CDU-Chef Merz hält die Vorwürfe gegen ihn weiter für abwegig.
25.07.2023 - 14:21:05Merz in der Kritik - Eignung als Kanzlerkandidat hinterfragt. Doch nicht alle sind in Sachen Brandmauer gegen die AfD beruhigt. Ein Ex-Ministerpräsident stellt gar seine Eignung als Kanzlerkandidat in Frage.
Die Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz wegen seiner Äußerungen zum Umgang der Union mit der AfD auf kommunaler Ebene reißt nicht ab. Saarlands früherer Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) zweifelte gar die Eignung von Merz für eine Kanzlerkandidatur an, die allerdings noch gar nicht feststeht. Hans attestierte Merz mangelnde Führungsstärke. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht den Partei- und Fraktionschef hingegen nicht als beschädigt an.
Äußerungen von Merz im ZDF-Sommerinterview zum Umgang mit der AfD in den Kommunen waren vielfach als Aufweichung der klaren Abgrenzung der CDU zur AfD interpretiert worden. Die Partei wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet. Merz nannte am Montag die Vorwürfe abwegig und machte deutlich, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gelte. Auch auf kommunaler Ebene gebe es keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD. Für seine Äußerungen im Sommerinterview hatte der Parteichef auch in den eigenen Reihen viel Kritik geerntet.
Das große Zittern vorm Sommerinterview
Der CDU-Politiker Hans sagte dem Magazin «Stern» auf die Frage, ob Merz noch der richtige Vorsitzende sei: «Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft.» Die Frage, ob Merz Kanzlerkandidat werde, hält Hans für «völlig offen». Zugleich betonte er: «Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass der Spitzenkandidat einer Partei Regierungserfahrung mitbringt – und Fingerspitzengefühl bei schwierigen Fragen.» Hans warnte vor einer Kursverschiebung der Union weg von der Mitte.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sprach in den ARD-«Tagesthemen» mit Blick auf das Merz-Interview von «Missverständnissen» und «Fehlinterpretationen». Am Ende habe Merz seine Position klargemacht. «Es gibt eine klare, eindeutige und auch sehr dicke Brandmauer zur AfD», sagte Rhein. «Die Brandmauer steht, und sie steht sehr fest.»
Zentralrats-Präsident zeigt sich «ein wenig erschüttert»
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte der «Welt», der CDU-Vorsitzende habe im Nachgang seine Aussagen aus dem Interview geradegerückt. «Aber ich bin ehrlich gesagt überrascht und war auch zunächst ein wenig erschüttert.» Die Äußerungen seien jetzt in der Welt. Er sagte weiter mit Blick auf die CDU: «Es stellt sich die Frage, ob die Brandmauer löchrig sei und nicht mehr das hielte, was sie ursprünglich versprochen hat. Wenn Merz das mit Bedacht getan haben sollte, fände ich das bedenklich.»
Fundament der Brandmauer in den Kommunen
CDU-Vize Andreas Jung sieht die kommunale Ebene gar als entscheidend für die Abgrenzung der Union zur AfD an. «Die klare Abgrenzung auch in den Kommunen ist das Fundament der Brandmauer zur AfD» sagte Jung der «Augsburger Allgemeinen» (Dienstag). «Die AfD ist eine rechtsradikale Partei, die Hass und Hetze duldet», kritisierte Jung. «Zur AfD kann es deshalb nur klare Kante geben, auf allen Ebenen, heute, morgen und übermorgen.» Dies sei auch die Haltung von Merz.
Auch Generalsekretär Linnemann machte bei einer Veranstaltung der Hessen-CDU am Montagabend deutlich, Merz habe erst kürzlich bekräftigt, dass es, solange er Parteivorsitzender sei, keine Zusammenarbeit mit der AfD gebe, egal auf welcher Ebene.
Bei jüngeren Abgeordneten der Union gibt es dennoch Unmut über die Debattenlage in der CDU. «Es ärgert viele in der Partei, dass wir jetzt wieder über die falschen Themen diskutieren», sagte die Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ronja Kemmer, den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.