Seit gut drei Wochen gehen überall in Deutschland Zehntausende Menschen gegen rechts und gegen die AfD auf die Straße.
03.02.2024 - 14:59:06Polizei: Mehr als 150.000 bei Demo gegen rechts in Berlin. In Berlin ist es am Samstag bei einer Kundgebung erneut sehr voll.
Trotz Sprühregens haben sich deutlich mehr als die angekündigten 100.000 Menschen in Berlin zu einer Demonstration gegen die AfD und gegen rechts versammelt. Mehr als 150.000 Menschen seien aktuell vor Ort, schrieb die Polizei am Samstagnachmittag auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Veranstalter sprachen von rund 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Alle vorgesehenen Zusatzflächen in der Umgebung wurden laut Polizei freigegeben.
Angemeldet waren 100.000 Menschen. Geplant war eine Menschenkette unter dem Motto «Wir sind die Brandmauer». Hinter der Aktion gegen Hass und für Toleranz steht ein Bündnis namens Hand in Hand mit mehr als 1300 Organisationen. «Wir wollen ein Zeichen setzen für Solidarität und dass wir gegen Diskriminierung sind. Und dass wir es schön finden, wenn weiterhin eine Gesellschaft mit Vielfalt statt Einfalt in Deutschland existiert», sagte der 36-jährige Serkan Bingöl, Berliner mit deutschem Pass und Gymnasiallehrer, der mit einer Gruppe Geflüchteter gekommen war.
Seit gut drei Wochen gehen überall in Deutschland immer wieder Zehntausende Menschen gegen rechts auf die Straße. Auslöser der Proteste war ein Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten.
Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über «Remigration» gesprochen hat. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner in Potsdam drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und «nicht assimilierte Staatsbürger».
30.000 bei Demo in Freiburg
Rund 30.000 Menschen haben sich nach Polizeiangaben in Freiburg versammelt, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren. Zur größten Veranstaltung im Land hatten mehr als 300 Organisationen, darunter der Fußball-Bundesligist SC Freiburg, Gewerkschaften und Kirchen aufgerufen. Greta Waltenberg aus dem Organisationsteam der Demonstration sprach von mehr als 35.000 Teilnehmern.
Nach einer Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge setzte sich der Demonstrationszug durch die Freiburger Innenstadt in Bewegung. Ähnliche Proteste wurden auch anderenorts angemeldet - so in Lahr, Lörrach, Wiesloch und Aalen.
Zu den Demos brachten die Teilnehmer etwa Transparente mit Aufschriften wie «Menschenrechte statt Rechte» und «Deutschland bleibt bunt» mit. Auch Bauern mit Traktoren beteiligten sich an der Aktion.
Tausende demonstrieren in Niedersachsen
Bei Kundgebungen gegen Extremismus sind am Samstag in Niedersachsen erneut Tausende von Menschen auf die Straßen gegangen. In Hannover bildeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Menschenkette um den Landtag. Die Veranstalter, das Bündnis «Bunt statt braun», sprachen von 10.000 Menschen; die Polizei zählte 7000 Teilnehmer in der Innenstadt der Landeshauptstadt.
In Georgsmarienhütte bei Osnabrück versammelten sich laut Polizei rund 2500 Menschen vor dem Rathaus. In Wolfenbüttel nahmen der Polizei zufolge 2400 Menschen an einer Kundgebung teil, in Brake zählte die Polizei etwa 800.
In einer Rede in Hannover bekundete die dortige Schauspiel-Intendantin Sonja Anders Solidarität besonders mit den Menschen, die Angst hätten und sich nicht unbesorgt auf die Straße trauen würden. «Ich wünsche mir, dass diese Brandmauer, die wir heute gemeinsam bilden, symbolisch diese Menschen schützt. Denn nur dann schützt sie unsere Demokratie in ihren Grundfesten.» Sie rief dazu auf, gegen Hass und Gewalt in Debatten im Freundeskreis, auf der Straße oder auf der Arbeit zu reagieren. «Wir müssen Verantwortung für unser Land und unsere Gesellschaft, für die Menschen hier, übernehmen.»