ROUNDUPScholz, Ratschlag

Bundeskanzler Olaf Scholz rät Medien, weniger "Berliner Blase" und stattdessen mehr Meinungsvielfalt abzubilden.

12.09.2024 - 15:26:18

Meinungsvielfalt statt Berliner

Der SPD-Politiker sagte vor zahlreichen Zeitungsverlegern und Medienschaffenden auf dem Kongress des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin, Medien täte es gut, weniger den Scheinwerfer auf die Egos der Handelnden zu richten und dafür mehr auf das Handeln selbst.

Der Begriff Berliner Blase umschreibt mit negativer Konnotation einen Journalismus, der stark konzentriert über die Bundespolitik in Berlin im Regierungsviertel berichtet.

Scholz mahnte außerdem, es müsse einem zu denken geben, dass es in Teilen der Bevölkerung die Wahrnehmung gebe, Politik und Medien seien "ein und dieselbe Soße". Für die Glaubwürdigkeit von Medien sei eine kritische Distanz entscheidend.

Nicht angesprochen: die gescheiterte Zustellförderung

Interessant war, was während des Kanzler-Besuchs auf dem Verlegerkongress nicht thematisiert wurde: die gescheiterte Zustellförderung. Seit Jahren hatten Medienhäuser und der Verband mit Blick auf den Erhalt der Medienvielfalt im Regionalen gefordert, dass der Staat Geld zuschießen soll, damit die gedruckte Zeitung weiterhin in die Dörfer ausgetragen werden kann. Verlage beklagen steigende Kosten. Der Mindestlohn für Austräger und auch die sinkenden Auflagen spielen eine Rolle. Sowohl die schwarz-rote Bundesregierung als auch die aktuelle Ampel-Koalition prüften Förderwege. Zuletzt wurde klar: Mögliche staatliche Hilfen, deren Prüfung auch im Koalitionsvertrag steht, wird es vorerst nicht geben.

Der Verlegerverband ist enttäuscht und hofft nun auf eine weitere Senkung der bereits ermäßigten Mehrwertsteuer auf Presseprodukte. Diese Forderung bekräftigte der Verband auf dem Kongress.

Wechsel an der Spitze steht an

Mit Spannung wurde auch der Auftritt der Verbandsspitze zu Beginn des Kongresstages erwartet. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert den Verband verlässt. Der BDZV hatte mitgeteilt, die 52-Jährige gehe "auf eigenen Wunsch, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen". Wann Albert aufhört, steht demnach noch nicht fest. Es soll eine Phase der Übergabe geben. Zu den Gründen für den Weggang äußerte sich der Verband nicht. Auch die Nachfolge ist noch nicht bekannt.

Albert ist bislang Teil eines Trios an der Spitze. Der geschäftsführende Vorstand besteht aus Matthias Ditzen-Blanke (geschäftsführender Gesellschafter Ditzen GmbH & Co., u.a. "Nordsee-Zeitung") und Stefan Hilscher (langjähriger Geschäftsführer Süddeutscher Verlag und Mit-Gesellschafter J. Hoffmann GmbH, Verlag Die Harke) - beide im Mai 2023 gewählt - sowie laut Verbandssatzung aus der Hauptgeschäftsführerin oder dem Hauptgeschäftsführer.

Das Trio eröffnete gemeinsam auf der Bühne den Kongresstag. Albert sagte, in diesen Zeiten brauche man Verbände dringender denn je. In den vergangenen Monaten war bekannt geworden, dass mehrere Mitglieder kündigen wollten.

Weiteres Thema: In den vergangenen Jahren kam immer wieder im politischen Raum die Diskussion auf, ob man speziell gemeinnützig orientierten Journalismus fördern solle. Ditzen-Blanke gab zu bedenken, dass dadurch eine Zweiklassengesellschaft entstehen könnte. Auch die klassischen Medien bieten demnach einen hohen Anteil an gemeinwohlorientiertem Journalismus an. Er befürchtet eine mögliche Marktbeeinflussung.

@ dpa.de