Scholz, Unterstützen

Ein heftiger Schlagabtausch folgt auf die Regierungserklärung des Kanzlers zum EU-Gipfel.

20.03.2024 - 17:16:49

Scholz: Unterstützen die Ukraine so lange wie nötig. Ein zentrales Thema: der Ukraine-Krieg. Er bestimmt auch die Debatte.

Vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Zusammenhalt der Staatengemeinschaft bei der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine beschworen. «Wir stehen zusammen», sagte er in einer Regierungserklärung im Bundestag. Die Botschaft an Kremlchef Wladimir Putin laute: «Wenn der russische Präsident glaubt, dass er diesen Krieg nur aussitzen muss, und wir schwächeln werden in unserer Unterstützung, dann hat er sich verrechnet.» Russland könne nicht darauf spekulieren, dass der Westen mit seiner Unterstützung für die Ukraine nachlassen werde.

Die CDU/CSU-Opposition schürte jedoch Zweifel, dass dies tatsächlich die Position der Bundesregierung ist. Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verwiesen dabei auf die Äußerung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich in der vergangenen Woche über ein «Einfrieren» des Krieges in der Ukraine. «Friedfertigkeit kann das Gegenteil von Frieden bewirken», warnte Merz und ergänzte mit Blick auf Putin: «Einem solchen skrupellosen Kriegsverbrecher kann man nicht mit Feigheit begegnen, sondern nur mit Klarheit und Entschlossenheit.»

Der Kanzler betonte, dass er sich in der vergangenen Woche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk noch einmal auf drei Prinzipien verpflichtet habe. «Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie das nötig ist.» Gemeinsam werde man auch dafür sorgen, dass die Nato nicht Kriegspartei werde. «Und wir werden keinen Diktatfrieden zulasten der Ukraine akzeptieren.» Dem Dreier-Treffen am vergangenen Freitag war ein offener Konflikt über die Ukraine-Strategie zwischen Scholz und Macron vorausgegangen. Dieser war bei dem Dreier-Gipfel nicht ausgeräumt worden.

Scholz verlangt kontinuierliche Waffenproduktion

Scholz sprach sich auch für eine engere Kooperation in der Europäischen Union bei der Beschaffung von Rüstungsgütern aus. «Wir brauchen eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungswirtschaft, eine Kooperation bei der Rüstung unserer Länder.» Es seien bereits große Fortschritte erreicht worden - es sei aber noch mehr nötig. Dass es jahrelang fast keine Kontakte zwischen den politisch Verantwortlichen und der Verteidigungsindustrie gegeben habe, sei ein Fehler gewesen. Dies habe man jetzt geändert. «Aber wir müssen ausdrücklich sagen: Es muss bei den wichtigen Waffensystemen in Deutschland und Europa gewährleistet sein, dass wir eine ständige Produktion haben», sagte Scholz.

Aus Sicht des CDU-Vorsitzenden Merz erledigt die Bundesregierung hier jedoch ihre Hausaufgaben nicht. «Wir brauchen auch in Deutschland höhere Verteidigungsausgaben», verlangte der Oppositionsführer im Bundestag.

Merz warnt vor gefährlicher Debatte

Merz ging auch darauf ein, dass Scholz zur laufenden Debatte über die deutsche Unterstützung für die Ukraine gesagt hatte, sie sei «an Lächerlichkeit nicht zu überbieten». «Die Debatte, die in Ihrer Koalition und vor allem in Ihrer eigenen Partei spätestens seit der letzten Woche geführt wird, die ist nicht lächerlich. Diese Debatte ist gefährlich. Sie ist gefährlich für den Frieden in Europa und sie ist gefährlich für die Ukraine.» Diese müsse den Eindruck gewinnen, dass die deutsche Hilfe befristet sei.

Dobrindt nannte die Mützenich-Äußerung ein «verheerendes Signal» in Richtung der europäischen Partner. «Zu Recht stellen sich Fragen, ob Sie in Ihrer Ukraine-Politik, Herr Bundeskanzler, wirklich noch die volle Unterstützung Ihrer Fraktion haben.»

Grüne wollen mehr Unterstützung der Ukraine

Erneut zeigten sich in der Debatte Dissonanzen unter den Ampel-Partnern. So verlangte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge mehr Unterstützung für die Ukraine. Die Menschen dort zahlten jeden Tag einen hohen Preis - und die Lage werde schlimmer. «Deswegen ringen wir miteinander darum, wie wir die Ukraine noch besser unterstützen werden.» Die Grünen würden hier weitermachen. Daran sei nichts lächerlich. Das sei keine Debatte, die man an irgendeiner Stelle beenden könne. «Das ist am Ende das Mandat, das mich und uns hier verpflichtet, das Richtige zu tun in außenpolitischen Fragen, das Richtige am Ende auch zu tun für den Schutz unseres eigenen Landes.» Viele Grünen-Politiker verlangen, dass Deutschland der Ukraine auch weitreichende und hochpräzise Taurus-Marschflugkörper liefern soll, was Scholz aber ablehnt.

AfD: Bundesregierung macht Deutschland zur Kriegspartei

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf der Bundesregierung vor, Deutschland zur Kriegspartei zu machen. «Das Nein zum Taurus reicht nicht. Faktisch agiert Deutschland wie eine Kriegspartei.» Es beteilige sich durch die Sanktionen an einem «Wirtschaftskrieg gegen Russland», liefere Waffen an die Ukraine und leiste in erheblichem Umfang Finanzhilfen. «Statt mit Kriegstreiberei und Waffenlieferungen die Eskalation voranzutreiben, muss die deutsche Politik sich wieder auf ihre Stärken besinnen», forderte die AfD-Parteichefin. «Das heißt, sie muss alles daransetzen, im Ukraine-Krieg als Vermittler aufzutreten und Verhandlungen in Gang zu bringen.»

FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der AfD eine große Nähe zu Putin vor. Ihre Position sei «unpatriotisch», betonte er. «Sie handeln nicht im Interesse des deutschen Volkes, Sie schaden Deutschland mit Ihrem Handeln.»

Linke fordert ebenfalls diplomatische Friedensinitiative

Der Vorsitzende der Linken-Bundestagsgruppe, Sören Pellmann, betonte, Waffenstillstand heiße nicht Akzeptanz des Unrechts, «es heißt Beenden des Sterbens». Europa müsse jetzt eine eindrucksvolle, ernste diplomatische Initiative starten. Parteigründerin Sahra Wagenknecht forderte den Kanzler auf: «Bemühen Sie sich mit Ihren europäischen Kollegen um Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, damit das Sterben in der Ukraine endlich ein Ende hat und Europa nicht in einen Dritten Weltkrieg hineintaumelt.»

@ dpa.de