Hamburg, Nordrhein-Westfalen

Mehrere Stunden ging nichts am Flughafen Hamburg - und das am ersten Ferientag.

13.07.2023 - 11:33:53

Klimaaktivisten blockieren Flughäfen. Auch in Düsseldorf fielen Flüge aus. Klimaaktivisten klebten sich nahe der Start- und Landebahnen fest.

Mitten in der Ferienzeit haben Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt. Am Hamburger Airport wurde der Flugverkehr am ersten Ferientag für einige Stunden komplett eingestellt. Klimaaktivisten hatten sich am frühen Morgen Zugang zum Gelände verschafft und sich nahe der Start- und Landebahnen festgeklebt. Gegen 10 Uhr nahm der Airport seinen Betrieb wieder auf. Wegen einer ähnlichen Aktion am Düsseldorfer Flughafen wurden dort mehrere Flüge umgeleitet oder verspäteten sich.

In Hamburg wurde der Flugbetrieb um 9.50 Uhr und damit knapp vier Stunden nach Beginn der Blockade wieder aufgenommen. Die zentrale Sicherheitskontrolle sowie die Check-in-Schalter in den Terminals sind wieder geöffnet. Nach aktuellem Stand wurden 17 Ankünfte und 19 Abflüge gestrichen. Zehn ankommende Flugzeuge wurden zu anderen Flughäfen umgeleitet.

Weitere Verzögerungen möglich

Nach Angaben des Flughafens kann es ganztätig zu weiteren Flugstreichungen und Verzögerungen kommen. Am ersten Ferientag in Hamburg wurden am Airport eigentlich 50.000 Passagiere und 330 Starts und Landungen erwartet. Vom Düsseldorfer Flughafen aus wurden mehrere Ankunftsflüge zum Flughafen Köln/Bonn umgeleitet, Abflüge verspäteten sich. Gegen 7.30 Uhr sei die Nordbahn wieder freigegeben worden. Wie viele Flüge von der Protestaktion betroffen waren, konnte eine Flughafen-Sprecherin zunächst nicht sagen.

Aktivisten der Letzten Generation hatten zuletzt immer wieder Straßen blockiert und sich dabei teilweise festgeklebt. Sie fordern ein deutlich entschiedeneres Vorgehen der Politik für Klimaschutz. Eine zentrale Forderung an die Bundesregierung ist die Einberufung eines zufällig gelosten Gesellschaftsrats. Das Gremium soll nach dem Willen der Gruppe Maßnahmen erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 die klimaschädliche Nutzung von Öl, Gas und Kohle beenden kann.

Klimaschädlicher geht es kaum beim Reisen

Fliegen ist die mit Abstand klimaschädlichste Art des Reisens. Die Nachfrage nach Flugreisen hierzulande hat nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft zum Start der Sommersaison noch einmal gegenüber dem Vorjahr kräftig zugelegt. Damit wird in diesem Sommer ein Niveau von rund 85 Prozent von 2019 erreicht - dem Jahr vor Beginn der Corona-Krise.

Auf Twitter schrieben die Umweltschutzaktivisten zu den Aktionen: «Wir protestieren gegen die Planlosigkeit und den Gesetzesbruch der Regierung in der Klimakrise.» Ein Sprecher des Lagezentrums der Polizei Hamburg bestätigte einen Einsatz am Flughafen. Laut der Gruppe Letzte Generation verschafften sich die Aktivisten über den Sicherheitszaun Zugang zum Flughafengelände.

Scharfe Kritik an den Aktionen kam von Bundesverkehrsminister Volker Wissing. «Diese gefährlichen Eingriffe in den Verkehr müssen ein Ende haben. Was die «Letzte Generation» betreibt, ist kein Klimaschutz sondern Kriminalität», sagte der FDP-Politiker dem Nachrichtenportal «t-online». Dem Klimaschutz selbst erwiesen die Demonstranten einen Bärendienst. «Wer anderen den verdienten und lange ersehnten Jahresurlaub vermiest, trägt zur Spaltung unserer Gesellschaft bei», so Wissing weiter. Der Rechtsstaat müsse hier hart durchgreifen.

Reaktionen der Politik

Ähnlich äußerte sich auch Wissings Parteikollege Justizminister Marco Buschmann. «Viele Menschen freuen sich auf ihren verdienten Urlaub. Wenn @AufstandLastGen ihnen diese Freude nimmt, untergräbt sie die Akzeptanz für mehr Klimaschutz», schrieb Buschmann bei Twitter. Die «Blockierer» müssten mit strafrechtlichen Folgen sowie gegebenenfalls auch «mit millionenschweren Schadenersatzforderungen» rechnen.

Auch Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck übt Kritik an der Protestaktion. «Die Aktivisten, die jetzt lauter Menschen die Reise in den Urlaub verbauen, schaden dem Anliegen Klimaschutz massiv.» Diese Form des Protests sei nicht richtig, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur. «Wer sich wirklich für Klimaschutz einsetzen will, der muss die gesellschaftliche Akzeptanz mit im Blick haben.» Klimaschutz gehöre in die Mitte der Gesellschaft. «Und so sollten wir auch an Klimaschutz rangehen.»

Der FDP-Klimapolitiker Olaf in der Beek forderte indes Konsequenzen. Der klimapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Viele Menschen arbeiten hart für ihren lang ersehnten Sommerurlaub und werden mit solchen Aktionen auf illegale und gefährliche Art und Weise bestraft. Der Rechtsstaat muss jetzt zeigen, dass er Zähne hat und hart durchgreifen.»

Der Bochumer Abgeordnete sagte weiter, wer das Klima effektiv schützen wolle, brauche die Akzeptanz der Gesellschaft. «In diesem Sinne erweist die Letzte Generation mit der Blockade der Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf dem Klimaschutz wieder einmal einen Bärendienst.»

Faeser kündigt Sicherheitsstandards an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte angesichts der Klima-Protestaktionen der Letzten Generation neue Sicherheitsstandards an. «Es wird demnächst tatsächliche Standards für die Betreiber kritischer Infrastruktur geben. Dazu gehören auch die Flughäfen, und das wird auch zu einer besonderen Sicherheit der Flughäfen weiterhin führen», sagte die SPD-Politikerin in Berlin.

Folgen für Passagiere

Passagiere, die von den Verspätungen und Ausfällen betroffen sind, haben bestimmte Rechte. Bei Flugstreichungen gilt: Die Passagiere können weiterhin darauf pochen, befördert zu werden - und sei es zu einem viel späteren Zeitpunkt. Alternativ können sie das Geld für das Ticket zurückverlangen. Sie haben hier also die Wahl.

Womit es bei den Störungen durch die Aktivisten der Letzten Generation eher schlecht aussieht, sind indes die Aussichten auf zusätzliche Entschädigungszahlungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach handle es sich bei den Protesten um einen außergewöhnlichen Umstand, weil die Fluggesellschaften daraus entstehende Flugausfälle nicht selbst verschuldet haben, so Claudia Brosche vom Fluggastrechte-Portal Flightright.

@ dpa.de