In Süddeutschland sind Nothelfer im Einsatz gegen das Hochwasser.
02.06.2024 - 12:14:37Habeck und Söder reisen ins Flutgebiet. Und es geht weiter: Der Sonntag bringt erneut die Gefahr von Überflutungen. In vielen Kommunen Bayerns gilt der Katastrophenfall.
Nach tagelangem Dauerregen sind angesichts übergelaufener Flüsse und Bäche in Süddeutschland Nothelfer im Einsatz. Zehn Kommunen in Bayern hatten den Katastrophenfall ausgerufen, da die Donau und mehrere ihrer Zuflüsse bedrohlich anschwollen.
Vizekanzler Robert Habeck macht sich heute gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Landesinnenminister Joachim Herrmann zunächst in Reichertshofen im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm ein Bild von der Lage. In dem Landkreis war in der Nacht ein Feuerwehrmann bei einer Rettungsaktion ums Leben gekommen.
«Auf dem Weg nach Pfaffenhofen erfahre ich von dem Tod eines Feuerwehrmannes. Es ist furchtbar. Er starb, als er Menschen vor dem Hochwasser retten wollte», sagte Habeck. «In Gedanken bin ich bei seinen Angehörigen, Freunden und Kollegen, ihnen viel Kraft.» Die Einsatzkräfte, ehrenamtliche wie hauptberufliche, riskierten in den Hochwassergebieten ihr Leben, um Menschen zu retten. «Dass sie diesen Mut, diese Einsatzbereitschaft aufbringen, ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein großes Zeichen, diese Verantwortung zu übernehmen.»
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Rettungskräften und Helfern in den Hochwassergebieten seinen Dank und Respekt ausgesprochen. «Der Tod eines Feuerwehrmanns in Pfaffenhofen macht mich betroffen», schrieb der SPD-Politiker zudem auf X. «Meine Gedanken sind bei seinen Angehörigen und Kolleginnen und Kollegen.»
Gemeinde am Bodensee teilweise überflutet
Teile der Gemeinde Meckenbeuren im Bodenseekreis stehen unter Wasser. Der Fluss Schussen sei in den Ortsteilen Kehlen und Brochenzell über das Ufer getreten und habe Straßen geflutet, sagte eine Gemeindesprecherin. Verletzte gebe es bisher nicht.
Rund 1300 Menschen wurden angehalten, ihre Häuser zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Es habe sich um eine Evakuierung auf freiwilliger Basis gehandelt. Manche Bewohner seien in ihren Häusern geblieben und halten sich in den oberen Geschossen auf, heißt es.
Der Pegelstand der Schussen sei am Abend auf mehr als 4,86 Meter gestiegen. Seitdem falle er langsam ab. Normalerweise sei die Schussen dort nur 45 Zentimeter tief.
Bundeswehr hilft im Kreis Dillingen
Seit dem Morgen hilft im bayerischen Landkreis Dillingen a.d.Donau die Bundeswehr im Kampf gegen das Hochwasser. Rund 70 Mann der Bundeswehr seien zur Unterstützung der Hilfskräfte im Landkreis im Einsatz, teilte das Landratsamt mit. 30 Mann unterstützten beim Befüllen von Sandsäcken in der Stadt Höchstädt, sie sollten anschließend in der Stadt Wertingen bei der Verbauung von Sandsäcken helfen. Weitere 40 Mann seien in Peterswörth, einem Gemeindeteil der Stadt Gundelfingen, mit dem Aufbau von Sandsäcken beschäftigt. Dort sei die Donau linksseitig in Flussrichtung über die Ufer getreten. Ein am Vortag errichteter Behelfsdamm sei gebrochen.
Neue Schauer werden erwartet
Vom Deutschen Wetterdienst (DWD) hieß es, von Norden her zögen neue Schauer und Gewitter auf, die vor allem am Nachmittag nochmals die Gefahr lokaler Überflutungen mit sich brächten. Die Schauer könnten kräftig ausfallen und zögen nur langsam. «Wenn das auf die gesättigten Böden trifft, dann hat man dort auch wieder schnell Überflutungen», sagte der Meteorologe.
