Nach dem Zusammenstoß zweier Frachtschiffe in der Nordsee werden weiterhin vier Seeleute vermisst.
25.10.2023 - 09:05:39Suche nach vier vermissten Seeleuten eingestellt. Rettungskräfte suchten stundenlang nach ihnen. Nun wurde die Suche eingestellt.
Nach dem Zusammenstoß von zwei Frachtschiffen in der Nordsee bei Helgoland ist die Suche nach den vier vermissten Seeleuten eingestellt worden. Das sagte ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven am Mittwochmorgen.
Die Wetterbedingungen hätten sich in der Nacht leicht verschlechtert. Bei Regenschauern und Windstärke sechs waren die Wellen zwischen zwei und drei Metern hoch, wie der Sprecher sagte. Die Nordsee hat demnach an der Unglücksstelle eine Wassertemperatur von etwa zwölf Grad.
Nachdem einer der Frachter am Dienstagmorgen infolge des Zusammenstoßes gesunken war, konnten Rettungskräfte zwei Seeleute aus dem Wasser retten. Ein Seemann wurde tot geborgen. Vier Menschen der siebenköpfigen Besatzung des Frachters «Verity» gelten weiter als vermisst.
Vorerst kein Tauchgang geplant
Am späten Dienstagabend stellten die Rettungskräfte die Suche nach den Vermissten zunächst ein. Im Laufe des Mittwochvormittags solle entschieden werden, wie es mit der Suche weitergehen werde, hieß es am Abend. Am Mittwochmorgen teilte das Havariekommandos mit, dass die Suche nicht erneut aufgenommen werde.
Mehrere Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) und weitere Behördenschiffe hatten zuvor nach den Vermissten gesucht. Ein erneuter Tauchgang zu dem gesunkenen Frachter ist zunächst nicht geplant. Die Bedingungen würden dies derzeit nicht zulassen, hieß es vom Havariekommando.
Der Unfall der Frachter «Verity» und «Polesie» ereignete sich rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der ostfriesischen Insel Langeoog. Wie es dazu kam, ist weiterhin unklar. Der Unfallort ist eines der meistbefahrenen Seegebiete weltweit. Denn in der Deutschen Bucht verlaufen laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung.
Die unter der Flagge Großbritanniens fahrende 91 Meter lange «Verity» hatte laut dem Havariekommando sogenannte Stahl-Coils geladen, also Rollen aus großen Blechen. Das Schiff der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships war auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste.
Der andere Frachter, die mit 190 Metern Länge größere «Polesie», war unter der Flagge der Bahamas auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Spanien unterwegs. Der Frachter konnte aus eigener Kraft nach Cuxhaven fahren.
130 Kubikmeter Dieseltreibstoff
Der untergegangene Frachter «Verity» hatte rund 130 Kubikmeter Dieseltreibstoff an Bord. «Wir müssen davon ausgehen, dass Treibstoffe ausgetreten sind», sagte der Sprecher des Havariekommandos.
Kollisionen sind nach Angaben der Allianz die zweithäufigste Ursache von Schifffahrtsvorfällen in den vergangenen Jahren gewesen. Allein im vergangenen Jahr seien 280 Kollisionsunfälle mit größeren Schiffen gemeldet worden. Sie machten 2022 demnach etwa einen von zehn der weltweit über 3000 gemeldeten Schifffahrtsvorfälle aus und sorgten damit nach Maschinenschäden beziehungsweise -ausfällen am zweithäufigsten für solche Vorfälle.
Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre, auf 2013 bis Ende 2022, so wurden den Angaben nach fast 3100 Kollisionsereignisse mit Schiffen gemeldet. Auch in diesem längeren Zeitraum seien Kollisionen somit nach Maschinenschäden beziehungsweise -ausfällen die zweithäufigste Ursache für Schiffsunfälle weltweit gewesen.
Bundesstelle ermittelt
Inzwischen hat die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg mit Ermittlungen zur Unfallursache begonnen. Es handele sich um einen «sehr schweren Seeunfall» mit mindestens einem Todesopfer, sagte der Leiter der BSU, Ulf Kaspera, der Deutschen Presse-Agentur. Die Untersuchung werde zusammen mit den beiden Flaggenstaaten der Frachter - Bahamas und Großbritannien - geführt, wobei die zuständige Seeunfalluntersuchungsbehörde in Großbritannien, die Marine Accident Investigation Branch, die Leitung übernehme.
«Da finden in Kürze Abstimmungen statt, wer macht was», sagte Kaspera. Mit Untersuchungen habe man aber schon begonnen. Unter anderem seien etwa erste Verkehrsdaten gesichert worden. Zügig sollen auch die Besatzungsmitglieder der Frachter befragt werden - etwa die Crew der inzwischen in Cuxhaven liegenden «Polesie».