Hamburg - Es kommt Bewegung in den Glasfasermarkt in Deutschland.
30.01.2025 - 09:30:05Glasfaserausbau: Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe möglich. Durch Überkapazitäten bei den Baufirmen sinken die Preise pro Anschluss. Für den Gesamtmarkt ergeben sich daraus Einsparmöglichkeiten in Höhe von rund 13 Milliarden Euro Investitionskosten bis 2030, bezogen auf die von den Netzbetreibern angekündigten rund 25 Millionen noch zu bauenden Hausanschlüsse. Durch diese Entwicklung könnten Ausbau und Nutzung von Glasfaseranschlüssen deutlich Fahrt aufnehmen. Das ergibt eine Markteinschätzung der Management- und Technologieberatung Sopra Steria.
Einzelne Glasfaserunternehmen (englisch: FiberCos = Fiber Companies) können ihre Kosten durch Neuverhandlungen ihrer Verträge mit den Generalunternehmern um 20 bis 50 Prozent senken. Preissenkungen für einen Glasfaseranschluss - von der Planung bis zur Kundeninstallation - auf deutlich unter 1.000 Euro Investitionskosten sind möglich, so die Expertenschätzungen von Sopra Steria auf Basis von Projekterfahrungen. Darüber hinaus ermöglichen frei gewordene Kapazitäten bei den für den Leitungsbau zuständigen Generalunternehmern einen beschleunigten Ausbau und eine höhere Anzahl paralleler Ausbauprojekte. All das bringt mehr Tempo in die Glasfaserversorgung insgesamt.
"Für die Glasfaseranbieter ist diese Entwicklung äußerst attraktiv. Die Margen für Glasfaseranschlüsse steigen, zudem amortisieren sich die Investitionen deutlich schneller", sagt Karl-Heinz Kohne, Account Manager Fibre im Geschäftsbereich Telecommunications, Media & Technology bei Sopra Steria.
Auslöser für die Wende im Markt sind eine geringere Nachfrage der großen Telekommunikationsanbieter und anderer FiberCos nach Baukapazitäten sowie der schwächelnde Wohnungsbau. Die Platzhirsche bremsen die Geschwindigkeit bei Ausbauprojekten oder bestehen auf stark reduzierten Preisen, denn der Fokus der Glasfaserunternehmen beim Ausbau verändert sich. Es geht nicht mehr darum, Anschlüsse an möglichst vielen Gebäuden zu legen (Homes Passed). Stattdessen sollen mehr Haushalte tatsächlich an die Glasfaserversorgung angeschlossen werden (Homes Connected und Homes Activated).
Zahlen des Bundesverbands Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) unterstreichen die Dringlichkeit dieser Kursanpassung. So sind zwar inzwischen bundesweit 43 Prozent der Haushalte, Unternehmen und Behörden als Homes Passed registriert, womit eine grundsätzliche Chance auf Glasfaser besteht. Mit einem Glasfaserhausanschluss ausgestattet (Homes Connected) sind allerdings nur rund 23 Prozent. Noch düsterer sieht es bei einer Glasfaserverbindung aus, die direkt in die Wohnung führt und aktiv genutzt wird (Homes Activated). Nur etwa elf Prozent der Haushalte, Unternehmen und Behörden in Deutschland nutzen einen Glasfasertarif.
Eine Folge der schwachen Ausbauzahlen sind die zuletzt stark eingebrochenen Unternehmensbewertungen zahlreicher Glasfaserunternehmen. Damit zeichnet sich eine größere Marktkonsolidierung ab. Ein aktuelles Beispiel ist die Übernahme der Infrafibre Germany, zu der auch der bayrische Glasfaseranbieter Leonet gehört, durch Unsere Grüne Glasfaser (UGG), ein Joint Venture der Allianz und der Telefonica-Gruppe. Es wird erwartet, dass die aktuelle Zahl von 700 FiberCos (Netzbetreiber, Service-Anbieter, Stadtwerke, kommunale Zweckverbände etc.) bis 2035 auf zirka 200 bis 260 Glasfaseranbieter schrumpfen wird. Verstärkt wird dieser Effekt durch den Ausstieg von Investoren, die jahrelang die Goldgräberstimmung mit hohen Renditeerwartungen im Fiber-Markt für eine Kapitalanlage genutzt haben. Aufgrund der aktuellen Zinspolitik lassen sich nun auch mit anderen Anlagemethoden wieder attraktive Renditen erzielen.
