Das Topthema Flüchtlinge bestimmt die Konferenz der Ministerpräsidenten.
13.10.2023 - 14:29:23Ministerpräsidenten: Asylverfahren in drei Monaten beenden. Diese ziehen weitgehend an einem Strang bei ihren Forderungen an den Bund.
Vor den Spitzentreffen mit dem Kanzler zur Migration haben die Länder vom Bund drastische Schritte und mehr Geld verlangt. Die Ministerpräsidenten forderten die Bundesregierung bei ihrer Konferenz in Frankfurt am Main unter anderem auf, effektive Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren zu ergreifen und die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte für Asylbewerber zu schaffen. Die erstmals unter dem Vorsitz Hessens tagenden Ministerpräsidenten berieten auch noch über andere Themen wie etwa die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets.
Am Abend wollten der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der Hesse Boris Rhein (CDU), und sein Stellvertreter Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und CDU-Chef Friedrich Merz über das Migrationsthema beraten. Scholz hatte dazu ins Kanzleramt eingeladen. Entscheidungen werden aber erst bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 6. November erwartet, an der auch Scholz teilnehmen wird. Hintergrund sind die deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen in Deutschland.
Asylverfahren sollen schneller werden
Asylverfahren von Menschen mit geringer Bleibeperspektive sollen nach dem Willen der Länder künftig schneller abgewickelt werden. «Bund und Länder haben das gemeinsame Ziel, Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, zügiger als bisher rechtskräftig abzuschließen», heißt es in einem Beschluss der Ministerpräsidenten. Erklärtes Ziel sei es, das Asylverfahren und das darauf oft folgende Klageverfahren jeweils in drei Monaten abzuschließen. Sofern nötig, würden dafür die personellen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen.
Bei den Asylverfahren ist der Bund in der Pflicht, genauer gesagt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Verwaltungsgerichtsverfahren betreffen die Justizbehörden der Länder.
Ermöglicht werden solle die Beschleunigung der Asylverfahren mit einer prioritären Bearbeitung der Anträge von Menschen aus Staaten mit einer geringen Anerkennungsquote, erklärte Weil. Das sei ein praktischer Schritt, der mehr bewirke als die seit Jahren geführte Debatte darüber, welche weiteren Länder als sogenannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollten.
Rhein warnt vor zu hohen Erwartungen
Rhein sagte, man wolle «zu einer Harmonisierung von Sozialleistungsstandards» für Asylbewerber und Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union kommen. Er warnte hier jedoch unter Verweis auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vor überzogenen Erwartungen.
Die Ministerpräsidenten bekräftigten ihre Forderung nach deutlich mehr Geld für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen. «Hier muss der Bund sich signifikant bewegen, das ist klar», sagte Rhein, der in Hessen gerade eine Landtagswahl gewonnen hat.
In ihrem Beschluss verlangten die Länder vom Bund jährlich eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro sowie pro Migrant mindestens 10.500 Euro. Außerdem soll er die Unterkunftskosten vollständig übernehmen.
Weil sagte, viele Kommunen seien finanziell überlastet. «Wenn es schon schwer ist für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, dann müssen sie doch mindestens den Eindruck haben, dass sie so gut als irgend möglich von ihrem Staat unterstützt werden.» Die Länder täten dies. «Unsere Erwartung ist, dass der Bund an dieser Stelle nachzieht.»
Die Ministerpräsidenten forderten die Bundesregierung auch auf, in enger Abstimmung mit den Ländern «zeitnah die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlich Bezahlkarte zu schaffen und dabei die Umsetzbarkeit in den Kommunen sicherzustellen». Die Bundesregierung solle zudem prüfen, ob Abschiebungen unmittelbar aus Einrichtungen des Bundes erfolgen könnten, etwa an größeren Flughäfen.
Bremen hielt in einer Protokollerklärung fest, man sei gegen «diskriminierende Maßnahmen wie etwa weitere, über die gegenwärtige Rechtslage hinausgehende, Arbeitspflichten oder Bezahlkarten, die keine Bargeldabhebungen ermöglichen». Auch Thüringen war mit einzelnen Punkten nicht einverstanden. Bayern wiederholte die Forderung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer «Integrationsgrenze» bei der Asylzuwanderung und betonte, dafür seien «Rechtsänderungen auch verfassungsrechtlicher Art» zu prüfen und zu diskutieren.
Weil erleichtert über Einigung
Weil zeigte sich gleichwohl erleichtert über die generelle Einigung. Die Ministerpräsidenten seien sich der Stimmung in der Bevölkerung sehr bewusst. «Wir sind fest entschlossen, alle miteinander das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen», betonte Weil.
Rhein dankte Scholz ausdrücklich für das am Freitagabend im Kanzleramt geplante Gespräch über Migrationsfragen: «So, glaube ich, kann man ein Land wirklich so führen, dass die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, die kümmern sich, die haben das im Griff und die machen große Schritte.»