Kultur, Dominik Graf

Filmregisseur Dominik Graf wertet die neue Political Correctness in der deutschen Kinobranche als Zensur

02.12.2020 - 15:09:29

Die Selbstverpflichtungserklärung der Ufa zur Thematisierung von Diversität in deutschen Filmen, trifft bei Filmschaffenden auf Kritik.

Die Selbstverpflichtung der Filmproduktionsfirma Ufa zu einer Präsenz von diversen Lebenskonzepten, geht an der Problematik des Films als Kunstform vorbei, befindet Dominik Graf, Fernseh- und Filmregisseur in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“. Die Ufa möchte das Thema der Diversität stärker in ihren Filmproduktionen repräsentieren. Dabei sollen Lebensentwürfe von Frauen, People of Colour, Menschen mit Beeinträchtigung und diverser sexueller Orientierungen in den Filmen nach ihrer demografischen Verteilung dargestellt werden. Diese Verpflichtung ist für mich im Zusammenhang mit einem gesellschaftlichen Alibi zu verstehen, kritisiert Graf das Vorgehen des Ufa-Managements.
Der Film muss als Kunstform definiert werden, der sich inhaltlich nicht an gesellschaftlich gewollten Proporzen ausrichten darf. Graf befürwortet zwar die beabsichtigte breitere thematische Aufstellung des Films, befürchtet allerdings durch statistische Argumentation eher das Gegenteil. Die sprachliche Gestaltung und die Argumentation der Selbstverpflichtung sind diskussionsbedürftig. Es sieht aus, als ob das Management sich in einem Akt des vorauseilenden Gehorsams gegenüber potenziellen Vorwürfen absichern will. Dabei hat die deutsche Filmbranche kein Diversitätsproblem, sondern ein Qualitätsproblem. Die überwiegende Anzahl der deutschen Produktionen hat kein Gender- oder Minderheitenproblem, sondern ist filmischer Schwachsinn, konstatiert der Regisseur. Da hilft auch keine ideologische Aufladung der Produktionsfirma.
Die konkrete Frage nach dem Verhältnis von gesellschaftlicher Realität und dem Medium Film, ist für Graf die falsche Herangehensweise an das Problem. Jede thematische Festlegung ist eine künstlerische Sackgasse. Es ist ein hartes Wort, aber dieser Ansatz der Lösung gesellschaftlicher Probleme erinnert an Zensur. Ich halte weder etwas von einer thematischen Beschränkung, noch von einem idealisierten Blick auf die Welt, der nur zulässt, was gesellschaftlich gewollt ist. Das Böse, Diskriminierung und Gewalt sind Realitäten, die wir nicht leugnen dürfen. Eine Abbildung der Welt, so wie sie sein sollte, ist nicht das Sujet des Films. Die Selbstverpflichtung läuft auf eine Leugnung der gesellschaftlichen Realität hinaus und damit auf das Gegenteil dessen, was ich unter Film verstehe, warnt Graf. Das Verbot einer „herabwürdigenden“ Darstellung von Gewaltopfern zum Beispiel, würde die Darstellung von gesellschaftlicher und individueller Gewalt an sich verhindern. Denn Gewalt lebt von der Herabwürdigung des Anderen. Aber der Verzicht auf Gewaltdarstellungen hat nicht das Ende von Gewalt zum Ergebnis, sondern macht den Prozess der Bewusstwerdung unmöglich. Der Film ist ein aufklärerisches Medium und keine Märchenstunde, so Graf in der „Zeit“.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, NeoMatrix

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