Seit dem Morgen können die Hessen über die Zusammensetzung ihres neuen Parlamentes entscheiden.
08.10.2023 - 18:44:34Hochrechnungen: CDU in Hessen weit vorn. Jetzt gibt es die erste Prognose.
Die CDU hat die Landtagswahl in Hessen klar gewonnen. Nach den ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF (gegen 18.30 Uhr) liegt sie bei 34,7 bis 35,4 Prozent. Die Grünen kommen auf 15,4 bis 15,5 Prozent, die SPD auf 15,2 bis 15,9 Prozent.
Die AfD verbesserte sich deutlich auf 16,3 bis 16,8 Prozent. Die FDP kratzte am Abend mit 5,0 Prozent an der 5-Prozent-Hürde und musste im Verlauf der Auszählung um den Einzug in den Landtag bangen. Linke und Freie Wähler kommen auf jeweils 3,5 Prozent.
Kühnert: Bitterer Abend für SPD
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertet das Ergebnis der Landtagswahlen als bitter für seine Partei und für die Ampel-Koalition gewertet. «Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger», sagte Kühnert im ZDF. Die drei Parteien der Ampel-Koalition hätten in beiden Bundesländern verloren.
«Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampel-Koalition erkennen: In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns», sagte Kühnert. In der ARD sagte er, man müsse erkennen, dass «die allgemeine Stimmungslage den Menschen aufs Gemüt drückt und dass mehr Orientierung erforderlich ist».
Der SPD-Generalsekretär stärkte zugleich der hessischen SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Rücken. Ihre Autorität als Bundesministerin sei nicht beschädigt, sagte er. «Da kann ich auch für die gesamte Parteispitze sprechen.»
Nouripour: Grüne stabil
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bezeichnet die Wahlergebnisse seiner Partei bei den Landtagswahlen als stabil. Die Grünen hofften, bei beiden Wahlen zweitstärkste Kraft zu werden, sagte Nouripour in der ARD. Die Grünen stünden für Verantwortung. Seine Partei hat den Prognosen zufolge verloren.
Als «erschreckend» bezeichnete er das Abschneiden der AfD, die in beiden Ländern hinzugewonnen hat. Das sei auch ein Auftrag für die Ampel-Koalition, wieder Vertrauen zurückzugewinnen.
Trotz der Verluste der Grünen spricht die Bundesvorsitzende Ricarda Lang indes von stabilen Ergebnissen. «Es sind stabile Ergebnisse, auch wenn es nicht das ist, was wir uns vielleicht gewünscht hätten», sagte Lang im ZDF nach den ersten Prognosen. Das sei eine gute Basis für die Zukunft. Mit Sorgen beobachte man, dass alle drei Ampel-Parteien, also SPD, Grüne und FDP, nicht dazugewinnen konnten.
Hessens AfD-Spitzenkandidat kündigt starke Opposition an
Der Spitzenkandidat der hessischen AfD, Robert Lambrou, kündigt eine starke Oppositionsarbeit seiner Partei im Landtag an. Sehr viele Bürger in Hessen hätten zum ersten Mal AfD gewählt, sagte er. «Es ist ein enormer Vertrauensvorschuss, dem wir uns als würdig erweisen werden.» Er freue sich auf die nächsten fünf Jahre im Landtag «mit einer ganz starken Stimme bürgerlich, konservativ, freiheitlich».
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigt sich hocherfreut über das Abschneiden ihrer Partei. Weidel sprach in der ARD von Rekordergebnissen.
«Unsere Politik gibt uns Recht», sagte Weidel. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der «Verbotspolitik» der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.
Stark-Watzinger: Regierungshandeln schlägt sich nieder
Die hessische FDP-Vorsitzende Bettina Stark-Watzinger führt das Landtagswahlergebnis auch auf die Politik der Ampel-Koalition im Bund zurück. «Wir sehen natürlich, dass das Regierungshandeln aus Berlin auch auf die Landtagswahlen sich niederschlägt», sagte Stark-Watzinger, die auch Bundesbildungsministerin ist. «Alle drei Koalitionsparteien haben Einbußen hier in Hessen hinnehmen müssen.»
Die FDP-Politikerin betonte: «Wir haben Wahlkampf geführt in einer Zeit, in der die Frage des Migrationsthemas wirklich mit voller Wucht auch in den Wahlkampf gekommen ist.» Das habe die politischen Ränder ein Stück weit stärker werden lassen.
Die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Bundesregierung seien nicht erfüllt worden. In den nächsten Wochen müssten auf die Themen, die die Menschen bewegten, nun die richtigen Antworten gefunden werden, um das Vertrauen in das Regierungshandeln in Berlin zu stärken.
CDU-Generalsekretär hocherfreut nach Landtagswahlen
DU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigt sich sehr zufrieden mit dem Abschneiden von CDU und CSU bei den Landtagswahlen in Hessen. Das Abschneiden der CDU in Hessen bezeichnete Linnemann als «sensationelles Ergebnis». Boris Rhein sei ein toller Spitzenkandidat, der genau die richtigen Themen adressiert habe. CDU-Chef Friedrich Merz habe ihn unterstützt. Der Wahlkampf in Hessen habe eine Vorbildfunktion auch für den Bundestagswahlkampf.
Wagenknecht: Faeser nach Hessen-Wahl als Ministerin entlassen
Nach der Hessen-Wahl fordert die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht die Entlassung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Hintergrund ist das schwache Abschneiden der hessischen SPD mit Faeser als Spitzenkandidatin. «Wer in Wiesbaden scheitert, ist in Berlin fehl am Platz», sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. «Auf die Rote Karte der Wähler sollte die Entlassung durch den Kanzler folgen.»
Das Innenministerium sei eines der wichtigsten Ministerien und «die Flüchtlingskrise mindestens so dramatisch wie 2015», meinte Wagenknecht. «Hier braucht es an der Spitze keine Wahlverliererin, sondern maximale Handlungsfähigkeit.» Sie warf Faeser vor, dass sie «die Schleuserindustrie machen lässt». Die Bundesregierung solle sich an Ländern wie Dänemark orientieren und den Zuzug minimieren, sagte Wagenknecht.
Drei Spitzenkandidaten mit Führungsanspruch
Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen - meist recht harmonisch. Derzeit hat die Koalition eine Mehrheit von nur einem Mandat. Während CDU-Ministerpräsident Rhein (51) sein Amt verteidigen wollte, strebte Rheins Stellvertreter und Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir (52) an, zweiter Ministerpräsident seiner Partei zu werden - nach Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Ziel von SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Faeser (53) war es, die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung zu werden.
Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird. Die Schlappe der Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Auch als Bundesinnenministerin könnte Faeser jetzt angezählt sein.
Fast zehn Jahre Schwarz-Grün - Wie geht es jetzt weiter?
Nach ihren Zugewinnen bei der hessischen Landtagswahl will die CDU «allen demokratischen Fraktionen» Sondierungsgespräche anbieten. Das sagte die CDU-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, Ines Claus. Den Prognosen zufolge steigerte die CDU ihr Ergebnis bei der Landtagswahl im Vergleich zu 2018 deutlich.
Claus sagte, es zeichne sich «ein herausragendes Ergebnis für die CDU in Hessen ab». «Das ist ein toller Abend für uns, das ist etwas ganz Besonderes.» Ihre Partei habe einen Wahlkampf geführt, «der nach Sound und Stil immer anständig war», sagte die CDU-Politikerin. Das sei ein tolles Ergebnis für Ministerpräsident Boris Rhein.