Besonders gefährdet von den Schauern und Gewittern seien die Schwäbische Alb sowie Bereiche etwas nördlich davon sowie die Region um Augsburg, Nürnberg, Bamberg und Regensburg. Im Landkreis Augsburg wurden in der Nacht die Evakuierungsaufrufe mehrmals ausgeweitet. Betroffen waren vor allem Kommunen am Fluss Schmutter. In der Augsburger Messe wurde eine Notunterkunft eingerichtet.
Die Unwetter der vergangenen Tage haben mancherorts binnen 24 Stunden mehr Regen fallen lassen, als im Durchschnitt in einem Monat erwartet wird. In Kißlegg in Baden-Württemberg seien am Freitag 130 Liter auf den Quadratmeter an einem Tag gefallen, teilte der Deutsche Wetterdienst in Offenbach auf Anfrage mit. Im Schnitt würden dort in einem Monat 118 Liter erwartet. In Bad Wörishofen in Bayern seien es bei dem Starkregen 129 Liter binnen 24 Stunden gewesen, der Schnitt liege bei 101 Litern im Monat. Das seien im Schnitt in der Unwetterregion im Süden alles Monatswerte, was innerhalb eines Tages an Niederschlag gefallen sei.
ICE-Waggons entgleist
Nach dem Dauerregen der vergangenen Tage entgleisten im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd zwei Waggons eines ICE. Die 185 Passagiere blieben laut einem Bahnsprecher bei dem Unglück unverletzt und wurden aus dem Zug evakuiert. Der Zug war wegen des Hochwassers in Süddeutschland auf die Strecke umgeleitet worden, auf der sich das Unglück ereignete.
Generell sollten Bahnreisende wegen des Unwetters in Süddeutschland weiter mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Wie eine Bahnsprecherin sagte, sind mehrere Strecken betroffen. Nach einer Auflistung auf der Internetseite des Unternehmens kommt es zum Beispiel zu Ausfällen auf den Strecken München-Nürnberg-Berlin, Stuttgart-Mannheim-Frankfurt, München-Lindau-Bregenz-Zürich, Karlsruhe-Stuttgart-Crailsheim-Nürnberg und Augsburg-Kempten-Oberstdorf. Zwischen Stuttgart und München war nach Unternehmensangaben vom Morgen kein Fernverkehr möglich.
«Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab», teilte die Bahn mit. In den noch fahrenden Zügen kann es demnach sehr voll sein. Wer seine Reise aufgrund der Unwetterschäden verschieben möchte, könne seine Fahrkarte zu einem späteren Zeitpunkt nutzen, hieß es. Die Zugbindung sei aufgehoben.
Vollgelaufene Keller in Leipzig
In Thüringen und Sachsen sprechen die Rettungsleitstellen bislang jeweils von nur wenigen Einsätzen. In Colditz im Landkreis Leipzig hatte die Feuerwehr hingegen alle Hände voll zu tun: Dort seien am Abend Dutzende Keller vollgelaufen und Grundstücke überspült worden, sagte Stadtwehrleiter Steffen Schmidt. Zudem sei die Durchfahrt zu zwei Stadtteilen wegen der Regenmassen für einige Stunden gesperrt worden. Verletzt wurde aber nach ersten Angaben niemand. In den sächsischen Landkreisen Bautzen und Görlitz wurden gestern insgesamt 16 Unwettereinsätze registriert. Die Feuerwehr musste dabei vor allem Straßen vom Schlamm befreien. Größere Einsätze oder Schäden habe es nach Angaben der Polizeidirektionen Leipzig und Chemnitz ebenfalls nicht gegeben. In Hessen ist die Autobahn 7 zwischen Bad Hersfeld und Homberg Efze wegen Überschwemmungen für Stunden gesperrt worden.