Erdogan, Berlin

Der erste Besuch von Präsident Erdogan in Deutschland steht im Zeichen des Gaza-Kriegs.

17.11.2023 - 17:26:26

Erdogan in Berlin - Ankara buhlt um Kampfjets. Kurz vor dem Treffen mit Kanzler Scholz tritt eine ganz neue Forderung des Nato-Partners aufs Programm.

  • Wirft Israel einen «Genozid» (Völkermord) im Gazastreifen vor: Recep Tayyip Erdogan. - Foto: Michael Kappeler/dpa

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  • Recep Tayyip Erdogan (Mitte l) vor seinem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte r) im Schloss Bellevue. - Foto: Guido Bergmann/Bundespresseamt/dpa

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Wirft Israel einen «Genozid» (Völkermord) im Gazastreifen vor: Recep Tayyip Erdogan. - Foto: Michael Kappeler/dpaRecep Tayyip Erdogan (Mitte l) vor seinem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte r) im Schloss Bellevue. - Foto: Guido Bergmann/Bundespresseamt/dpa

Kurz vor dem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Türkei auf ein deutsches Ja zum türkischen Kauf von Eurofighter-Jets gedrängt.

Ankaras Interesse an 40 Kampfflugzeugen sei der Regierung bekannt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Erdogan traf derweil im Schloss Bellevue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ob das türkische Interesse an den Kampfflugzeugen auch bei dem für den Abend geplanten Essen mit Scholz auf den Tisch kommen sollte, war zunächst unklar.

Der türkische Verteidigungsminister Yasar Güler hatte am Donnerstag gesagt, man beabsichtige 40 der Kampfflugzeuge zu kaufen und habe bereits die Zustimmung von Großbritannien und Spanien. «Jetzt arbeiten sie daran, Deutschland zu überzeugen», zitierte ihn die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Deutschland ist an der Produktion der Eurofighter beteiligt. Deswegen ist eine Zustimmung der Bundesregierung bei jedem Exportgeschäft erforderlich. Die Lieferung von Eurofightern nach Saudi-Arabien hat die Bundesregierung zuletzt unterbunden. Der Kampfjet wird in Großbritannien gefertigt.

Scharfe Verbalattacken gegen Israel

Der Besuch Erdogans ist auch wegen dessen scharfer Verbalattacken gegen Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg umstritten. Erdogan hatte die Ermordung vieler Hundert israelischer Zivilisten beim Terrorangriff am 7. Oktober zwar verurteilt, die dafür verantwortliche Hamas aber später als «Befreiungsorganisation» bezeichnet. Israel warf er dagegen einen «Genozid» (Völkermord) im Gazastreifen vor und stellte sogar Israels Existenzrecht infrage.

Steinmeier hat in seinem Gespräch mit Erdogan die deutsche Position im Nahost-Konflikt «mit Nachdruck deutlich gemacht». Das teilte das Bundespräsidialamt mit. «Der Bundespräsident hat die Einstufung des Überfalls der Hamas auf Israel als Terrorangriff und der Hamas als Terrororganisation unterstrichen. Er hat das Existenzrecht Israels sowie sein Recht auf Selbstverteidigung herausgehoben.»

Laut Erdogan versuche Israel, «einen Staat aufzubauen, dessen Geschichte nur 75 Jahre zurückreicht und dessen Legitimität durch den eigenen Faschismus infrage gestellt wird», sagte er Ende vergangener Woche. Scholz hat die Vorwürfe Erdogans gegen Israel als «absurd» zurückgewiesen. Gleichzeitig erklärte Erdogan aber auch immer wieder seine Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung - ein Haltung, die er mit dem Bundeskanzler teilt.

Will Erdogan Nato-Erweiterung an Kampfjets knüpfen?

Die Nato-Partner dürften zudem das ausstehende Ja des türkischen Parlaments zur Aufnahme Schwedens in das Verteidigungsbündnis thematisieren. Das scheint sich früherer Zusagen Erdogans zum Trotz weiter zu verzögern: Die zuständige Kommission im türkischen Parlament vertagte am Donnerstag ihre Entscheidung, laut türkischen Medienberichten auch auf Druck von Erdogans Parteikollegen. Es gebe noch weiteren Klärungsbedarf, hieß es. Wann das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird, war zunächst unklar.

Türkische Journalisten spekulierten, Erdogan könnte dies als Druckmittel in den Verhandlungen um die Eurofighter nutzen wollen. Der türkische Staatschef hatte zuvor versucht, sein Einverständnis zur Nato-Erweiterung an Kampfjets aus den USA zu knüpfen.

Bei dem Treffen zwischen Scholz und Erdogan dürfte es vor dem Hintergrund der aktuellen Situation auch um den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei gehen. Über ihn hatte sich die Türkei verpflichtet, die Schleuseraktivitäten an ihrer Grenze zu stoppen und Migranten zurückzunehmen, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen. Im Gegenzug erhielt Ankara von der EU Milliardenhilfen unter anderem für die Unterbringung der Flüchtlinge. Von Griechenland nimmt die Türkei jedoch seit 2020 keine Migranten mehr zurück - begründet wurde das damals mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Türken stellten zudem im Oktober die meisten Asylanträge in Deutschland.

@ dpa.de