Anteil, Schattenwirtschaft

Der Zoll kämpft gegen immer gewieftere Methoden der Schattenwirtschaft, ihr Anteil wächst.

30.01.2024 - 15:12:39

Anteil der Schattenwirtschaft in Deutschland geht nach oben. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei dem Anstieg im Mittelfeld.

Der Fahrer, der gegen Bares schnell ein paar Kartons vom Möbelmarkt liefert. Der Alleskönner, der im Sommer die Hecken schneidet und sich ein paar Euro dazu verdient. Es sind verbreitete, wenn auch kleine Beispiele für ein Phänomen, das an Bedeutung gewonnen hat: Schattenwirtschaft. Im Volksmund: Schwarzarbeit. Es reicht vom Hobbygärtner im Auftrag des Nachbarn bis zu professionellen, internationalen Banden, wie der Zoll in seinem Jahresbericht für 2022 schreibt.

Ihr Umfang in Deutschland nimmt Experten zufolge in diesem Jahr weiter zu. Insgesamt werde der Wert der durch Schattenwirtschaft illegal erbrachten Leistungen um 38 Milliarden auf 481 Milliarden Euro steigen, heißt es in einer Schätzung, die vom Linzer Professor Friedrich Schneider und seinem Tübinger Kollegen Bernhard Boockmann vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung veröffentlicht wurde.

Der Anteil der prognostizierten Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt nehme damit auf 11,3 Prozent zu. Dieser steigt nach einer Phase des Absinkens seit 2021 wieder und dürfte nach Einschätzung der Ökonomen in diesem Jahr das Niveau von 2014 erreichen. Mit einem Anstieg um zwei Prozentpunkte in den vergangenen fünf Jahren liegt Deutschland international im Mittelfeld. Den höchsten Anstieg unter 21 ausgewählten Industrieländern hatte den Berechnungen zufolge das Brexit-Land Großbritannien mit 3,9 Prozent zu verzeichnen. Norwegen kam mit einem Zuwachs um 0,1 Prozent davon.

Keine exakten Zahlen

«Wir haben keine exakten Zahlen, weil niemand die Schwarzarbeit exakt erfassen kann», sagt Schneider. Deswegen müssen er und Boockmann mit statistischen Kniffen vorgehen. Belastende Faktoren werden ermittelt, etwa die Höhe des Steuerdrucks oder die des Verdrusses gegen den Staat. Sie werden ins Verhältnis zu messbaren Größen gesetzt, etwa die Nachfrage nach Bargeld.

Die Schätzung geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um 0,6 Prozent schrumpfte und die Zahl der Arbeitslosen bei durchschnittlich 2,6 Millionen lag. Ferner ging eine erwartete Inflationsrate von 2,7 Prozent in die Berechnungen ein. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes sank die deutsche Wirtschaftsleistung preisbereinigt allerdings um 0,3 Prozent. Und die Inflation lag 2023 nach bisherigen Daten bei 5,9 Prozent.

Die Experten erwarten, dass die Einführung des Bürgergeldes mit einem erhöhten Regelsatz in der Summe die Schwarzarbeit senkt. Zwar werden die verbesserten Bezüge demnach auch dazu führen, dass ein Teil der Bürgergeldbezieher weniger danach strebe, einen legalen Job aufzunehmen. Jedoch überwiege der Effekt, dass durch die erhöhten Bürgergeld-Zahlungen weniger Bezieher die Notwendigkeit spürten, illegal nebenbei zu verdienen. Somit nehme die Schwarzarbeit durch die Einführung des Bürgergeldes um 2,4 Milliarden Euro ab.

Durch die Rückkehr zum vollen Mehrwertsteuer-Satz in der Gastronomie dagegen werde ein gegenteiliger Effekt erzielt. Die Wissenschaftler gehen hier von einer Zunahme der Schwarzarbeit um 1,9 Milliarden Euro aus.

Bekannter Steuerschaden in Millionenhöhe

Zuständig für die Bekämpfung der Schattenwirtschaft ist der Zoll. 8600 Ermittler befassen sich dort mit dem Kampf gegen teilweise ausgefuchste Formen der illegalen Wirtschaft. Scheinselbständigkeit, Lohnsplitting oder Kettenbetrug sind Schlagworte für beliebte Methoden, um das Finanzamt hinters Licht zu führen. Allein die aufgedeckten Fälle führten 2022 zu einem Steuerschaden von 686 Millionen Euro, wie der Zoll mitteilte.

Bei den bundesweit 300 Jobcentern, an denen die Bundesagentur für Arbeit beteiligt ist, ging die Zahl der eingeleiteten Verfahren wegen Leistungsmissbrauch im vergangenen Jahr zurück: 2022 waren es 119.063 eingeleitete Verfahren, 2023 dann 104.870. Nur ein Teil davon fällt in den Bereich Schattenwirtschaft, etwa wenn Menschen zusätzlich zum Bezug von Bürgergeld «nebenbei» verdienen.

@ dpa.de