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(mehr Details)BERLIN - Vor dem Migrationstreffen in Berlin machen Vertreter von Union und FDP Druck.

03.09.2024 - 14:20:33

Union und FDP verlangen andere Migrationspolitik

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BERLIN (dpa-AFX) - Vor dem Migrationstreffen in Berlin machen Vertreter von Union und FDP Druck. "Das Treffen heute darf keine Show-Veranstaltung werden", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir brauchen eine grundlegende Neuordnung der Migrationspolitik." Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) betonte am Mittag in Berlin: "Aus meiner Sicht müssen kurzfristig Ergebnisse erzielt werden. Ich erhoffe mir das von der heutigen Besprechung. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann unmittelbar danach."

Im Bundesinnenministerium wollen am Nachmittag Vertreter der Ampel-Koalition sowie von Union und Ländern darüber beraten, wie die irreguläre Migration nach Deutschland eingedämmt werden kann. Zuletzt hatten die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gezeigt, dass die Zuwanderung für viele Menschen in Deutschland eines der drängendsten politischen Probleme ist.

An dem Treffen nehmen für die Bundesregierung unter anderem Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Für die Länder vertritt Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite. Für die Unionsfraktion kommt unter anderem der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Thorsten Frei (CDU). Auch Abgeordnete der Ampel-Fraktionen sind vertreten.

Die Bundesregierung und ihr "Sicherheitspaket"

Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen hatte die Bundesregierung kurzfristig ein "Sicherheitspaket" vorgelegt, das aus ihrer Sicht Grundlage des Treffens sein soll. Es sieht Maßnahmen in drei Bereichen vor: eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht.

Vorgesehen ist dabei etwa, dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten - wenn dieses Land zur Rücknahme bereit ist (Dublin-Fälle). Vorgesehen ist außerdem ein Verbot von Springmessern und ein leichterer Ausschluss vom Schutz in Deutschland für Migranten, die eine Straftat begangen haben.

Was die Union will

Unionsländer-Vertreter Poseck bemängelte, dass das Wort "Grenze" in dem Papier nicht vorkommt. Während sich die Ampel bei der Migration auf Abschiebungen konzentriert und weitere Ausschlussgründe für Schutz in Deutschland, wollen CDU und CSU vor allem darüber reden, wie erreicht werden kann, dass weniger Asylbewerber ins Land kommen. CDU-Chef Friedrich Merz sagte bei einem Auftritt im Raum Osnabrück, nicht Abschiebungen seien das eigentliche Problem, sondern der irreguläre Zuzug. "Das ist das eigentliche Problem, und das muss die Bundesregierung heute bereit sein, mit uns nicht nur zu besprechen, sondern zu lösen. Wenn das nicht der Fall ist, dann erübrigen sich weitere Gespräche."

Poseck zählte Forderungen der Union auf: Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen. Beides gibt es bereits, hier will die Union aber mehr Anstrengungen sehen. Er nannte auch einen Stopp für Aufnahmeprogramme schutzbedürftiger Menschen direkt aus ihren Herkunftsregionen, einen Stopp des Familiennachzugs für so genannte subsidiär Schutzberechtigte - eine Gruppe, in die viele Bürgerkriegsflüchtlinge fallen. Zudem habe die Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz Hessens Asylverfahren außerhalb Europas vorgeschlagen, sagte Poseck. Hier prüft die Bundesregierung allerdings noch die Machbarkeit. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Ergebnisse dieser Prüfungen bis Dezember versprochen.

Die FDP drängt, AfD spricht von "PR-Show"

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai verlangte, offen über alle vorstellbaren Lösungsansätze zu sprechen. "Es darf keine Denkverbote mehr geben." Die Politik müsse jetzt auch über eine Änderung des Grundgesetzes beraten. "Ändert sich die Migrationspolitik nicht, wird die Demokratie enormen Schaden nehmen."

Die AfD-Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla äußerten keine großen Erwartungen an die Bund-Länder-Runde. "Es ist zu befürchten, dass sich daran auch nach dem heutigen Treffen nichts ändern wird und dass den Bürgern mit einer PR-Show erneut Sand in die Augen gestreut wird", erklärten sie. "Wir brauchen eine grundlegende Reform des Asylrechts sowie einen sofortigen Stopp der Aufnahme, Einreise und Einbürgerung von illegalen Migranten und einen effektiven Grenzschutz mit Zurückweisungen illegaler Migranten."

Pro Asyl in Sorge

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann trat dem Eindruck entgegen, ihre Partei verweigere sich dem Versuch, die Zahl der Schutzsuchenden zu senken. "Natürlich reden wir über Migration, Flucht und Asyl. Das tut diese Bundesregierung seit drei Jahren, und wir haben in erheblichem Maße Gesetzesvorhaben beschlossen, die ihre Wirkung auch jetzt entfalten müssen", sagte Haßelmann in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart". Sie erwähnte etwa das Rückführungsgesetz und die europäische Asylreform.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl zeigte sich besorgt und appellierte an die Bundesregierung, keine rechtswidrigen Maßnahmen zu beschließen. "Die CDU muss ihrer Verantwortung als demokratische Partei nachkommen und darf die Polarisierung der Debatte nicht weiter vorantreiben." Es müsse bei dem Treffen um Maßnahmen gehen, die Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkten und Radikalisierung hin zum Islamismus oder Rechtsextremismus vorbeugten.

@ dpa.de