Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern erleben eine außergewöhnlich starke Sturmflut.
21.10.2023 - 11:33:07Millionenschäden nach Ostsee-Sturmflut erwartet. Die Schäden sind noch nicht zu beziffern, dürften aber hohe Millionenbeträge erreichen.
Eine schwere Sturmflut mit außergewöhnlich hohen Wasserständen hat an der Küste Schleswig-Holsteins Millionenschäden angerichtet. Zahlreiche Menschen mussten wegen Überschwemmungen ihre Häuser verlassen. An mehreren Stellen brachen Deiche oder wurden überspült. Mecklenburg-Vorpommern kam dagegen glimpflicher davon.
In Flensburg war der Wasserstand nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Nacht zum Samstag auf 2,27 Meter über dem Normalwert gestiegen. Teile des Hafengebiets waren überflutet. Es war ein Jahrhunderthochwasser für die Fördestadt. 1904 wurden dort 2,23 Meter gemessen.
Aus Sicherheitsgründen schalteten die Stadtwerke den Strom in den betroffenen Bereichen ab. Etwa 250 Kräfte waren im Einsatz. In Eckernförde hatte der Höchstwert bei etwa 2,1 Metern über Normal gelegen. Am Morgen sanken die Wasserstände mit dem Abflauen des Sturms überall deutlich.
Im Kreis Rendsburg-Eckernförde war am Freitagabend Katastrophenalarm ausgelöst worden. In der Altstadt von Eckernförde gab es freiwillige Evakuierungen, wie eine Sprecherin des Innenministeriums sagte. Ein Schulzentrum diente als Notquartier. Auch in weiteren Orten wie Brodersby und Arnis brachten Hilfskräfte Bewohner in Sicherheit.
Mehrere Deichbrüche an der Schlei
Im Kreis Schleswig-Flensburg sind in der Nacht zum Samstag an mindestens drei Stellen Deiche gebrochen - so etwa in der Schleistadt Arnis, die mit gerade einmal 300 Einwohnern als die kleinste Stadt Deutschlands gilt. Dort sind wesentliche Schäden an Infrastruktureinrichtungen zu verzeichnen, wie der Kreis Schleswig-Flensburg am Samstag mitteilte. In Arnis seien Anwohner in Sicherheit gebracht worden. Das Hochwasser führte dort auch zu Problemen bei der Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser.
In der Gegend von Maasholm, das ebenfalls an der Schlei liegt, brach bei Gut Oehe ein Deich. Hier wurden ebenfalls Anwohner evakuiert. Am Morgen war zu sehen, dass mehrere Segelboote im Hafen untergegangen waren. Ein entsetzter Besitzer sagte, nur das Heckteil seines Schiffes sei noch zu sehen. «Wir sind seit 20 Jahren hier, aber das hatten wir noch nie.» Ein dritter Deichbruch ereignete sich den Angaben zufolge in Weidefeld südlich des Olpenitzer Hafens.
Sturm und Hochwasser sind auch an Sassnitz auf Rügen nicht ohne Schäden vorbeigezogen. Das Hochwasser hat laut Angaben der Polizei die Bodenplatten der Strandpromenade beschädigt. Viele Platten wurden demnach durch die Überflutung angehoben und teilweise weggeschwemmt. Zudem liege Treibgut wie Äste auf der Promenade.
Autofahrerin wird von Baum erschlagen
Auf der Ostseeinsel Fehmarn war es am Freitagnachmittag zu einem tödlichen Unglück im Sturm gekommen. Eine 33 Jahre alte Frau wurde in ihrem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen.
Die Feuerwehr Rostock verzeichnete 19 Einsätze in Sturm und Hochwasser. Bereits am Freitagmorgen sicherten die Einsatzkräfte ein sinkendes Schiff im Stadthafen. Neben umgestürzten Bäumen und herabgefallenen Ästen gab es Verkehrsunfälle. In Rostock erreichte der Pegelstand in der Nacht knapp 1,50 Meter über dem Normalwert.
Der Bahnverkehr, der am Freitagabend auf mehreren Regionalstrecken in Schleswig-Holstein eingestellt worden war, lief am Samstag wieder an. Einschränkungen gab es noch beim Schiffsverkehr zu den Nordseeinseln und -halligen. Der Sturm hatte das Wasser aus dem Wattenmeer gedrängt und für extremes Niedrigwasser gesorgt.
Der Fährverkehr zwischen Deutschland und Dänemark lief am Samstag wieder an. Wie die Reederei Scandlines mitteilte, fuhren auf der Strecke Puttgarden-Rødby seit dem frühen Morgen wieder Schiffe. Der Fährbetriebe auf der Linie Rostock-Gedser sollte ab 11.15 Uhr wieder aufgenommen werden.
Erst wenn das Wasser abgelaufen ist, können Experten damit beginnen, Schäden zu erfassen. Neben Deichen und Hochwasserschutzanlagen sind auch Hafenanlagen, Uferbefestigungen und Gebäude betroffen. Hohe Kosten verursachen Sturmfluten an Stränden, wenn diese zum Teil ins Meer gerissen und später wieder aufgefüllt werden müssen. Der Leiter des Stabes Katastrophenschutz im Innenministerium Schleswig-Holsteins sprach in der Nacht von Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.