Aktuell ist das israelische Militär in höchster Alarmbereitschaft. Das Land erwartet einen Vergeltungsschlag des Irans und seiner Verbündeten in der Region. Teheran hatte eine "harte Bestrafung" Israels angekündigt, nachdem vergangene Woche der politische Führer der palästinensischen Terrororganisation Hamas, Ismail Hanija, in der iranischen Hauptstadt Teheran gezielt getötet worden war. Iran und die Hamas machen Israel für den Anschlag verantwortlich. Nur wenige Stunden davor tötete Israel den ranghohen Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr in der libanesischen Hauptstadt Beirut mit einem Luftangriff. Die schiitische Hisbollah-Miliz ist einer der loyalsten Verbündeten des Irans.
Israel kann fest mit der Unterstützung der USA und anderer Verbündeter rechnen, wenn es darum geht, Raketen, Marschflugkörper und Drohnen des Irans sowie seiner Stellvertretergruppen mit modernen Abwehrsystemen abzufangen.
Im April blieb größere Eskalation aus
So war es bereits Mitte April beim ersten direkten Angriff von iranischem Boden auf Israel geschehen. Die meisten der mehr als 300 Geschosse konnte Israel damals aus eigener Kraft und mit Hilfe der USA und anderer Verbündeter abfangen. Ein neuer Angriff des Irans steht nach Medienberichten unmittelbar bevor.
Nach Angaben des Senders Kan lautete die Botschaft an Israel weiter: "Denkt gut nach, bevor ihr zurückschlagt." Und: "Das Ziel ist letztlich nicht, einen umfassenden Krieg auszulösen."
Im April war Israels Reaktion sehr begrenzt gewesen. Eine größere Eskalation blieb deshalb aus. Bei der Abwehr des Angriffs der iranischen Achse hatten damals nach Angaben von Kan die USA, Großbritannien, Frankreich, Katar, Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain geholfen.
Bericht: Iran bewegt Raketenwerfer, hält militärische Übungen ab
Das "Wall Street Journal" zitierte Beamte der US-Regierung, sie hätten seit dem Wochenende beobachtet, dass der Iran Raketenwerfer bewege und militärische Übungen abhalte. Dies könne darauf hindeuten, dass sich Teheran auf einen Angriff in den kommenden Tagen vorbereitet.
Russland hat einem Medienbericht zufolge indes mit der Lieferung von modernen Radaranlagen und Ausrüstung zur Luftraumverteidigung an den Iran begonnen. Teheran habe zuvor in Vorbereitung eines möglichen Krieges mit Israel moderne Luftabwehrsysteme von Russland angefordert, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf zwei iranische Beamte. Die Lieferung sei angelaufen, hieß es nach Gesprächen des Sekretärs des russischen Nationalen Sicherheitsrates, Sergej Schoigu, mit ranghohen Vertretern des Irans.
Teheran will derweil mit anderen islamischen Ländern über die Tötung des Hamas-Auslandschefs Hanija beraten. Dafür ist am Mittwoch auf Ebene der Außenminister eine Dringlichkeitssitzung der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Saudi-Arabien geplant, wo die OIC ihren Sitz hat. Bei dem Treffen in Dschidda solle es um die "Verbrechen der israelischen Besatzung" gehen, darunter die "Ermordung" Hanijas, teilte die OIC mit, der 57 islamische Länder angehören.
Fünf Tote bei israelischem Angriff im Libanon - mögliche Evakuierungen
Im israelisch-libanesischen Grenzgebiet kam es indes erneut zu Toten. Bei einem israelischen Angriff im Süd-Libanon wurden fünf Menschen getötet. Unter Häusertrümmern nahe der Stadt Nabatija werde nach weiteren Opfern gesucht, teilte das Gesundheitsministerium mit. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, vier Hisbollah-Mitglieder seien getötet worden. Israels Militär erklärte, es habe eine militärische Einrichtung der Hisbollah angegriffen. Nabatija liegt zehn Kilometer von der israelischen Grenze entfernt.
In der nordisraelischen der Küstenstadt Naharija wurden Medienberichten zufolge fast zeitgleich ein Mann lebensgefährlich und eine Frau leicht verletzt. Israels Armee teilte zunächst mit, mehrere "feindliche Drohnen" seien aus dem Libanon gekommen. Eine davon sei durch Israels Raketenabwehr abgefangen worden. Später hieß es, die Zivilisten seien nach einer ersten Untersuchung offenbar von einer israelischen Abwehrrakete verletzt worden, nicht von einer Hisbollah-Drohne. Die Hisbollah im Libanon und Israel liefern sich seit Monaten einen niederschwelligen Krieg nahe der gemeinsamen Grenze.
Angesichts der sich zuspitzenden Lage ist die Bundeswehr bereit für einen großen Einsatz zur Evakuierung deutscher Staatsbürger. Dazu werden auf dem Fliegerhorst im niedersächsischen Wunstorf Transportflugzeuge vom Typ A400M und Soldaten bereitgehalten, die kurzfristig starten können, wie der Deutschen Presse-Agentur am Montag erklärt wurde. Auch die Marine trifft demnach Vorbereitungen. Bei dem Einsatz könnte es vor allem um die Evakuierung von Deutschen gehen, die trotz mehrfacher Aufrufe zur Ausreise im Libanon geblieben sind. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte auf X alle Deutschen in der Region auf, "unsere Reisewarnungen ernst zu nehmen".
Elf Palästinenser bei Einsätzen im Westjordanland getötet
Bei israelischen Militäreinsätzen im Westjordanland sind unterdessen nach palästinensischen Angaben mindestens elf Palästinenser getötet worden. In der Nacht seien vier Menschen in Akaba im Nordwesten des Westjordanlands ums Leben gekommen, hieß es vom Gesundheitsministerium. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall.
Später berichtete die israelische Luftwaffe, in der Stadt Dschenin seien in zwei Fällen "bewaffnete Terrorzellen" aus der Luft angegriffen worden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah wurden bei den Angriffen mindestens vier Menschen getötet. Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 noch einmal deutlich verschärft.