Mehr als 120 Sozialwissenschaftler fordern in einem offenen Brief an die Bundesregierung einen Wechsel in der deutschen Israel-Politik.
09.04.2024 - 17:48:55120 Wissenschaftler fordern Kurswechsel der deutschen Israel-Politik
Ausdrücklich halten die Autoren in ihrem Text Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vor, zwar die Einhaltung des Völkerrechts einzufordern, Verstöße aber nicht zu benennen. Auf die Frage nach ihrer Motivation, gemeinsam mit zwei Kollegen vom Wissenschaftszentrum Berlin den Aufruf zu verfassen, sagte Binzel: "Verzweiflung ist der Antrieb." Das Manifest soll in den kommenden Tagen an die Bundesregierung übergeben werden. Die Unterzeichner kritisieren die Bundesregierung in mehreren Punkten. So mache sich Deutschland mindestens zum Zeugen von Kriegsverbrechen. Die Lage in Gaza sei katastrophal, heißt es in dem Papier. Die Bundesregierung scheine jedoch "nicht anzuerkennen, dass diese Katastrophe ein von Menschen verursachtes Ereignis ist, und kein unvermeidbares oder unvorhersehbares Ereignis", schreiben die Verfasser. "Israel hat das Grauen in Gaza einkalkuliert." Ein anderer Vorwurf lautet, die Bundesregierung schwäche entgegen ihrer erklärten Politik die internationalen Institutionen. Als ein Beispiel nennt das Manifest die Erklärung Deutschlands zur Klage Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermord. So habe die Bundesregierung bereits vor der Vorlage von Beweisen durch den Kläger erklärt, die Vorwürfe seien nichtig. "Die Frage für Deutschland lautet: Welchen Preis ist es bereit, den internationalen Institutionen aufzuerlegen, die es in der Vergangenheit so sehr unterstützt hat, um Israel vor Kritik zu schützen?", schreiben die Wissenschaftler.