Der Bundeskanzler hat der Union Zusammenarbeit in einem «Deutschland-Pakt» angeboten.
22.09.2023 - 15:06:08Migration: Union kontert mit eigenem «Deutschland-Pakt». CDU und CSU legen selbst einen «Deutschland-Pakt» vor - zur Begrenzung der Migration. Im Bundestag hagelt es gegenseitige Vorwürfe.
In der Migrationspolitik hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser Vorwürfe der Union zurückgewiesen, untätig zu sein oder die Lage gar zu verschärfen. «Unsere Maßnahmen wirken. Wir steuern und ordnen Migration», sagte die SPD-Politikerin im Bundestag in einer hart geführten Debatte. Als führender Redner der Unionsparteien griff CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Faeser scharf an. Sie sei in Europa «kein Zugpferd», sondern «das Trojanische Pferd zur Verschärfung der Migrationskrise».
Appelle aus Kommunen und Ländern an die Bundesregierung rissen derweil nicht ab. In einem umfassenden Forderungskatalog verlangten die bayerischen Landkreise eine «erhebliche Begrenzung und Steuerung» illegaler Migration. Der «fortwährende Notfallmodus» müsse beendet werden.
Union fordert zu gemeinsamer Migrations-Begrenzung auf
Im Bundestag versuchten CDU und CSU, Faeser und die Bundesregierung mit einem Antrag unter der Überschrift «Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik – Irreguläre Migration stoppen» unter Druck zu setzen. «Wir bieten Ihnen an, dieses Thema mit uns zu lösen, weil es sonst zu einem gesellschaftlichen Großkonflikt sich entwickeln kann», sagte Dobrindt. Asylzahlen stiegen, Kommunen seien überlastet, die Akzeptanz schwinde.
Die Union reagierte damit auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der vor gut zwei Wochen seinerseits im Bundestag der Union einen «Deutschland-Pakt» zur Modernisierung des Landes angeboten hatte. Von Scholz sei danach aber nichts unternommen worden, um diese «Worthülse» mit Leben zu füllen, kritisierte Dobrindt.
Die Union forderte in ihrem Antrag nun unter anderem, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren um Georgien, Moldau, Indien, Tunesien, Marokko und Algerien zu erweitern. Nach dem Vorbild der Grenze zu Österreich sollten auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden. Mit relevanten Herkunftsstaaten sollten zudem wirksame Vereinbarungen zur Rücknahme ihrer Staatsangehörigen abgeschlossen werden. Bund und Länder sollten ihre Anstrengungen zu freiwilliger Rückkehr und Abschiebungen verstärken.
EU-Verhandlungen über Reform des europäischen Asylsystems
Die Bundesregierung wurde außerdem dazu aufgefordert, sich bei den laufenden EU-Verhandlungen über eine Reform des europäischen Asylsystems dafür einzusetzen, dass Asylverfahren künftig uneingeschränkt in «sicheren Drittstaaten» durchgeführt werden können. Menschen müssten dann außerhalb der EU auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten.
In der Debatte hielt der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, der Union vor, mit ihren Forderungen zur Migrationsbegrenzung, aus Panik nun Positionen seiner Partei zu übernehmen.
Faeser verwies in ihrer Rede auf die bereits angeschobene Reform des europäischen Asylsystems, auf eine intensivierte Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien an den Grenzen und eine verstärkte Bundespolizei zur sogenannten Schleierfahndung. «Wir handeln also schon, wo Sie nur fordern.» Den Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für eine Migrationsobergrenze nannte sie «Populismus pur» - das stärke nur die Rechtsextremen. Es gebe keine einfachen Lösungen. Die Ampel-Koalition lehnte den Unionsantrag mit ihrer Mehrheit im Bundestag ab.
Keine Erleichterung beim Familiennachzug geplant
Die Innenministerin wies zudem Berichte zurück, wonach aktuell Erleichterungen des Familiennachzugs für Flüchtlinge geplant seien. Meldungen über solche Pläne hatten zuvor zusätzliche Aufregung verursacht.
Gegen die Angriffe von CDU und CSU setzten sich im Plenum auch FDP und Grüne zur Wehr. FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle warf der Union vor, die angebotene Hand des Kanzlers mit scharfen Debattentönen weggeschlagen zu haben. Er forderte zudem, die bereits geplante Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten und eine Verlängerung des Ausreisegewahrsams nun umzusetzen. Die FDP hätte gern auch Tunesien, Algerien und Marokko auf dieser Liste, das lehnen die Grünen in der Ampel ab.
Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte: «Wir brauchen Ordnung, ja. Aber wir brauchen eben auch Humanität.» Die Kommunen bräuchten finanzielle Soforthilfen. Die Verfahren zur Status-Klärung von Migranten müssten schneller werden. Clara Bünger (Linke) kritisierte, der Antrag der Union biete keine substanziellen Lösungen, sondern setze «nur auf Abschottung und Entrechtung». Die Kommunen bräuchten mehr Geld.