ROUNDUP, Flaute

NÜRNBERG - Der deutsche Arbeitsmarkt braucht aus Sicht von Fachleuten die richtigen Impulse, um trotz Wirtschaftsflaute wieder Fahrt aufnehmen zu können.

28.02.2025 - 13:00:46

Flaute am Arbeitsmarkt in Deutschland - selbst Experten betroffen

(neu: mehr Details und Hintergrund)

NÜRNBERG (dpa-AFX) - Der deutsche Arbeitsmarkt braucht aus Sicht von Fachleuten die richtigen Impulse, um trotz Wirtschaftsflaute wieder Fahrt aufnehmen zu können. Die Unternehmen warteten jetzt auf eine neue Bundesregierung und deren grundsätzliche Ausrichtung, sagte der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Daniel Terzenbach. Der Arbeitsmarkt verharre zurzeit in einer Seitwärtsbewegung.

Im Februar sank die Zahl der Arbeitslosen demnach im Vergleich zum Vormonat zwar leicht um 3.000 auf 2,989 Millionen Menschen. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosigkeit aber um 5.000 zu. Die Arbeitslosenquote blieb bei 6,4 Prozent. "Aufgrund der langanhaltenden konjunkturellen Schwäche zeigt sich bei der Arbeitslosigkeit seit Mitte 2022 auch ein kontinuierlicher Anstieg", sagte Terzenbach. Knapp eine Million Menschen seien langzeitarbeitslos, also seit mindestens einem Jahr ohne Job.

Forderungen an neue Bundesregierung

Wegen der schlechten konjunkturellen Aussichten stellen viele Unternehmen nur zögerlich neue Mitarbeitende ein. So waren im Februar laut der BA 639.000 offene Stellen gemeldet - 67.000 weniger als vor einem Jahr. "Unter diesen Voraussetzungen bleibt es für arbeitslose Menschen sehr schwierig, wieder eine neue Arbeitsstelle zurzeit zu finden", sagte Terzenbach. So gering seien die Chancen nicht einmal während der Corona-Pandemie gewesen.

Der aktuellen Konjunkturumfrage der Deutsche Industrie- und Handelskammer zufolge sehen 56 Prozent der Betriebe die Arbeitskosten als "ein erhebliches Geschäftsrisiko". "Das ist ein neuer Höchstwert, der die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stark belastet und Einstellungen sowie Investitionen erschwert", teilte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks mit. Die neue Bundesregierung müsse da schnell gegensteuern.

"Für einen stabilen, krisenfesten und funktionalen Arbeitsmarkt muss die neue Regierung umgehend handeln: weniger Bürokratie, ein Stoppschild bei den Sozialabgaben und eine Arbeitsmarktpolitik, die Beschäftigung fördert, Arbeitgeber entlastet und Leistungsbereitschaft belohnt", ergänzte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger.

Wer vor allem den Job verliert

Von Arbeitslosigkeit betroffen sind nach Angaben von Terzenbach im Jahresvergleich mehr Männer als Frauen, da diese überwiegend in der vom Strukturwandel geprägten Industrie und im verarbeitenden Gewerbe tätig seien. Jüngere Menschen verlieren demzufolge aktuell schneller ihren Job, finden aber auch schneller wieder einen neuen. Bei älteren Menschen ist es dagegen umgekehrt. Deutlich zugenommen hat im Februar die Zahl der arbeitslosen Spezialisten und Experten mit fast 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Im Zuge eines konjunkturellen Aufschwungs fänden diese aber wieder schnell eine Beschäftigung. "Der Bedarf von Fachkräften bleibt alleine aufgrund des demografischen Wandels hoch", erläuterte Terzenbach.

Der Renteneintritt der Babyboomer stellt den Arbeitsmarkt nach Angaben der staatliche Förderbank KfW zunehmend vor Herausforderungen. Im Februar habe es durchschnittlich 176 Tage gedauert, eine offene Stelle zu besetzen - doppelt so lange wie vor zehn Jahren, sagte Arbeitsmarktexperte Martin Müller. "Deutschlands aktuelle Wachstumsschwäche liegt auch im Fachkräftemangel begründet."

Kurzarbeit rettet Beschäftigung

Vom einst starken Beschäftigungswachstum sei mittlerweile nur noch wenig übrig, sagte Terzenbach. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahm im Dezember 2024 nach Hochrechnungen der BA zwar auf 35 Millionen zu - fast 80.000 mehr als ein Jahr zuvor. Der Zuwachs ging aber allein auf ausländische Arbeitskräfte zurück. Vor allem im Gesundheitswesen, in Pflege und Soziales und der öffentlichen Verwaltung entstanden in dem Zeitraum viele neue Beschäftigungsverhältnisse. Im verarbeitenden Gewerbe gingen dagegen mehr als 100.000 verloren.

"Ohne die Inanspruchnahme von Kurzarbeit würde dieser Beschäftigungsabbau im verarbeitenden Gewerbe noch intensiver ausfallen", betonte Terzenbach. 220.000 Menschen erhielten den vorläufigen hochgerechneten Zahlen nach im Dezember in Deutschland Kurzarbeitergeld. Das verarbeitende Gewerbe mache dabei 80 bis 90 Prozent aus, sagte Terzenbach.

Vom 1. bis zum 24. Februar zeigten Unternehmen den aktuellen Zahlen zufolge außerdem für 55.000 Beschäftigte Kurzarbeit an. Bis Ende des Monats dürfte die Zahl weitergestiegen sein, sodass im Februar ungefähr genauso viele Anzeigen wie im Vormonat eingegangen sein dürften, sagte Terzenbach. Wie viele Menschen davon tatsächlich Kurzarbeit in Anspruch nehmen, lässt sich vorab jedoch nicht sagen.

@ dpa.de