Getrieben wird die Dynamik im deutschen Glasfasermarkt zudem von einer inzwischen hohen Sättigung mit Glasfaseranschlüssen in Ländern wie Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien, was dazu führt, dass Baukapazitäten, die in diesen Ländern nicht mehr benötigt werden, verstärkt auf dem deutschen Markt angeboten werden. Die Folge: Generalunternehmen bekommen starke Konkurrenz und müssen Kunden preislich entgegenkommen. "Wir erleben derzeit eine Wende von einem Anbieter- zu einem Nachfragemarkt. Das lässt sich auch an Insolvenzen von großen Generalunternehmern ablesen", verdeutlicht Karl-Heinz Kohne. In den vergangenen Monaten hatten Insolvenzen der Anbieter SchönerTel, Soli Infratechnik und Connect-Energie für Schlagzeilen gesorgt.
Gute Nachrichten für Endkunden und Netzbetreiber
Die realisierten Kosteneinsparungen kommen tendenziell auch den Verbrauchern zugute. Sie erhalten bessere Angebote von ihrem Netzbetreiber, sodass die Attraktivität von Glasfasertarifen steigen dürfte. Um weitere Kunden von der Aktivierung der Glasfaseranschlüsse zu überzeugen, bieten die großen Netzbetreiber ihre Glasfasertarife für niedrigere Übertragungsraten - 50 Mbit/s und 100 Mbit/s - zu gleichen Konditionen wie ursprüngliche Festnetztarife an. Zudem erhöht sich der Wettbewerb in dicht besiedelten Gebieten durch die Möglichkeiten der Auswahl zwischen verschiedenen Anbietern. Sie können ein bestehendes Netz entweder über Wholesale-Vereinbarungen eines Konkurrenten mitnutzen oder eine zweite oder dritte Infrastruktur in schon ausgebaute Gebäude verlegen.
Insbesondere bei Unternehmen und Behörden wächst zudem der Druck auf die Bereitstellung höherer Übertragungsraten, um auch in Zukunft State-of-the-Art-Technologien nutzen zu können. Dazu gehören beispielsweise Anwendungen in den Bereichen KI, Virtual Reality oder Metaverse. Diese Anwendungen stellen hohe Anforderungen an Datenvolumen und Latenz. "Es ist davon auszugehen, dass sich bei geringeren Preisen mehr Endkunden für einen Glasfaseranschluss entscheiden werden. Wir rechnen damit, dass die Quote der tatsächlich aktivierten Anschlüsse (Homes Activated) spürbar steigen wird", so Telekommunikationsexperte Karl-Heinz Kohne von Sopra Steria.
Historisch schwieriges Marktumfeld
Der Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland war in den letzten Jahren durch das gestiegene Zinsniveau, hohe Baukosten und den Kampf um freie Kapazitäten bei Tiefbauunternehmen geprägt. Infolgedessen waren Durchschnittskosten von bis zu 1.500 Euro für den Glasfaseranschluss einer Wohneinheit - von der Planung bis zur Kundeninstallation - üblich. Trotz der Goldgräberstimmung der letzten Jahre herrschte bislang ein schwieriges Marktumfeld, um den Ausbau mit attraktiven Margen für FiberCos und Investoren zu realisieren. Dieses Umfeld hat sich für die FiberCos aktuell stark verbessert.
