Mehr als 200.000 Asylanträge in Deutschland.
19.07.2023 - 15:15:25CSU reagiert verhalten auf Asyl-Vorstoß von CDU-Politiker. Die Kommunen ächzen. Kann da der Asylvorstoß des CDU-Abgeordneten Frei Entlastung bringen? Kurzfristig jedenfalls nicht, heißt es bei der Schwesterpartei CSU.
Die CSU-Führung hat reserviert auf den Vorstoß aus der Unions-Bundestagsfraktion für eine Abschaffung des Asylrechts in der bestehenden Form reagiert. Der Parteivorsitzende Markus Söder und der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt, machten deutlich, dass sie davon keine schnelle Lösung der aktuellen Probleme erwarten.
«Das ist ein spannender Vorschlag. Ob er allerdings in der Kürze der Zeit umsetzbar ist und ob er tatsächlich die erwünschten Erträge bringt, das - glaube ich - steht noch offen», sagte Söder bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Andechs. Forderungen Bayerns wie etwa verstärkte Grenzkontrollen brächten «einen schnelleren Ertrag».
Die Bundesregierung machte deutlich, dass sie am individuellen Anspruch auf Asyl nicht rütteln will. Regierungssprecher Steffen Hebestreit antwortete in Berlin auf eine entsprechende Frage eines Journalisten: «Solche Überlegungen sind mir innerhalb der Bundesregierung nicht bekannt, Komma, und würden mich auch überraschen, Punkt.»
Thorsten Frei, der Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist und damit eine herausgehobene Stellung hat, hatte ein grundsätzlich anderes Asylmodell vorgeschlagen. In einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» plädierte er dafür, das Recht des einzelnen Menschen, auf europäischem Boden Asyl zu beantragen, abzuschaffen. Es solle ersetzt werden durch Kontingente für die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa. Diese 300.000 bis 400.000 Flüchtlinge pro Jahr sollten direkt im Ausland ausgewählt und dann in Europa verteilt werden.
CSU will rasche Begrenzung der Zuzugszahlen
Dobrindt sagte bei der Klausur im Kloster Andechs, es handele sich um zwei unterschiedliche Diskussionsebenen. Bei Freis Vorstoß gehe es darum, wie man langfristig in Europa zu einem veränderten Asylsystem kommen könne. «Diese Diskussion gibt es. Und da hat Thorsten Frei einen wichtigen Beitrag dazu geleistet.» Der CSU gehe es aber akut darum, wie man aktuell eine Begrenzung der Zuzugszahlen hinbekommen könne. Dabei handele es sich um Instrumente innerhalb des bestehenden Systems wie einen stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen, Asylverfahren schon an den Grenzen, das Reduzieren von Anreizen bei Asylleistungen und mehr Abkommen mit Transitländern von Flüchtlingen.
Freis Vorstoß war von den Ampel-Parteien scharf kritisiert worden. Auch von AfD und Linken kam Kritik.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm (CDU), sagte hingegen der Deutschen Presse-Agentur, Frei habe zu Recht darauf hingewiesen, «dass unser Migrationssystem derzeit völlig falsche Zustände verursacht». Menschen lieferten sich Schleppern aus, durchquerten manchmal die halbe Welt «und dabei viele sichere Länder», um Europa als «Wunschort» auszusuchen. Dabei gelte leider das Prinzip: «Die Starken kommen an, die Schwachen bleiben auf der Strecke.» Dieser Effekt sei nie beabsichtigt gewesen, weder von den Vereinten Nationen noch vom deutschen Grundgesetz.
Frei: Lösungsansatz für «objektives Problem»
Frei verteidigte sein Konzept als eine Antwort auf die stark steigenden Asylbewerberzahlen. «Wenn Sie allein das Jahr 2022 nehmen, wo etwa 1,3 Millionen Menschen schutzbedürftig nach Deutschland gekommen sind und hier Asyl beantragt haben, dann muss man sagen, ist es eine Zahl, die man mit Sicherheit nicht jedes Jahr wiederholen kann, weil das die Leistungskraft, auch die Integrationskraft der Gesellschaft überfordern würde», sagte er im RTL/ntv-«Frühstart». Er betonte: «Wir haben ein objektives Problem, das viele Menschen bei uns im Land als eine große Herausforderung und ein großes Problem identifizieren.»
Nach Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stellten vergangenes Jahr 217.774 Menschen in Deutschland einen Asylantrag - 47 Prozent mehr als im Jahr zuvor und so viele wie seit 2016 nicht mehr. Die meisten kamen aus Syrien (70.976), Afghanistan (36.358), der Türkei (23.938), dem Irak und Georgien. Zusätzlich fanden eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Aufnahme, ohne dass sie Asyl beantragen mussten.
CSU-Chef Söder betonte: «Natürlich sagen wir Ja zu Hilfe und Ja zu Menschlichkeit. Das ist doch keine Frage. Aber die Kommunen in Deutschland sind nach wie vor überfordert.» Nötig sei eine klare Begrenzung der Zuwanderung. «Wir wollen eine Zuwanderung von Fachkräften, aber keine in die soziale Sicherung.» Debatten darüber, ob man jedes Jahr 1,5 Millionen Zuwanderer brauche, überforderten das Land. Schon jetzt komme man mit dem Bau von Kitas, Schulen oder Wohnungen kaum nach.