BARI / MOSKAU - Kremlchef Wladimir Putin hat nach dem weitreichenden Beschluss des G7-Gipfels zu russischem Geld für die Ukraine eine Drohung an die Gruppe der sieben großen demokratischen Industrienationen gesendet.
14.06.2024 - 14:11:30Putin verurteilt G7-Beschluss für Ukraine-Hilfe
(neu: Ergebnis zum Thema Abtreibung ergänzt)
BARI/MOSKAU (dpa-AFX) - Kremlchef Wladimir Putin hat nach dem weitreichenden Beschluss des G7-Gipfels zu russischem Geld für die Ukraine eine Drohung an die Gruppe der sieben großen demokratischen Industrienationen gesendet. Putin nannte die Nutzung von Zinserträgen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen für Ukraine-Hilfen in Milliardenhöhe am Freitag "Raub". Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 war am Donnerstag ein Durchbruch erzielt worden in dieser Frage: Die G7 wollen mit Zinsen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) auf die Beine stellen. Die Ukraine soll das Geld bis Ende des Jahres bekommen.
Die Entscheidung wurde von den G7-Staaten Deutschland, Italien, USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Japan sowie der EU als Zeichen der Geschlossenheit der westlichen Ukraine-Unterstützer gepriesen. US-Präsident Joe Biden sagte: "Eine weitere Erinnerung an Putin, dass wir nicht nachgeben werden. Vielmehr sind wir geschlossen gegen diese illegale Aggression." Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach von einem unerwarteten Ergebnis, das sie stolz mache. "Jetzt muss es technisch definiert werden."
Putins Drohung
Die westlichen Staaten bemühten sich gerade um eine rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung, sagte Putin am Freitag während einer Rede im Außenministerium in Moskau, die russische Staatsmedien übertrugen. "Aber ungeachtet aller Kniffe: Raub bleibt definitiv Raub", fügte er hinzu. Die Entscheidung der G7 werde "nicht ungestraft bleiben". Der Kreml hatte sich am Donnerstag zunächst mit einer Reaktion zurückgehalten.
Option auf einen Segen
Am zweiten Gipfeltag ging der Fokus der G7 weg von der Ukraine, stattdessen rücken die Beziehungen zu China und wirtschaftliche Sicherheit sowie Migration in den Blick. In dem Luxusresort "Borgo Egnazia" an der süditalienischen Adria-Küste landete am Mittag ein historischer Besucher: Papst Franziskus kam mit einem Hubschrauber aus Rom zum Gipfelort und wurde dort von Gastgeberin Meloni empfangen. Er ist der erste Papst in fast 50 Jahren G7-Geschichte, der an einem Treffen der Runde teilnimmt.
Das Kirchenoberhaupt von mehr als 1,3 Milliarden Katholiken ist bei einer Sitzung zum Thema Künstliche Intelligenz dabei. Der Argentinier könnte die Gelegenheit aber auch für andere Mahnungen an die internationalen Staats- und Regierungschefs nutzen - und auf den umstrittenen Präsidenten seiner Heimat, Javier Miliei, treffen. Milei wurde neben rund einem Dutzend anderer Staats- und Regierungschefs als Gast bei den G7 erwartet.
"Happy Birthday" Kanzler
Für Bundeskanzler Olaf Scholz nahm die schwierige Woche nach dem Europawahl-Ergebnis für seine SPD eine versöhnliche Wendung. Seine G7-Kollegen feierten ihn zu seinem 66. Geburtstag am Freitag. Vor der ersten Arbeitssitzung stimmten einige von ihnen vor dem Sitzungssaal "Happy Birthday" an. Mit dabei waren neben Biden und Meloni auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau, der britische Premierminister Rishi Sunak sowie die EU-Spitzen Ursula von der Leyen und Charles Michel.
Umstrittenes Ergebnis zur Abtreibung
Am Freitag soll zudem die Gipfelerklärung verabschiedet werden. Gastgeberin Meloni hatte bereits am Donnerstag verkündet, dass man sich dazu geeinigt habe. Sie war es allerdings, die verhindert hat, dass die Gruppe ein klares Bekenntnis zum Recht auf Abtreibung erneuert, wie die dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Demnach wird in der geplanten Erklärung lediglich betont, dass Frauen das Recht auf angemessene Gesundheitsdienste habe. Ganz allgemein wird dann gesagt, dass es dabei auch um "sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte" (SRGR) gehe. Unter reproduktiven Rechten wird dabei beispielsweise verstanden, dass Frauen selbst darüber entscheiden können, wann sie Kinder haben wollen.
Frankreichs Präsident Macron äußerte sein Bedauern. Sein Land hatte das Recht auf Abtreibung und die Freiheit, über den eigenen Körper zu verfügen, kürzlich in die Verfassung aufgenommen.
Schärferer Ton gegenüber China
Ausgehandelt wurden auch klare Worte an China - zum einen als Freund Russlands, zum anderen als schwieriger Wirtschaftspartner des Westens. In einer geplanten Passage, die der dpa vorliegt, heißt es, China schaffe mit wettbewerbsfeindlichen Praktiken wie Subventionen Überkapazitäten und verzerre den Wettbewerb. Dies gefährde die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in den G7-Staaten, auch Arbeitsplätze. China werden indirekt auch weitere Strafzölle angedroht.
Offiziell endet der Gipfel am Samstag. Nahtlos daran schließt in der Schweiz eine Ukraine-Friedenskonferenz an, an der auch Kanzler Scholz teilnehmen wird.