Mit Traktoren und Kundgebungen demostrieren die Landwirte gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung.
08.01.2024 - 06:53:46Bauernproteste angelaufen - Erste Behinderungen auf Straßen. Ein Schwerpunkt könnten Autobahnauffahrten sein, die blockiert werden sollen.
Die Bauernproteste gegen die Agrarpolitik haben am Montagmorgen zu ersten Behinderungen geführt. In Mecklenburg-Vorpommern etwa blockierten Landwirte landesweit mit Hunderten Traktoren Auffahrten von Autobahnen. Unterstützt wurden sie von Speditionsunternehmen, die gegen die Erhöhung der Lkw-Maut protestierten. Im Kreis Cloppenburg in Nordwestniedersachsen wurde eine Bundesstraße von 40 Fahrzeugen blockiert.
In Sachsen waren laut Polizei etwa im Raum Dresden einige Autobahnauffahrten nicht nutzbar. Versammlungen gibt es demnach an den Autobahnen A4, A13, A14 und A17. In Berlin war die Lage am frühen Morgen zunächst ruhig. Die ersten Traktoren standen aber schon seit Sonntagabend am Brandenburger Tor.
Der Bauernverband hat zu einer Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Streichung von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Eine teilweise Rücknahme der Sparpläne der Bundesregierung reicht dem Verband nicht aus.
Bauernverbands-Chef: Wir können diese Steuerbelastungen nicht tragen
Der Chef des Bauernverbands hat angesichts der anlaufenden Bauernproteste die Bundesregierung erneut aufgefordert, die geplanten Subventionskürzungen für die Landwirtschaft zurückzunehmen. «Die nehmen der Landwirtschaft die Zukunftsfähigkeit. Vor allem gefährden wir am Ende die gesicherte Versorgung mit heimischen hochwertigen Lebensmitteln», sagte Joachim Rukwied im RBB-Inforadio. «Wir setzen darauf, dass bei der Berliner Regierung die Vernunft einkehrt und dass man diese überproportionale Belastung der Landwirtschaft zurücknimmt. Das ist unser Kernziel bei den Demonstrationen.»
Das vergangene Jahr sei das erste seit Jahrzehnten gewesen, in dem die Unternehmensergebnisse etwa durch gestiegene Preise für Milch, Getreide und Fleisch «gepasst» hätten, sagte Rukwied im RBB. «Die Milchpreise sind mittlerweile eingebrochen. Wir hatten in der Spitze 60 Cent, jetzt sind wir wieder bei rund 40 Cent. Die Schweinepreise sind rückläufig. Insbesondere bei Getreide, bei Raps sind die Preise eingebrochen», sagte der Präsident des Bauernverbands.
In Kombination mit höheren Energiepreisen und den jetzt vorgeschlagenen Subventionskürzungen führe das zu einem Einbruch der Einkünfte bei den Landwirten um mindestens ein Drittel. «Und das ist nicht hinnehmbar», sagte Rukwied.
Eine Abschaffung der Schuldenbremse lehnt er ab. Es gebe beim Bund kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Man müsse sich daher die Ausgaben genauer anschauen - Sparpotenzial sehe er beispielsweise beim Erweiterungsbau des Bundeskanzleramtes und beim Luftverkehr.
Weil: Ampel soll Agrar-Kürzungen zurücknehmen
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat die Ampel-Regierung in Berlin aufgefordert, ihre geplanten Subventionskürzungen für die Landwirtschaft zurückzunehmen. Die Bundesregierung solle reinen Tisch machen und den Konflikt beenden, sagte der SPD-Regierungschef im ZDF-Morgenmagazin. «Ich glaube, dass die beiden Vorschläge eine Branche doch stärker treffen als andere», sagte Weil. Die Bundesregierung plant, Steuersubventionen für Agrardiesel stufenweise wegfallen zu lassen. Ein weiterer Vorschlag, die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen zu kippen, ist inzwischen vom Tisch.
Die Landwirte seien auch von anderen Maßnahmen betroffen, wie unter anderem dem höheren CO2-Preis, der zu höheren Kraftstoffkosten führe. «Das ist ja der eigentliche Grund, warum die Landwirte sich schlechter behandelt fühlen als viele andere Teile der Gesellschaft», sagte Weil.
Wüst äußert Verständnis für Bauernproteste
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat Verständnis für die Bauernproteste geäußert. Die zusätzlichen Belastungen beim Diesel seien «keine Peanuts», sagte Wüst im ZDF-«Morgenmagazin». «Es ist eine Menge Geld, das da in Rede steht, und deswegen kann ich das nachvollziehen, dass dort protestiert wird.» Die Einsparungen müssten von der Bundesregierung «über alle Ressorts fair» verteilt werden. Man dürfe nicht überproportional eine gesellschaftliche Gruppe belasten.
Wüst forderte die Demonstrierenden auf, sich an die Vereinbarungen mit der Polizei zu halten. «Es gibt Regeln für Demonstrationen, es gibt Auflagen, an die muss man sich halten. Und wenn die Polizei eine Ansage macht, dann muss man folgen. Alles andere funktioniert nicht in der Demokratie», sagte Wüst. «Demokratie lebt vom Diskurs, von Rede und Gegenrede. Das müssen wir uns gegenseitig zugestehen, auch wenn wir nicht jedes Argument von jedem, der demonstriert, in diesem Land teilen. Aber jeder muss sich an die Regeln halten.» Nötigung und Straftaten aller Art seien inakzeptabel.