Frauen, Männer

Die Debatte ums Oben-ohne-Baden für alle wird kontrovers geführt.

23.07.2023 - 04:51:50

Oben ohne in Freibädern: Meinungen gehen weiter auseinander. Ausgerechnet bei Frauen scheint die laufende Diskussion die Ablehnung eher zu vergrößern, wie eine Yougov-Umfrage zeigt.

Schwimmengehen mit unbedecktem Busen - das ist für die einen die pure Freiheit. Für andere ist es ein leidiges Thema: Rund 44 Prozent der Frauen in Deutschland lehnen es ab, wenn Bäder «nackte weibliche Oberkörper zu bestimmten Zeiten» erlauben, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Demnach ist bei Frauen die Ablehnung freierer Regeln in Schwimmbädern innerhalb von zwölf Monaten eher noch gewachsen (2022: 37 Prozent).

Bei den Männern ist es laut dieser Befragung weiterhin etwa jeder Fünfte (19 Prozent), der es ungut findet (die Antworten «eher nicht gut» und «gar nicht gut» wurden zusammengezählt). Unter allen Erwachsenen sind etwa 31 Prozent dagegen (Vorjahr etwa 28 Prozent). Auf der anderen Seite antworteten 36 Prozent, dass sie die neuen Oben-Ohne-Regeln «sehr gut» oder «eher gut» finden (Vorjahr 37 Prozent).

Deutlich stieg die Ablehnungsquote in der Gruppe der über 55-Jährigen - von 30 Prozent (2022) auf 37 Prozent (2023). Seit als erstes die Stadt Göttingen 2022 an Wochenenden auch Frauen das Baden im Schwimmbad oben ohne erlaubte, bekommt das Thema viel Aufmerksamkeit. Mehrere Bäder vor allem in Großstädten zogen nach.

Vor allem Männer finden weibliches Oben-ohne-Baden gut

An vielen Orten war Baden mit nacktem Busen theoretisch schon immer möglich, aber selten Praxis. Auch wenn viele dachten, dass Frauen oben ohne längst kein Aufreger mehr seien, zeigt das Thema Spaltungspotenzial.

In erster Linie finden Männer die möglicherweise häufigere Aussicht auf entblößte Busen gut. Auf die Frage «Erste Bäder erlauben nackte weibliche Oberkörper zu bestimmten Zeiten - wie finden Sie das?» antworteten 2022 rund 46 Prozent der männlichen Befragten mit «sehr gut» oder «eher gut», 2023 sogar 49 Prozent (Frauen: 25 Prozent).

Psychologin: «Weibliche Brust ein anderes sexuelles Zeichen»

Die Psychologin Ada Borkenhagen, die derzeit am Buch «Bin ich schön genug? Schönheitswahn und Body Modification» arbeitet, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass sie einerseits selbstverständlich Frauen die Freiheit über den eigenen Körper zuspreche, andererseits nackte Brüste in öffentlichen Bädern auch kritisch sehe.

«In unserer Gesellschaft ist die weibliche Brust nach wie vor ein anderes sexuelles Zeichen als die Männerbrust. Das kann man nicht von heute auf morgen verändern, wenn einfach so getan wird, dass das doch dasselbe sei», sagte die Professorin von der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Uni Magdeburg.

Forderungen nach einer «Nippelfreiheit für alle» passten zum Trend, alle Geschlechtsunterschiede einebnen zu wollen. «Beim Oben-ohne-Baden könnten jedoch vor allem junge Mädchen unter Druck geraten, ihre Brust zeigen zu sollen, auch wenn sie das vielleicht eigentlich doch nicht wollen.» Der alte Nacktbadeansatz sei sinnvoller, wenn also in einem FKK-Bereich ein grundsätzliches Kleidungsverbot herrsche und alle gleich behandelt würden.

Am FKK-Strand oder in den gemischten Saunen Deutschlands gebe es vor lauter Nacktheit sowieso meist eine Kultur des Drüberhinwegschauens, sagt die Psychologin. «Da existiert ein echter Gleichheitsgrundsatz, der die verschiedenen Aufmerksamkeitszeichen der Geschlechter offenlegt - bei Frauen eher obenrum, bei Männern untenrum.»

@ dpa.de