Mode, Handel

Bangladesch ist eines der wichtigsten Textil-Lieferländer für den europäischen Markt.

09.08.2024 - 06:00:38

Wird Mode teurer? Handel bangt wegen Bangladesch. Die politischen Unruhen in dem südasiatischen Land könnten sich für Händler und Hersteller noch negativ auswirken.

  • Eine Frau näht ein Kleidungsstück. - Foto: K M Asad/dpa/dpa-tmn

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  • Arbeiter sortieren in Narayanganj, Bangladesch, bunte Stapel von Stoffen, die zu Kleidungsstücken verarbeitet werden sollen. - Foto: Joy Saha/ZUMA Press Wire/dpa

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Eine Frau näht ein Kleidungsstück. - Foto: K M Asad/dpa/dpa-tmnArbeiter sortieren in Narayanganj, Bangladesch, bunte Stapel von Stoffen, die zu Kleidungsstücken verarbeitet werden sollen. - Foto: Joy Saha/ZUMA Press Wire/dpa

Die Modebranche in Deutschland schaut in diesen Tagen besorgt nach Bangladesch. In dem Land in Fernost gab es zuletzt gewaltsame Proteste. Die Regierung der inzwischen geflohenen Ex-Regierungschefin Sheikh Hasina ordnete daraufhin Ausgangssperren an und ließ Polizei und Militär aufmarschieren. Berichten zufolge kamen dabei mehr als 400 Menschen ums Leben. 

Bangladesch ist nach China das wichtigste Importland für Bekleidung für die Modebranche in Deutschland. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2023 Waren im Wert von insgesamt 7,1 Milliarden Euro nach Deutschland eingeführt. Was für Folgen hat die Krise in Bangladesch für Modehersteller und -händler?

Handel rechnet mit Auswirkungen

Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet spürbare Auswirkungen und womöglich sogar steigende Preise für Konsumenten. «Als wichtiger Produktionsstandort für die globale Modeindustrie können kurzfristige Fabrikschließungen und Produktionsunterbrechungen zu Engpässen führen», sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Deutschen Presse-Agentur. Für die Verbraucher könnte dies zu höheren Preisen und einer geringeren Verfügbarkeit von Modeartikeln führen.

Von der bangladeschischen Handelskammer heißt es, es habe zuletzt Plünderungen, Zerstörungen und Brandanschläge auf etliche Textilfabriken gegeben. Viele Betriebe seien die letzten paar Tage geschlossen geblieben – aus Angst vor neuen Angriffen angesichts der Abwesenheit von Ordnungskräften, wie der Präsident der Deutsch-Bangladeschischen Handelskammer, M Maksud, berichtet. Er befürchtet, dass ausländische Kunden möglicherweise weniger Aufträge nach Bangladesch vergeben könnten, wenn sich die Lage nicht beruhigt. Viele Fabrikbesitzer hoffen, dass mit der Übergangsregierung unter dem am Donnerstag vereidigten Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus schnell Normalität zurückkehrt.

Kik: «Wir beobachten die Lage in Bangladesch sehr genau»

Der Geschäftsführer des Handelsverbandes Textil Schuhe Lederwaren (BTE), Axel Augustin, meint: Sollte es zu längeren Produktionseinschränkungen kommen, seien Probleme bei einzelnen Marken und Händlern nicht auszuschließen. «Ich bezweifle allerdings, dass die Kunden das dann überhaupt bemerken, da gerade zu Saisonbeginn die Lager voll sind.» Bei passenden Temperaturen könne gegebenenfalls auch noch Sommerware angeboten werden.

Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie verzeichnet aktuell keine spürbaren Auffälligkeiten, die aus der Situation in Bangladesch resultieren. Bisher habe man keinerlei Rückmeldungen über Störungen der Lieferketten, sagte eine Sprecherin. Der Verband vertritt hauptsächlich mittelständische Textil- und Modeproduzenten.

Viele große Unternehmen wie Zara, Hennes & Mauritz (H&M) und Kik lassen in erheblichem Umfang Kleidungsstücke in Bangladesch produzieren. Ein Sprecher des Textildiscounters Kik sagte auf Nachfrage: «Wir beobachten die Lage in Bangladesch sehr genau.» Die oberste Priorität gelte in dieser angespannten Situation dem Wohl der Menschen vor Ort. Von Lieferanten in Bangladesch höre man, dass sich die Lage beruhigt habe und der Betrieb in den Fabriken wieder aufgenommen worden sei. 

Das Lieferantennetzwerk von Kik umfasst in Bangladesch nach Unternehmensangaben rund 100 Textilfabriken. Im Falle von Lieferausfällen werden man schnelle und unkomplizierte Lösungen finden, hieß es. Warenbestellungen würden demnach langfristig geplant, deshalb könnten Kunden sich darauf verlassen, das volle Sortiment in den Filialen vorzufinden. Die schwedische Modekette H&M teilte mit: «Nach neuesten Informationen werden die meisten Fabriken allmählich wieder geöffnet. Sicherheit hat weiterhin Priorität.»

Hugo Boss und Intersport wollen wieder mehr in Europa produzieren

Bangladesch gehört seit Jahren zu den wichtigsten Lieferländern von Bekleidung, zuletzt wurde das Land für die Modewelt und den Handel in Deutschland jedoch immer bedeutender, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Der Anteil Bangladeschs an den Importen stieg von 12 Prozent im Jahr 2013 auf zuletzt mehr als 20. 

In dem südasiatischen Land gibt es knapp 4000 Textilfabriken, die mehr als vier Millionen vorwiegend weibliche Arbeiterinnen beschäftigen. Das geht aus Zahlen der Vereinigung der Bekleidungshersteller und -exporteure in Bangladesch hervor. Pro Jahr erwirtschafte der Sektor demnach mehr als 46 Milliarden Dollar, das sind mehr als 80 Prozent des gesamten Exportvolumens des Landes. Die meisten Textilien werden in die USA und nach Europa geliefert.

Was macht die hiesige Modebranche, um die Abhängigkeit von einzelnen Standorten in Krisensituationen abzufedern? Um das Risiko von Lieferengpässen zu minimieren, haben sich Handel und Hersteller bei der Produktion nach eigenen Angaben immer stärker diversifiziert und auf mehrere verschiedene Lieferländer verteilt. Ziel sei es, die Versorgung sicherzustellen.

Mehrere Händler kündigten kürzlich an, ihre Produktion aus Asien weg verlagern zu wollen. Der Modekonzern Hugo Boss will wieder mehr in Europa und Amerika produzieren lassen. Das Verschicken der Ware von einem Kontinent zum anderen sei nicht mehr zeitgemäß, hieß es. Ein weiteres Motiv seien die geopolitischen Spannungen und als Folge daraus der Versuch, Abhängigkeiten zu verhindern. 

Auch der Sportartikel-Händlerverbund Intersport will seine Eigenmarken weniger in Fernost produzieren lassen, sondern vermehrt in Europa und auch in Nordafrika. Begründet wurde dies mit schnelleren Lieferungen und einer größeren Unabhängigkeit von Asien. Zudem wolle man die Produktion in Europa unterstützen. 

@ dpa.de