Strategische Handlungsoptionen für Netzbetreiber
Für Netzbetreiber ergeben sich daraus verschiedene strategische Handlungsoptionen. So können die Kosten des Glasfaserausbaus gesenkt werden, indem Preis- und Vertragsstrukturen in der Partnerlandschaft überprüft, Spielräume für Preissenkungen oder Nachverhandlungen genutzt und standardisierte Rahmenverträge sowie einheitliche technische und kommerzielle Bewertungskriterien etabliert werden. Dies schafft eine bessere Vergleichbarkeit von Angeboten und erhöht die Effizienz.
Darüber hinaus können Telekommunikationsunternehmen ihre Take-up-Rate steigern, indem sie Tarife entwickeln, die den Wechsel für Kunden attraktiver und einfacher machen. Ebenso wichtig ist es, überzeugende Angebote zu schaffen, die die Erschließung von Gebäuden und Wohnungen fördern.
Eine weitere strategische Option liegt in Kooperationen im Open-Access- und Wholesale-Business. Dadurch können Netzbetreiber ihre Tarife auch Service-Providern anbieten, die über kein eigenes Netz verfügen, und so zusätzliche Einnahmequellen erschließen - insbesondere in Fällen, in denen Endkundentarife nicht direkt abgeschlossen werden können.
Generalunternehmer müssen effizienter werden
Die Generalunternehmer stehen dagegen vor einer Effizienzoffensive, um trotz gesunkener Verkaufspreise und gestiegener Baukosten weiterhin profitabel agieren zu können. Viele der Unternehmen sind in den vergangenen Jahren anorganisch durch Zukäufe gewachsen. Sie haben jedoch versäumt, die nötigen Synergiepotenziale zu erzielen, beispielsweise durch das Zusammenlegen von IT-Systemen, einheitliche Geschäftsprozesse und eine Verschlankung der Organisation. Durch Prozessautomatisierung und intelligente Workflow-Tools lassen sich interne Kosten signifikant reduzieren. Mittelfristiges Effizienzpotenzial bietet zudem der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und anderer Technologien für die Optimierung der Bauplanung. Oberflächenanalysen oder Drohnen für die Geländeinspektion sind Beispiele für derartige Innovationen.
Hintergrundinformationen
Die Markteinschätzung von Sopra Steria stützt sich auf Auswertungen von Marktzahlen und Branchen-Insights, auf eigene Berechnungen der Kosten pro Haushalt (Home) bei einem (sub-)urbanen Ausbau in Clustern mit mehreren tausend Wohneinheiten und einer Anschlussquote (Homes Connected) von zirka 50 Prozent auf der Grundlage von Kostenstrukturen von mehreren hundert Ausbauprojekten sowie auf Gesprächen mit Generalunternehmern zu ihrer Situation bei verschiedenen Netzbetreibern.
Pressebilder und Grafiken zum Download:
Infografik zum Status Glaserfaserausbau in Deutschland
Infografik zum Einsparpotenzial beim kumulierten Glassfaser-Investitionsvolumen
Portrait Karl-Heinz Kohne, Account Manager Fibre bei Sopra Steria
Über Sopra Steria
Sopra Steria ist ein führender europäischer Tech-Player mit anerkannter Expertise in den Geschäftsfeldern Consulting, Digital Services und Solutions. Mit 52.000*) Mitarbeitenden in rund 30 Ländern unterstützt der Konzern seine Kunden dabei, die digitale Transformation voranzutreiben und konkrete und nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Sopra Steria bietet umfassende End-to-End-Lösungen, die große Unternehmen und Behörden wettbewerbs- und leistungsfähiger machen - und zwar auf Grundlage tiefgehender Expertise in einer Vielzahl von Branchen, innovativer Technologien und eines kollaborativen Ansatzes.
Das Unternehmen stellt die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns mit dem Ziel, die Digitalisierung für seine Kunden zu nutzen, um eine positive Zukunft für alle zu gestalten. Der Konzern erzielte 2023 einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro.
*) Neubewertung des Personalbestands nach dem Verkauf der meisten Aktivitäten von Sopra Banking Software im September 2024.
Die Sopra Steria Group (SOP) ist an der Euronext Paris (Compartment A) gelistet - ISIN: FR0000050809.Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website www.soprasteria.com.
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