Krankenhaus

Gesetzliche Krankenversicherung: hohes Defizit in 2019

23.02.2020 - 13:49:49

Nach drei Jahren mit Überschüssen verbuchten die gesetzlichen Krankenkassen 2019 mehr Ausgaben als Einnahmen.

Die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ berichtet, der in 2019 entstandene Negativsaldo in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) habe etwa 1,6 Milliarden Euro betragen. Erstmals nach 2015 wiesen die Kassen damit wieder ein Jahresdefizit aus. In 2018 hatten die gesetzlichen Krankenkassen noch einen Überschuss in Höhe von nahezu 2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die aktuellen, noch vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr basieren auf Datenerhebungen, die die GKV-Verbände für den Bereich der ihnen zugehörigen Krankenkassen durchgeführt haben. Über Dachverbände verfügen neben den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und den Ersatzkassen auch die Betriebskrankenkassen, die Innungskrankenkassen und die Knappschaft Bahn-See. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) meldet mit 859 Millionen Euro für 2019 den höchsten Fehlbetrag aller GKV-Verbände. 2018 hatten die Mitgliedskassen des vdek noch einen Überschuss von 831 Millionen Euro erzielt. Über die Hälfte der letztjährigen Unterdeckung stammt aus dem letzten Quartal 2019. Den größten GKV-Verband bilden die Allgemeinen Ortskrankenkassen, die 2018 noch ein Plus von nahezu 1,1 Milliarden Euro ausweisen konnten. 2019 verwandelte sich dieser Überschuss in eine Unterdeckung von 122 Millionen Euro. Die Entwicklung bei den Innungskassen ist mit einer Verschlechterung von +77 Millionen Euro (2018) auf -231 Millionen Euro (2019) besonders auffällig. Das Jahresergebnis der Krankenversicherung Knappschaft-Bahn-See ging von +91 Millionen Euro auf -58 Millionen Euro zurück. Auch bei den Betriebskrankenkassen machte sich der Trendwechsel signifikant bemerkbar: Für 2018 hatte der BKK Dachverband noch einen Gesamtüberschuss von 198 Millionen Euro errechnet. 2019 entstand hingegen ein Defizit von 295 Millionen Euro. Als Ursache der derzeitig defizitären Finanzlage benennen die Krankenkassen die in 2019 deutlich gestiegenen Leistungen pro Versichertem. Bei den Ersatzkrankenkassen stiegen die Leistungsausgaben um 5,6 Prozent. Die Einnahmen wuchsen jedoch lediglich um 3,6 Prozent. Ein deutlicher Zuwachs ergab sich bei den Leistungen der Ersatzkassen für Medikamente und Heilmittel. Auf der Einnahmenseite wiederum entstand ein Finanzlücke aufgrund einer Senkung der Zusatzbeiträge durch die Techniker Krankenkasse. Auch der AOK-Bundesverband meldet für 2019 eine mit +4,4 Prozent besonders hohe Zunahme der Ausgaben für Krankenkassenleistungen. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes bemängelte im Gespräch mit der FAZ, dass die Gesundheitspolitiker den Krankenversicherten zwar eine Absenkung der Beiträge zur GKV versprochen hätten. Zugleich aber sei es die Politik, die für einen starken Kostenanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung sorge. Die Entwicklung der Ausgaben in der GKV, so Litsch, beschleunige sich deutlich. Die Krankenkassen spürten großen Druck auf die KV-Beiträge, während die Krankenversicherten bislang keinerlei Verbesserungen der Gesundheitsversorgung spürten, sagte der AOK-Vorstandsvorsitzende. Die momentanen GKV-Defizite sind politisch durchaus erwünscht, um die in den letzten Jahren angesammelten gewaltigen Krankenkassen-Reserven abzuschmelzen: Ende September 2019 betrugen die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen etwa 20,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag entsprach einer knappen Monatsausgabe aller Krankenkassen und damit ungefähr dem Vierfachen der gesetzlich geforderten Mindestreserve. Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass durch den angestrebten Rücklagenabbau ein „unechtes Defizit“ entstehen werde. Denn Krankenkassenbeiträge seien keine Spareinlagen für die Krankenkassen, so Spahn Ende 2019. Beitragserhöhungen sind daher zunächst wohl nicht zu erwarten.
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