News, Reiner Haseloff

Grünen-Vorwurf: Ministerpräsident Haseloff spaltet in Corona-Krise Ost und West

02.04.2020 - 14:27:11

Grünen-Bundesgeschäftsführer kritisiert Äußerungen des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt zum Verhalten der Ostdeutschen in der Corona-Krise.

Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hatte in der Zeitung „Die Welt“ kürzlich gesagt, dass es in den östlichen Bundesländern im Vergleich zum Westen eine geringere Anzahl von Verstößen gegen die derzeitigen Kontaktbeschränkungen gebe. Auf dem Gebiet der früheren DDR würden staatliche Autoritäten offenbar immer noch stärker respektiert als auf dem Boden der alten westdeutschen Bundesrepublik. Im Westen seien die bürgerlichen Individualrechte stets besonders betont und im Alltagsleben auch in starken Maß gelebt worden.

In der aktuellen Krisenlage allerdings, sagte Haseloff, zielten die Freiheitsbeschränkungen ja auf das Ziel der Erhaltung des Lebens von Menschen. In den östlichen Bundesländern sei diese Botschaft verstanden worden, da sie mit Vernunft nachzuvollziehen sei. Ohnehin seien ältere ostdeutsche Bürger hinsichtlich von Ausnahmesituationen „sturmerprobt“. Auch die Fähigkeiten zur Improvisation seien bei den Menschen in Ostdeutschland stärker existent als in westlichen Bundesländern. Im Osten verfüge man über Erfahrung beim Überstehen schwieriger Phasen. Die Bürger im Osten hätten schon zahlreiche Aufs und Abs erlebt und etliche Krisen erfolgreich überstanden.

Michael Kellner, der aus dem thüringischen Gera stammende Politische Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen kritisiert diese Äußerungen des ostdeutschen Ministerpräsidenten in den Freitagsausgaben der dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ angeschlossenen Zeitungen mit der Aussage, das die Bekämpfung der Corona-Epidemie „keine Frage von Ost und West“ darstelle. Zum Einsturz der Mauer zwischen den damaligen deutschen Staaten habe nicht ein Gehorsam vor Autoritäten, sondern der im Osten vorherrschende Freiheitsdrang geführt.

Der Grünen-Bundesgeschäftsführer ermahnte den CDU-Ministerpäsidenten, dass es in der augenblicklichen Ausnahmesituation darum gehe, den Corona-Virus in Geschlossenheit und über die Grenzen von Ländern hinweg einzudämmen und eben nicht „alte Mauern in den Köpfen“ wiederzuerrichten. Dies gelte sowohl auf europäischer Ebene als auch innerhalb Deutschlands.

Der sächsische CDU-Politiker Marco Wanderwitz, seit Februar 2020 Ostbeauftragter der Bundesregierung erklärte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, dass auch eine freiheitliche Demokratie darauf angewiesen sein, dass ihre staatlichen Autoritäten Anerkennung fänden. Dies sei sehr wohl von großer Bedeutung. Jedoch handele es sich bei diesem Anerkennungserfordernis um etwas vollkommen anderes als der Gehorsam, der Staatsbürgern durch ein totalitäres Regime - wie beispielsweise in der damaligen DDR - abverlangt werde. Was seinerzeit Gehorsam war, so Wanderwitz, sei heute Vernunft. Diese auf Vernunft basierende Einsicht herzustellen, sei schwieriger, aber notwendig. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung warnte vor einer unreflektierten Weitergabe von Parallelen zur DDR an jüngere Menschen.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, A. Camus

@ ad-hoc-news.de