Buschmann, Kampf

Wie kann man das Bundesverfassungsgericht vor dem Zugriff autoritärer Kräfte schützen? Der Bundestag berät über die Pläne von Ampel und Union.

10.10.2024 - 01:00:35

Buschmann: Kampf gegen Extremismus ist politische Aufgabe. Der Justizminister warnt vor übertriebenen Hoffnungen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann betrachtet die Abwehr von Extremisten in erster Linie als politische Aufgabe. In einem Interview der Funke Mediengruppe warnt der FDP-Politiker kurz vor der Bundestagsberatung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts davor, zu große Hoffnungen auf gesetzliche Regelungen zu setzen.

«Es wäre naiv zu glauben, man könnte durch zusätzliche Regeln dafür sorgen, dass das Land ohne Schaden bliebe, sollten eines Tages Extremisten die Mehrheit in den Parlamenten übernehmen», sagte Buschmann. Man könne negative Effekte verzögern und abschwächen. «Aber ganz verhindern können sie auch die klügste Verfassung und das klügste Gesetz nicht.»

Deshalb sei es die wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es stets eine breite Mehrheit seriöser Demokraten gebe. «Wenn extremistische Parteien bei uns wachsenden Zulauf haben, dann müssen wir uns als Politiker fragen, was wir besser machen können», sagte der Justizminister. Diese Aufgabe könne das Recht der Politik nicht abnehmen.

Bundesverfassungsgericht soll im Grundgesetz geschützt werden 

Der Bundestag berät heute erstmals über einen gemeinsamen Vorschlag der Ampel-Fraktionen und der Union für einen besseren Schutz der Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts. Hinter dem Vorhaben steht die Sorge vor möglichen Beeinflussungsversuchen durch extreme Parteien.

Um dies zu verhindern, sollen zentrale Vorgaben zur Struktur des höchsten deutschen Gerichts im Grundgesetz verankert werden. Bisher sind Änderungen, die theoretisch das Risiko einer Blockade oder politischen Instrumentalisierung des Karlsruher Gerichts bergen, mit einer einfachen Mehrheit möglich. Für eine Änderung oder Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes ist dagegen immer eine Zweidrittelmehrheit im Bundestages und im Bundesrat erforderlich.

Unions-Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) betonte im ARD-«Morgenmagazin», dass man mit Ergänzungen im Grundgesetz vorsichtig umgehen sollte. Der Union sei «ein schlankes Grundgesetz» wichtig. Die erzielte Einigung mit der Ampel komme dem Ziel nach, das Grundgesetz weiterhin schlank zu halten, aber auch dem Wunsch des Bundesverfassungsgerichts und der Juristen, Schutz zu gewähren.

Auch Buschmann hob im ARD-«Morgenmagazin» hervor, dass er «ein großer Befürworter dieser Änderung» sei. «Wir haben in Polen, in Ungarn gesehen, welche Taktiken es gibt, Verfassungsgerichte lahmzulegen, zu beschädigen, in ihrer Unabhängigkeit einzuschränken.» Diese Lernerfahrung wolle man nun nutzen, um das Bundesverfassungsgericht besser zu schützen.

Richterbund fordert auch Länder zum Handeln auf 

Der Deutsche Richterbund fordert die Länder auf, auch ihre Gesetze zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaat nachzuschärfen. «Auch die Bundesländer sollten ihre Landesverfassungen und Justizgesetze jetzt dringend auf mögliche Schwachstellen überprüfen», sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten».

Nur mit einer unabhängigen Justiz könne es gelingen, die Spielregeln der Demokratie und des Rechtsstaates wirksam durchzusetzen und zu verteidigen. «Das haben der AfD-Eklat im Thüringer Landtag und das Eingreifen des Landesverfassungsgerichts nochmals sehr deutlich gezeigt», so Rebehn.

Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Es bestimmt Zuständigkeiten und Grenzen für das Handeln des Staates. Besondere Bedeutung hat es für die Durchsetzung der Grundrechte. Wo Autokraten Macht erhielten, «nehmen sie sich als Erstes die unabhängige Justiz vor», warnte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic.

@ dpa.de