Geldautomaten in China

Europäische Handelskammer sieht massive wirtschaftliche Auswirkungen des Coronavirus

26.02.2020 - 07:22:39

Vertreter der europäischen Unternehmen in China warnen vor einer Unterschätzung der ökonomischen Konsequenzen des Coronavirus und fordern eine Wirtschaftsstrategie.

Der Präsident der europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke, wies gegenüber der „Welt“ auf eine fehlende realistische Einschätzung der ökonomischen Konsequenzen der Corona-Epidemie in China hin. Es ist noch nicht in Deutschland angekommen, was der Virus für die in China tätigen Unternehmen bedeute. Seit Wochen steht die Produktion in China still. Bei der Abhängigkeit deutscher Unternehmen vom chinesischen Markt, hat dies katastrophale Auswirkungen. Der Handelskammerpräsident verweist auf die globalen Lieferketten und auf das Ausbleiben der chinesischen Zulieferung. Die überwiegende Zahl der Großunternehmen kann dies derzeit noch ausgleichen, aber für viele mittelständische Unternehmen wird es langsam existenziell, warnt Wuttke. Die Einnahmeausfälle führten dazu, dass viele Mittelständler bald nicht mehr in der Lage sind die anstehenden Kredite zu bedienen. Jetzt ist es an den Banken zu reagieren und ihre Forderungen zeitlich neu zu gestalten. Ich bekomme derzeit Anfragen aus allen Bereichen und Branchen, die sich auf die finanziellen Probleme infolge des Virus beziehen. Die Konsequenzen der Produktionsstilllegung sind für die Unternehmen radikaler, als prognostiziert. Ich habe Meldungen über die Stornierung von mehr als 70 Containerschiffen, die in den letzten vier Wochen die chinesischen Häfen hätten verlassen sollen. Die Transportzeit der Teile nach Europa beträgt etwa sechs Wochen. Das bedeutet, dass derzeit zwar noch Container aus China in deutschen und europäischen Häfen ankommen, dass dies aber bald vorbei sein werde, so Wuttke. Wen die Transportkette unterbrochen ist, wird die Versorgung mit Produkten und Bauteilen aus China bald kritisch. Ich rechne mit einem spürbaren Einbruch der Lieferungen ab März. In der chemischen Industrie, speziell bei den Pharmaunternehmen, wird es bald Lieferengpässe geben. Die Pharmaindustrie ist in einem besonderen Maß von der Lieferung in China produzierter Vorprodukte abhängig. Bei vielen Medikamenten könnte es ab März eng werden, befürchtet der Unternehmensvertreter. Die Versorgungstrategie bei lebenswichtigen Produkten sollte überdacht werde. Es muss mehr als nur einen Lieferanten geben, fordert Wuttke.
Die aktuelle Lage in China beurteilt der Handelskammerpräsident weiterhin äußerst kritisch. Die ökonomische Krise wird weitreichender und langfristiger sein, als beim Ausbruch der SARS-Epidemie im Jahr 2003. Damals konnten die Produktions- und Konsumeinbrüche relativ zügig aufgeholt werden. Diese Option sieht Wuttke im aktuellen Fall nicht. China hat 2003 mit einem massiven staatlichen Investitionsprogramm reagiert, das eine neue Dynamik geschaffen hat. Aktuell gibt es ersten eine funktionierende und hochmoderne Infrastruktur und zweitens eine deutlich höhere Verschuldung des chinesischen Staates. Wuttke blickt auf eine ausgedehnte persönliche Erfahrung in China zurück. Vor kurzem wurde er zum dritten Mal als Präsident der europäischen Handelskammer gewählt und hat seit über 30 Jahren seinen Lebensmittelpunkt in der Volksrepublik.

Redaktion ad-hoc-news.de, NeoMatrix

@ ad-hoc-news.de