Mond, Astronomie

Mit einer neuen Mondmission will Russland - trotz westlichen Sanktionsdrucks - auch in der Wissenschaft Stärke zeigen.

11.08.2023 - 10:36:54

Russlands Mondmission «Luna-25» gestartet. «Luna-25» soll erkunden, ob dort schon bald eine Raumstation errichtet werden kann.

Russland hat mit dem Start seiner Raumsonde «Luna-25» erstmals seit fast 50 Jahren wieder eine Mondmission gestartet. Die Raumsonde zur Erforschung des Mondes soll noch in diesem Monat am Südpol landen und unter anderem nach Wasser suchen. Die Trägerrakete vom Typ Sojus-2.1b mit der Sonde an Bord hob wie angekündigt vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amurregion um 9.10 Uhr Ortszeit (1.10 Uhr MESZ) ab, wie bei einer Live-Übertragung der Weltraumbehörde Roskosmos am Freitag zu sehen war. Die Sonde trat plangemäß nach wenigen Minuten in den Weltraum ein.

«Der Start ist gelungen», sagte Roskosmos-Chef Juri Borissow. Die Reisezeit zum Erdtrabanten in rund 384.000 Kilometer Entfernung beträgt demnach rund viereinhalb Tage. Die Sonde soll am 16. August (Ortszeit Wostotschny) in den Orbit des Mondes eintreten. Alles laufe reibungslos, sagte Borissow. Wegen technischer Probleme war diese erste Mission seit 1976 mehrfach verschoben worden.

Er hoffe auf eine weiche Landung auf dem Mond am 21. August, ergänzte Borissow. Zunächst müsse jedoch in der Umlaufbahn nach einer idealen Stelle zum Aufsetzen gesucht werden. Nach Darstellung von Roskosmos wird «Luna-25» in 100 Kilometer Entfernung vom Mond drei bis sieben Tage lang einen idealen Landepunkt wählen, um dort möglichst lange gute Lichtverhältnisse und eine Verbindung zur Erde zu haben.

Projekt geht bis 1959 zurück

«Luna-25» ist Teil des russischen Mondprogramms. Das sieht vor, bis 2040 auch eine Raumstation auf dem Himmelskörper zu errichten. Roskosmos knüpft damit an sein sowjetisches «Luna»-Programm an, das 1959 begonnen hatte. Dabei hatten Raumsonden auch Mondgestein mit zur Erde gebracht. Eigentlich sollte die neue Sonde schon lange unterwegs sein. Erster geplanter Starttermin einer Mondsonde war 2012, zuletzt war der Mai 2022 anvisiert worden. Am Freitag betonten Kommentatoren in Moskau, dass Russland ungeachtet aller Sanktionen des Westens wegen des Krieges gegen die Ukraine die neue wissenschaftliche Herausforderung gemeistert habe.

Laut Roskosmos hat die 1800 Kilogramm schwere Raumsonde «Luna-25» unter anderem die Aufgabe, Bodenproben vom Mond einzusammeln und zu analysieren. Zu den geplanten wissenschaftlichen Untersuchungen gehöre auch ein Studium der Oberflächenschichten und insbesondere des sogenannten Lockermaterials auf dem Gestein im Bereich des südlichen Pols des Mondes, heißt es in dem Projektpapier.

Die Messungen sollen nicht zuletzt Aufschluss über den Zustand der Exosphäre des Himmelskörpers zu unterschiedlichen Tageszeiten geben - ein Mondtag und eine Mondnacht entsprechen jeweils etwa 14,5 Tagen auf der Erde. Dort schwanken die Temperaturen laut Roskosmos zwischen minus 170 Grad und plus 120 Grad Celsius. In der polaren Exosphäre laufen laut Roskosmos dynamische Prozesse eines Zusammenspiels von kosmischen Teilchen und Mondstaub ab. «Der Mondstaub schafft viele Probleme und Gefahren für die technischen Systeme.»

Mikropartikel des Staubs seien giftig und von hoher chemischer Aktivität. Deshalb seien die Untersuchungen wichtig für eine mögliche spätere Erkundung des Mondes durch den Menschen vor Ort. Auch eine mögliche radioaktive Gefahr wird geprüft. Die Mission ist auf ein Jahr angesetzt.

Indien steuert Südseite an

Auch Indien will nach dem gescheiterten Versuch einer Mondlandung vor vier Jahren nun die Sonde «Chandrayaan-3» auf der Oberfläche am 23. oder 24. August landen lassen. Eine sanfte Landung schafften bislang nur die USA, die Sowjetunion und China. Mit der unbemannten Mission will Indien die kaum untersuchte Südseite des Mondes rund zwei Wochen lang erforschen. Der erste Versuch Indiens war 2019 misslungen.

Ermitteln soll die russische Sonde aber vor allem auch den Anteil von Wasser im Boden. Die Raumforscher erwarten laut Roskosmos, dass der Wasseranteil im Lockermaterial verschwindend gering ist, weil bei Sonnenlicht und hohen Temperaturen alles verdunstet. Unter dieser Decke des abgelagerten Materials (Regolith) gebe es aber einen Dauerfrostboden. Die Wissenschaftler rechnen demnach damit, dort und auch in dauerhaft schattigen Regionen Wassereis zu finden.

«Luna-25» soll ebenfalls Bodenproben einsammeln - und kann dafür bis zu 40 Zentimeter in die Tiefe vordringen. Weitwinkelkameras fotografieren die Umgebung und die Landschaften, deren Aufnahmen zu einem Forschungszentrum auf der Erde gesendet werden sollen.

Zu Sowjetzeiten hatte die stolze Raumfahrtnation mehrfach Geschichte geschrieben. Die Sowjetunion war das erste Land im All und hatte 1961 auch den ersten Menschen in den Kosmos geschickt. Schon 1959 erreichte sie auch als erstes Land der Welt die Oberfläche des Mondes. Bei dem Wettlauf der Systeme um die Erkundung des Weltalls waren dann aber die USA das Land, dem 1969 mit Apollo 11 die erste bemannte Mondmission gelang.

Trotz Spannungen arbeiten Russland und USA gemeinsam

In Hinblick auf bemannte Mondlandungen seien die USA weiter als Russland und auch als China, betonte Nasa-Chef Bill Nelson vor dem «Luna-25»-Start. «Ich denke nicht, dass viele Menschen sagen würden, dass Russland bereit ist, Kosmonauten auf dem Mond zu landen in dem Zeitrahmen, über den wir sprechen - oder dass China es wäre.» Die USA und Russland arbeiten trotz ihrer politischen Spannungen weiter auf der Internationalen Raumstation (ISS) zusammen.

Ursprünglich hatte Roskosmos mit der europäischen Raumfahrtagentur Esa an dem russischen Mondprogramm gearbeitet. Nach Russlands Invasion in die Ukraine vor mehr als 17 Monaten beendete die Esa die Zusammenarbeit mit Moskau. Kremlchef Wladimir Putin, der den Krieg begonnen hatte, will mit dem jetzigen Start der Mondmission auch zeigen, dass das Land weiter in der Lage ist, seine wissenschaftlichen Projekte durchzuziehen. Roskosmos kündigte bereits die nächsten Missionen «Luna-26» bis 2027, «Luna-27» bis 2028 und «Luna-28» bis 2030 an.

@ dpa.de