Die Vorbereitungen für den sechstägigen Lokführerstreik ab diesem Mittwoch laufen: Inzwischen können Fahrgäste den Notfahrplan für den Fernverkehr online einsehen.
23.01.2024 - 13:08:06Bahn und Fahrgäste bereiten sich auf Streikbeginn vor. Auch die Industrie muss umdisponieren.
Die Deutsche Bahn und ihre Fahrgäste bereiten sich auf den nächsten Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ab Mittwochmorgen vor. Für den Fernverkehr können Kundinnen und Kunden den Notfahrplan der Bahn inzwischen online einsehen, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte.
Über die üblichen Fahrplanauskünfte im Internet wird dabei angezeigt, ob ein Zug fährt oder nicht. Bei vorigen Streiks war lediglich rund jeder fünfte Fernzug unterwegs, alle anderen fielen aus. Auch im Regionalverkehr rechnet die Bahn für die nächsten Tage mit erheblichen Einschränkungen, die regional aber unterschiedlich stark ausfallen sollen.
Scholz mahnt zu maßvollem Gebrauch des Streikrechts
Vor dem Streik bei der Bahn hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an die Lokomotivführer appelliert, von ihrem Streikrecht maßvoll Gebrauch zu machen. Arbeitskämpfe zu führen gehöre zu den Freiheiten, «die in unserem Grundgesetz so fest geregelt sind, dass sie nicht einfach abgeschafft werden können - auch nicht durch Gesetze», sagte er am Dienstag in Berlin. «Das hält niemanden davon ab, von seinen Möglichkeiten und seinen Rechten immer mit klugem Maß Gebrauch zu machen. Und das ist mein Appell.»
Rund sechs Tage lang will die GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky weite Teile des Bahnverkehrs zum Erliegen bringen. Es ist der vierte und bisher längste Streik der Gewerkschaft. Im Güterverkehr soll es bereits am Dienstagabend um 18.00 Uhr losgehen. Bis Montagabend soll der Arbeitskampf andauern und damit erstmals im laufenden Tarifkonflikt ein komplettes Wochenende umfassen.
Erhebliche Einschränkungen für die Industrie
Die Bahn rief die Gewerkschaft am Dienstagmorgen erneut dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. «Es ist jetzt an der Zeit, zusammenzukommen, zu verhandeln, Kompromisse zu finden», sagte eine Sprecherin in Berlin. «Wir sind bereit, zu jeder Zeit an jedem Ort zu Verhandlungen und zu Gesprächen zusammen gekommen.»
Nicht nur Fahrgäste, auch die deutsche Industrie muss sich aufgrund des Lokführerstreiks auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Insbesondere Branchen mit hohem Schienengüter-Anteil müssen umdisponieren. «Der angekündigte sechstägige Bahnstreik belastet die Transportlogistik in Deutschland und Europa und damit auch Unternehmen der deutschen Automobilindustrie», teilte etwa der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage mit.
Ähnlich äußerte sich die Chemieindustrie, die ebenfalls viele Verkehre über die Schiene abwickelt. «Mit ihren Kunden und Logistikdienstleistern haben die Unternehmen umgehend flexible Lösungen entwickelt», hieß es vom Verband der Chemischen Industrie auf Anfrage. «Diese können die Einschränkungen und Verzögerungen in der Bahnlogistik aber nur teilweise kompensieren.»
Neben finanziellen Forderungen dreht sich der Tarifstreit vor allem um das Thema Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter. Die GDL will diese von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt reduzieren. Die Bahn hat bisher ein Wahlmodell angeboten, das eine einstündige Absenkung ohne finanzielle Einbußen vorsieht. Wer sich dagegen entscheidet, erhält stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. Gewerkschaftschef Claus Weselsky sieht in der Offerte keine Grundlage für weitere Verhandlungen.