Selbstbestimmungsgesetz, Deutschland

Menschen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, sollen den Eintrag dazu künftig einfach im Standesamt ändern können.

23.08.2023 - 12:48:09

Kabinett bringt Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg. Ein Schritt für mehr Selbstbestimmung.

  • Steffi Lemke l-r), Lisa Paus, Annalena Baerbock und Robert Habeck vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt. - Foto: Michael Kappeler/dpa

    Michael Kappeler/dpa

  • Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) geben nach der Kabinettssitzung ein Pressestatement zum Selbstbestimmungsgesetz ab. - Foto: Michael Kappeler/dpa

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Steffi Lemke l-r), Lisa Paus, Annalena Baerbock und Robert Habeck vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt. - Foto: Michael Kappeler/dpaFamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) geben nach der Kabinettssitzung ein Pressestatement zum Selbstbestimmungsgesetz ab. - Foto: Michael Kappeler/dpa

Wer sich nicht mit seinem Geschlechtseintrag identifiziert, muss bislang in einem langwierigen und kostspieligen Verfahren den entsprechenden Eintrag ändern lassen. Die Bundesregierung hat daher am Mittwoch das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. «Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Das gilt auch für die Geschlechter», sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Anschluss in Berlin. «Darüber selbstbestimmt entscheiden zu können, dieses Menschenrecht zu verwirklichen, das entspricht einem freiheitlichen Rechtsstaat.»

Künftig soll jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das Gesetz richtet sich laut Familien- und Justizministerium an transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann sprach davon, dass der Staat Menschen, deren sexuelle Identität von ihrem biologischen Geschlecht abweicht, bislang wie Kranke behandelt habe. «Das ist keine Krankheit oder Abnormität. Das ist eben der Hauptkritikpunkt am Transsexuellengesetz gewesen», sagte der FDP-Politiker. «Eine Kritik, die Verfassungsrang hatte. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz ja auch für verfassungswidrig erklärt.» An diese Stelle trete nun ein Gesetz, bei dem die Menschen vom Staat so respektiert werden, wie sie seien.

CDU: «Über das Ziel hinaus»

Kritik kam aus der CDU: «Die Bundesregierung schießt wieder einmal über das Ziel hinaus», erklärte Vize-Generalsekretärin Christina Stumpp. Gerade mit Blick auf Jugendliche, die in ihrer Pubertät oft von Persönlichkeits- und Identitätszweifeln geplagt würden, komme die Bundesregierung der Schutzpflicht des Staates nicht nach. «Junge Menschen brauchen in so gravierenden Fragen Unterstützung und Orientierungshilfe. Diese lässt das geplante Gesetz einfach außen vor.» Die CDU beobachte auch mit großer Skepsis, dass die Bundesregierung sorgeberechtigte und sorgeverpflichtete Eltern weiter entmündigen wolle. «Ein Gericht sollte in solchen Fragen Eltern nicht ohne Weiteres überstimmen dürfen.»

Bislang galt das sogenannte Transsexuellengesetz. Viele Transmenschen empfinden dieses als demütigend. Das Gesetz sieht vor, dass Betroffene Vornamen und Geschlecht erst nach einem psychologischen Gutachten und einer gerichtlichen Entscheidung offiziell ändern dürfen. Das Verfahren ist langwierig und teuer. Wesentliche Teile des Gesetzes wurden vom Bundesverfassungsgericht mehrfach für verfassungswidrig erklärt.

Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann hofft, dass der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz noch in diesem Jahr verabschieden wird. «Laut Innenministerium wäre ein Inkrafttreten erst am 1. November 2024 möglich. Selbst wenn Zeit für die erforderlichen Anpassungen des Personenstandswesens eingeplant werden muss, ist ein Inkrafttreten im November 2024 aus meiner Sicht zu spät», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Es muss geprüft werden, ob ein Inkrafttreten beschleunigt werden kann. Die Betroffenen haben lange genug gewartet.»

@ dpa.de