Im Saarland fällt enorm viel Regen, Polizei und Feuerwehr sind im Dauereinsatz.
18.05.2024 - 01:37:56Erdrutsche und Überflutungen nach Dauerregen im Saarland. Das Ausmaß der Schäden wird wohl erst am Tag danach sichtbar. Kanzler Scholz wird heute im Hochwassergebiet erwartet.
Ein Bundesland im Ausnahmezustand: Nach Dauerregen und Hochwasser will sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag gemeinsam mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (beide SPD) im Saarland ein Bild von der Situation machen. Unterdessen dürften nach Tagesanbruch die großen Aufräumarbeiten anlaufen. Heftiger Dauerregen hatte in dem kleinen Bundesland im Westen Deutschlands am Freitag Überflutungen und Erdrutsche verursacht. Über Verletzte war zunächst nichts bekannt.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob am frühen Samstagmorgen alle Unwetterwarnungen in Deutschland auf. Somit lagen im Saarland und auch in Rheinland-Pfalz keine Warnungen vor «extrem ergiebigem Dauerregen» mehr vor, wie der DWD mitteilte.
Das genaue Ausmaß der Schäden dürfte wohl erst mit Tageslicht sichtbar werden. Am Freitag und auch noch in der Nacht zum Samstag kämpfte fast das ganze Bundesland mit den Wassermassen. Auf Videos waren zur Hälfte überschwemmte Autos, im Hochwasser feststeckende Wohnwagen und zahlreiche überflutete Straßen zu sehen. Gebäude wurden notdürftig mit Sandsäcken geschützt, teilweise stehen ganze Straßenzüge unter Wasser.
Auch in Rheinland-Pfalz sorgte der Regen für zahlreiche Einsätze. Vor allem der Kreis Trier-Saarburg sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken und Ludwigshafen waren von dem Dauerregen betroffen.
In der Altstadt des saarländischen Ottweiler musste in der Nacht zum Samstag vorsorglich der Strom abgeschaltet werden, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. «Wir haben hier eine Großschadenslage», sagte der Landrat des Landkreises Neunkirchen, Sören Meng, in einem Video auf Facebook. «Die Folgen für den Landkreis sind sehr groß. Es sind fast alle Städte und Gemeinden betroffen.» In Rußhütte, einem Stadtteil der Landeshauptstadt Saarbrücken, wurden die Menschen mit Amphibienfahrzeugen und Booten evakuiert. Ein Straßenzug sei hier besonders betroffen gewesen, sagte der Sprecher des Innenministeriums.
Schäden noch nicht absehbar aber teuer
In saarländischen Völklingen sind wegen des anhaltenden Regens Straßenzüge vom Stromnetz genommen worden. «In Völklingen werden Schäden in Millionenhöhe erwartet, insbesondere im privaten Bereich», hieß es. «Das Schadensausmaß ist nicht noch absehbar.»
Es handele sich um ein Hochwasserereignis, wie es alle 20 bis 50 Jahre stattfinde, teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz mit. An der Unteren Blies rechnete das Amt noch bis zum Samstagnachmittag mit weiter ansteigenden Wasserständen. Der DWD maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur nicht ausgerichtet, sagte eine DWD-Meteorologin am Freitagabend. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden - und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als normalerweise in dem Monat.
Die Landeshauptstadt Saarbrücken rief ebenso wie mehrere Kreise eine Großschadenslage aus. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten evakuiert werden. Die Stadt richtete Ausweichquartiere in Schulen und ein Bürgertelefon ein. «Wir haben überall Evakuierungen», sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken. «Es regnet überall, landesweit.»
Auch in Rheinland-Pfalz volle Keller und Straßen
Im benachbarten Rheinland-Pfalz waren am Freitag vor allem der Kreis Trier-Saarburg sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken und Ludwigshafen von dem Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Verletzt wurde zunächst niemand. Viele kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer.
In Schoden an der Saar im Kreis Trier-Saarburg sollten wegen Überflutungsgefahr rund 220 Menschen vorsorglich ihre Häuser verlassen, wie die Kreisverwaltung mitteilte. Der Wasserstand der Saar war zuvor wegen des Dauerregens so stark gestiegen, dass eine Überflutung des Uferdamms befürchtet wurde. Mit Sandsäcken wollten Helfer versuchen, den Damm zu stabilisieren. «An fast allen Orten entlang der Saar sind Straßen und Gebäude überspült, in vielen Gemeinden treten kleinere Gewässer über die Ufer», teilte die Kreisbehörde mit.
In Trassem im gleichen Kreis, wo ebenfalls evakuiert wurde, hätten sich mehrere Bewohner in ihren Häusern verschanzt, hieß es. «Es wird dringend davon abgeraten, sich etwaigen Evakuierungsaufforderungen der Einsatzkräfte zu widersetzen, dies kann lebensbedrohliche Folgen mit sich ziehen, die Pegel steigen weiterhin an», teilte der Kreis mit.
Wie geht es weiter?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dankte den Kräften von THW, Polizei und Feuerwehr auf X. «Großer Respekt und Dank an alle Einsatzkräfte für ihren unermüdlichen Einsatz, um Menschenleben zu schützen!», schrieb sie. Am Samstag beginnt dann nach einer unruhigen Nacht für viele Menschen in den betroffenen Regionen das Aufräumen.
Bereits in der Nacht zum Samstag sandte die Landesregierung eine Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger und leitete erste Schritte für finanzielle Hilfen ein. «Viele Saarländerinnen und Saarländer bangen um ihre vier Wände und ihr Hab und Gut oder haben bereits starke Schäden zu beklagen», teilte Ministerpräsidentin Rehlinger mit. «Damit keine Zeit verloren geht, hat die Landesregierung kurzfristig Beschlüsse gefasst, durch die Hilfe bereitsteht, um entstandene Schäden zu beheben.» Noch könne aber niemand konkrete Summen nennen.
In einer Schalte am späten Freitagabend habe der Ministerrat ein sogenanntes Elementarereignis von überörtlicher Bedeutung festgestellt. Damit können laut Staatskanzlei Hilfen des Landes fließen. Zudem könnten Kommunen wegen der außergewöhnlichen Notsituation von Regelungen des Haushaltsausgleichs abweichen. «Landesregierung und Kommunen stehen zusammen – wie das ganze Saarland», teilte Innenminister Reinhold Jost (SPD) mit.