Lebensversicherung: Altverträge noch immer renditestark
26.02.2014 - 15:44:17Die Lebensversicherung ist seit Wochen ein Dauergast in den Medien. Mit dem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat die Diskussion um die Rentabilität des Produktes noch einmal neue Nahrung erhalten, die eine Welle der Kündigungen nach sich ziehen könnte. Gerade bei Altverträgen ist hier aber Vorsicht geboten, denn langjährige Bestandskunden halten oft ein renditestarkes Produkt in Händen.
Es lässt sich nicht von der Hand weisen: Die Kapitallebensversicherung hat ein ernst zu nehmendes Rentabilitätsproblem. Was sich vor einigen Jahren noch als ein ertragreiches Modell der Altersvorsorge darstellte, ist heute dem Wertverfall anheimgegeben. Mit einem Produkt, das einem stetig sinkenden Garantiezins verhaftet ist, kann heute eben nur schwer eine einträgliche Rendite erzielt werden. Von 1,75 auf 1,25 Prozent sinkt der Referenzzins erneut, wie die Deutsche Aktuarvereinigung nach langen Verhandlungen und verschiedenen Rechenmodellen entschieden hat. Dies bedeutet empfindliche Einbußen für alle Renditen, die aus neu abgeschlossenen Versicherungen erwartet werden können.
Für Bestandskunden stellt sich die Situation allerdings deutlich anders dar, denn sie dürfen sich meist aufgrund langjähriger Beitragszahlungen noch immer über starke Renditen freuen. Altverträge, die bei großen Unternehmen abgeschlossen wurden, liegen noch immer deutlich über dem neu festgesetzten Garantiezins. So verzinst CosmosDirekt Lebensversicherung noch immer mit 3,65 Prozent, die Allianz Lebensversicherung mit 3,6 Prozent und die Aachen Münchener mit 3,5 Prozent. Auch der Garantiezins liegt bei langjährigen Verträgen meist noch bei bis zu 4 Prozent und wer schon lange in eine Lebensversicherung einbezahlt, hat außerdem Beitragsjahre abgeschöpft, in denen einen Überschussbeteiligung von 6 Prozent oder mehr eingerechnet wurde. Hinzu kommen je nach Police Vorteile wie die Steuerfreiheit bei Kapitalerträgen, die auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt nicht verfallen. Für Neuverträge war dieser steuerliche Vorteil bereits im Jahr 2005 abgeschafft worden. Bei aller Kritik, der insbesondere die Kapitallebensversicherung derzeit ausgesetzt ist, können sich Altverträge also unter Umständen als äußerst sinnvolle Investition erweisen.
Altverträge halten und Kosten reduzieren
Wer seine Versicherung zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen hat, kann unter Umständen nach neuem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und den Vertrag rückwirkend auflösen. Gerade bei Verträgen, die vor 2005 abgeschlossen wurden und die damit der Steuerbefreiung der Kapitalerträge unterliegen, ist dies aber nicht immer ratsam. Es kann hier viel lohnender sein, die Kosten für den bestehenden Vertrag zu reduzieren, die Police aber bis zum Ende der Laufzeit fortzuführen, um die hohen Renditen aus den Anfangsjahren abzuschöpfen, wie zum Beispiel die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät.
Es ist zum Beispiel möglich, Zusatzklauseln wie die Kombination mit einem Baustein zur Berufsunfähigkeitsabsicherung oder einer Unfall- oder Sterbeversicherung zu kündigen. Der Grundbaustein der Lebensversicherung bleibt hiervon in der Regel unberührt. Auch kann die Versicherung nach einer gewissen Laufzeit beitragsfrei gestellt werden, das bedeutet, dass die Beitragszahlung für einen festgelegten Zeitraum ruht und anschließend wieder aufgenommen werden kann. Die garantierte Leistung bei Vertragsablauf verringert sich dadurch zwar, doch der Altvertrag kann kostengünstig fortgeführt werden, um sämtliche Vorteile aus den frühen Vertragsjahren einzustreichen. Bei einer Prämienstundung wird die Beitragszahlung ebenfalls für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt, allerdings müssen die gestundeten Beiträge inklusive Zinsen nachgezahlt werden, sobald die Zahlung wieder aufgenommen wird. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass die Kosten für die Versicherung zeitweise reduziert werden können, ohne dass sich der Leistungsumfang zum Zuteilungszeitpunkt verringert. Ein explizites Recht auf die Aussetzung der fälligen Beiträge hat der Versicherte normalerweise allerdings nicht. Je nach Vertragsbedingungen und Begleitumständen kann der Versicherer den Antrag auf Beitragsfreistellung oder Prämienstundung der Police verzögern oder sogar vollständig ablehnen. Trotzdem lohnt es sich meist, an Altverträgen festzuhalten, wie auch Stiftung Warentest in verschiedenen Studien bestätigt hat.
Stiftung Warentest rät: Nicht zur vorzeitigen Kündigung überreden lassen
Altverträge in Sachen Lebensversicherung sind für Versicherungsnehmer offenkundig trotz der sich fortsetzenden Krise auf dem Versicherungsmarkt nach wie vor rentabel. Für Versicherer bedeuten die hohen Renditen, die mit diesen Bestandsverträgen einhergehen, hohe Kosten, die sich aufgrund der aktuellen Renditen für festverzinsliche Wertpapiere nur schwer erwirtschaften lassen. Einige Versicherungsunternehmen gehen deshalb inzwischen dazu über, ihre Bestandskunden zur Auflösung des bestehenden Vertrages zu bewegen. Auf keinen Fall vorschnell zugreifen, rät Stiftung Warentest. Der Rückkaufswert, den Versicherer ihren Kunden im Zuge einer Kündigung anbieten können, ist meist nicht hoch und wird durch Abschlusskosten, Stornogebühren und sonstige Verwaltungskosten noch einmal drastisch reduziert. Zwar hat der Bundesgerichtshof hier in der Vergangenheit durch verschiedene Urteile für eine kundenfreundlichere Abwicklung gesorgt, doch steht der Ertrag, den die Kündigung einer Lebensversicherung bringt, meist noch immer in keinem Verhältnis zu den eingezahlten Beiträgen. Gerade im Hinblick auf eine Lebensversicherung, die bereits lange besteht, rät die Stiftung deshalb dringend zu Durchhaltevermögen und einer gesunden Abwehrhaltung gegenüber Versicherungsunternehmen, die eine Kündigung empfehlen.
Die Lebensversicherung befindet sich aufgrund sinkender Renditen derzeit in einer Krise. Gerade Bestandskunden sei aber dennoch von einer Kündigung des Vertrags abzuraten, wie Stiftung Warentest und Experten der Versicherungsbranche informieren. Altverträge, in die bereits seit Jahren einbezahlt wurde, überzeugen meist noch immer mit lohnenden Renditen und sollten bis zum Vertragsende ausgeschöpft werden.