Harte Strafen und lauter Protest: Lina E.
31.05.2023 - 20:24:28Lina E. kommt vorerst frei. soll hinter Gitter, weil sie maßgeblich für Überfälle auf Neonazis verantwortlich gemacht wird. Doch nach der Urteilsbegründung gibt es eine Überraschung.
Die als linke Gewalttäterin zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilte Lina E. kommt nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft vorerst frei. Der Haftbefehl gegen sie werde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, sagte Hans Schlüter-Staats, Vorsitzender Richter der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Dresden, am Mittwochabend zum Abschluss der Urteilsbegründung. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig wird.
Sie muss sich nun zweimal wöchentlich bei der Polizei melden, darf den in der Akte vermerkten Wohnsitz nur mit Zustimmung des Gerichts wechseln und muss nach ihrem Reisepass auch den Personalausweis abgeben.
Das Oberlandesgericht hatte die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme verurteilt. Es ließ Revision zu.
Die Entscheidung zum Haftbefehl löste vor allem bei der Mutter der 28-Jährigen freudige Überraschung aus, die in frenetischem Beifall und Gejohle der Unterstützer um sie herum gipfelte. «Fünf Jahre drei Monate ist für jemanden in ihrem Alter und auch sonst heftig und gravierend», hatte Schlüter-Staats einleitend zu der aus Kassel (Hessen) stammenden Studentin gesagt. Die «größte Hypothek des Verfahrens ist der Status, den sie hier erlangt haben», bemerkte er noch persönlich.
Demonstration in Dresden
Nach dem Urteil werden bei Kundgebungen nun auch Ausschreitungen befürchtet. Am Mittwochabend zogen Sympathisanten durch Dresden. Die Polizei machte zunächst keine Angaben zu den Teilnehmerzahlen, ein dpa-Reporter schätzte sie im niedrigen Hunderter-Bereich. Die Demonstrantinnen und Demonstranten hielten Transparente mit der Aufschrift «Free Lina». Zu ähnlichen Demos war in zahlreichen deutschen Städten aufgerufen worden, darunter Berlin, Hamburg und am späteren Abend in Leipzig.
Für Samstag wird bundesweit zu Kundgebungen aufgerufen. Im Internet tauchten Drohungen auf, wonach für jedes Jahr Haft in Leipzig ein Sachschaden von einer Million Euro angerichtet werden soll. Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor.