Nach Reallohnverlusten für Beschäftigte ist nach Darstellung des Tarifexperten Thorsten Schulten mit einer "offensiven Tarifrunde" und zahlreichen Arbeitskämpfen zu rechnen.
13.02.2024 - 09:40:01Erneut kein Netto-Zuwachs - Experte erwartet 'offensive Tarifrunde'
Im vergangenen Jahr sei die Kaufkraft der Beschäftigten zwar weitgehend gesichert worden, stellte der Leiter des WSI-Tarifarchivs der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung fest. "Um jedoch auch die massiven Reallohnverluste der beiden Vorjahre ausgleichen zu können, sind in den kommenden Tarifrunden kräftige Reallohnsteigerungen notwendig", sagte er am Dienstag in Düsseldorf.
Die realen Tariflöhne seien in Deutschland wegen der starken Inflation in den vergangenen Jahren auf den Stand von 2016 zurückgefallen, führte Schulten aus. Vor allem in den Jahren 2021 und 2022 habe es drastische Reallohnverluste gegeben. Dieser Trend habe sich 2023 nicht fortgesetzt. Tatsächlich seien die Tariflöhne im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent gestiegen und damit doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Da aber gleichzeitig die Inflation bei 5,9 Prozent gelegen habe, errechne sich ein durchschnittlicher Rückgang der Reallöhne um 0,4 Prozent. Allerdings könnten hier die nicht voll eingerechneten Inflationsausgleichsprämien die finanzielle Bilanz vieler Beschäftigter besser aussehen lassen.
Es sei wichtig, mit kräftigen Reallohnsteigerungen die schwache Konjunkturentwicklung in Deutschland zu stabilisieren, meinte Schulten. Dass die Inflationsrate nach Einschätzung der meisten Fachleute im laufenden Jahr auf zwei bis drei Prozent sinken wird, erleichtere zwar die Durchsetzung von realen Lohnzuwächsen. Trotzdem erwartet Schulten eine "offensive Tarifrunde", die auch von Arbeitskämpfen geprägt sein dürfte.