Der mächtige Ahornbaum fiel plötzlich um - auf die Wippe eines Spielplatzes.
25.09.2023 - 14:09:18Ahornbaum erschlägt Kind: Gutachterstreit über Verantwortung. Ein Kleinkind starb.
Im Prozess um einen tödlichen Baumsturz auf einem Kinderspielplatz haben drei Gutachter die Verantwortung des angeklagten städtischen Baumkontrolleurs unterschiedlich bewertet. Im Juli 2021 war ein 23 Meter hoher Ahornbaum auf dem Spielplatz in Augsburg umgestürzt und hatte eine Wippe getroffen, auf der gerade eine Mutter mit ihrer 20 Monate alten Tochter spielte.
Beide wurden schwer verletzt, das Mädchen starb später in der Augsburger Uniklinik. Eine ältere Tochter der Frau spielte etwas entfernt und blieb körperlich unversehrt.
Der für den Spielplatz zuständige 58-jährige Baumkontrolleur muss sich nun wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung vor dem Augsburger Amtsgericht verantworten. Er hatte den deutlich schräg wachsenden Baum zuletzt 14 Monate vor dem Unglück untersucht. Den Pilzbefall und die damit einhergehende innere Fäule des Baumes, die zu dem Sturz führte, hatte er nicht erkannt.
Unterschiedliche Gutachter-Perspektiven
Drei Gutachter wurden deswegen von dem Gericht gehört. Sie sollten die Verantwortung des Kontrolleurs einschätzen. Ein Sachverständiger warf dem 58-Jährigen vor, dass er eine weitergehende technische Untersuchung des Ahorns hätte veranlassen müssen, um der Sicherheit des Baumes auf den Grund zu gehen. Die beiden anderen Gutachter widersprachen. Die vom Baumkontrolleur vorgenommene Routineüberprüfung sei ausreichend gewesen und entspreche den Vorgaben. «Ich hätte den auch nicht großartig eingehend untersucht», sagte einer der Sachverständigen über den Baum.
Der Verteidiger des Kontrolleurs hatte zu Beginn erklärt, dass sein Mandant das Problem nicht habe sehen können. Der Schrägstand des Baumes sei seit Jahren unverändert gewesen. Der Ahorn habe keine Einschränkungen bei der Vitalität gezeigt, sagte der Anwalt. Der Pilzbefall sei äußerlich nicht sichtbar gewesen.
Ein Sachverständiger meinte, dass dennoch die vorhandenen Anzeichen wie eine auffällige Wurzelbildung bei der Kontrolle im Mai 2020 Anlass für eine genauere Untersuchung des Baumes hätten sein müssen. Dem widersprach der zweite Gutachter: Ein Kontrolleur müsse eine Gefahrenabschätzung machen. Aber es bleibe letztlich immer ein Restrisiko, dass es doch einmal zu einem tragischen Unglück komme. Er sagte, Städte müssten sonst Tausende Bäume immer mit großem Aufwand untersuchen. Dafür hätten die Kommunen überhaupt kein Personal.
Das Amtsgericht wollte ursprünglich noch am Montag das Urteil verkünden. Ob es dazu kommt, ist zunächst aber noch unklar.
Erst vor einer Woche war es auch in Würzburg zu einem tödlichen Baumsturz gekommen. Eine 59 Jahre alte Radfahrerin war von einer Buche getroffen worden und starb ebenfalls im Krankenhaus. Auch dort wird nun ermittelt. Dass Bäume unvorhergesehen umfallen, kommt in den Städten immer wieder vor. In den meisten Fällen führen allerdings Unwetter zu Baumstürzen.