Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) kritisiert SPD-Vorschlag zu einer Vermögensabgabe
14.04.2020 - 10:26:09SPD-Forderung nach einer Einführung einer Vermögensabgabe zur Finanzierung der Corona-Hilfen, trifft auf Widerstand von Ökonomen.
Der Leiter des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Christoph Schmidt, beurteilt die von SPD-Chefin Saskia Esken ins Spiel gebrachte Vermögensabgabe zur Finanzierung der staatlichen Konjunktur- und Hilfsprogramme skeptisch. Gegenüber der „Rheinischen Post“ verwies der Wirtschaftswissenschaftler auf die Struktur von Privatvermögen. Das Geld liegt nicht auf der Bank, sondern ist in Unternehmensbeteiligungen oder vor allem Immobilien gebunden. Eine Abgabe stell zunächst die Aufgabe, die Mittel verfügbar zu machen, was teilweise auf erhebliche Probleme treffen würde. Bei Selbständigen ist die Unterscheidung zwischen Privat- und Geschäftsvermögen ohnehin kaum möglich, gibt der Leiter des RWI zu bedenken. Das Ziel sollte im Moment sein, die Investitionen zu stimulieren. Eine Vermögensabgabe würde allerdings das Gegenteil erreichen. Statt auf eine Besteuerung der vorhandenen Betriebsmittel zu setzen, sollte auf die Wachstumseffekte vertraut werden. Der Staat hat durch seine Konsolidierungspolitik der letzten Jahre eine tragfähige Basis geschaffen, von der aus wir auch die Belastungen durch die Corona-Krise in den Griff bekommen können. Nachdem wir zu einer wirtschaftlichen Normalität zurückgekehrt sind, haben wir die Möglichkeit die Belastungen langfristig zu verteilen. Die derzeitigen europäischen Finanzinstrumente zur Bekämpfung der Krisenfolgen, wie den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB), sind in ihrer Wirkung nur kurzfristig. Stattdessen sollten die Mitgliedsstaaten auf bewährte Mittel zurückgreifen, um die EZB handlungsfähig zu belassen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der für die Auswirkungen der Finanzkrise von 2009 entwickelt wurde, bietet hierfür den richtigen Rahmen, betont der Leiter des RWI in der „Rheinischen Post“. Die Mechanismen sind vorhanden und müssen nur auf die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden. Die von Italien und Frankreich propagierten Corona-Bonds sieht der Wissenschaftler kritisch. Es existiert derzeit keine rechtliche Basis, auf der die Ausgabe funktionieren könnte. Dies verlangt die Ausarbeitung und Verabschiedung von Maßnahmen, was einen erheblichen Zeitaufwand bedeutet. Außerdem halte ich nichts von einer Vergemeinschaftung von Schuldenhaftung, sagt der ehemalige Chef der Wirtschaftsweisen im Interview mit der „Rheinischen Post“.
Redaktion ad-hoc-news.de, NeoMatrix