Randalierer liefern sich erneut in etlichen französischen Städten Auseinandersetzungen mit Beamten.
30.06.2023 - 04:33:40Frankreich: Erneut Krawalle nach Tod eines Jugendlichen. 249 Polizisten werden verletzt, 667 Personen werden fesgenommen. Macron beruft Krisensitzung ein.
Ausgebrannte Autos, fliegende Feuerwerkskörper und Tausende Sicherheitskräfte in voller Montur: In der dritten Nacht in Folge hat es in Frankreich nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle Krawalle im Großraum Paris und weiteren Städten gegeben.
Präsident Emmanuel Macron hat ein Krisentreffen einberufen. Der interministerielle Krisenstab solle heute um 13.00 Uhr zu einer Sitzung zusammenkommen, teilte der Élyséepalast mit.
Premierministerin Élisabeth Borne schloss die Ausrufung des Notstands nicht aus. «Wir prüfen alle Hypothesen mit einem vorrangigen Ziel: die Rückkehr der republikanischen Ordnung im gesamten Gebiet», sagte Borne dem Fernsehsender BFMTV auf die Frage nach der Verhängung des Notstands.
40.000 Polizisten waren in der Nacht landesweit mobilisiert, um die Gewalt einzudämmen. 249 Polizisten sind verletzt worden. Dies teilte Innenminister Gérald Darmanin mit, wie der Sender BFMTV berichtete. Unter den verletzten Beamten befinden sich demnach keine Schwerverletzten.
1900 Autos ausgebrannt
Spezialkräfte und Hubschrauber kamen in etlichen Städten zum Einsatz, berichteten die Zeitung «Le Parisien» und der Sender BFMTV. Insgesamt gab es 667 Menschen Festnahmen. «Heute Nacht haben sich unsere Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute erneut mutig einer außerordentlichen Gewalt entgegengestellt», so Darmanin. Gemäß seiner Anweisungen hätten sie hart gegen Randalierer durchgegriffen.
Wie BFMTV unter Verweis auf Angaben des Zivilschutzes berichtete, sind seit Donnerstag rund 1900 Autos ausgebrannt. Außerdem wurde an rund 500 öffentlichen Gebäuden wie Polizeiwachen und Rathäusern Feuer gelegt. 9900 Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen. Alleine im Großraum Paris gingen 934 Autos in Flammen auf, berichtete die Zeitung «Le Parisien» unter Verweis auf die Präfektur. An 212 Gebäuden gab es demnach Brände. In Straßburg brannten nach Angaben der Präfektur 74 Autos aus.
Auch Spezialeinheiten der Polizei im Einsatz
In Lille, Lyon und in Bordeaux kamen Spezialeinheiten der Polizei zum Einsatz. In Grenoble wurde ein Bus mit Feuerwerkskörpern beschossen und die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe legten daraufhin die Arbeit nieder. Bilder aus dem Großraum Paris zeigten ausgebrannte Autos und Ausschreitungen. In Aubervilliers bei Paris brannten BFMTV zufolge unter anderem zwölf Busse des öffentlichen Nahverkehrs aus.
Auch in Belgiens Hauptstadt Brüssel kam es am Donnerstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Ordnungskräften. Sie hätten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Ordnungskräften geliefert und es habe mehrere Brände gegeben, teilte die Polizei mit.
Polizist bedauert Schuss auf Jugendlichen
Wie der Anwalt des inhaftierten Polizisten dem Sender BFMTV sagte, bedauere der Beamte den Schuss auf den Jugendlichen. Mit seinen ersten und seinen letzten Worten habe er sich bei dessen Familie entschuldigt. «Er ist am Boden zerstört, er steht nicht morgens auf, um Menschen zu töten. Er wollte nicht töten.» Die Mutter des erschossenen Jugendlichen sagte unterdessen dem Sender France 5: «Ich bin nicht auf die Polizei sauer, ich bin auf eine Person sauer: denjenigen, der meinem Sohn das Leben genommen hat.»
Im Anschluss an einen Trauermarsch für den erschossenen Jugendlichen in Nanterre mit 6000 Teilnehmern kam es dort am Donnerstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Die Beamten wurden mit Molotow-Cocktails beworfen, die Polizei überwachte die Lage mit Hubschraubern und zog Spezialkräfte zusammen, 19 Menschen wurden festgenommen. In Nanterre wurde zudem eine Bankfiliale in Brand gesetzt, wobei die Flammen auf ein darübergelegenes Wohngebäude übergriffen. Die Feuerwehr löschte den Brand, ohne dass Menschen zu Schaden kamen.
In der Hafenstadt Marseille gerieten in der Nacht Hunderte Protestierende mit der Polizei aneinander, Geschäfte wurden geplündert und 14 Menschen festgenommen.