Bei den Beamten, die an einigen Grenzen den Reiseverkehr kontrollieren, ist der Unmut über stationäre Grenzkontrollen groß.
17.10.2023 - 11:03:39GdP: Neue Grenzkontrollen müssen anders laufen. Denn: Es mangelt an der nötigen Ausstattung. Auch von anderer Seite kommt Kritik.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist unzufrieden mit der Art und Weise, wie Reisende jetzt an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz kontrolliert werden. «Teilweise sind grenzüberschreitende Straßen besetzt worden, dies führte auch schon zu ersten Staus», sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Gewerkschaft habe sich nach der Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf «flexible, mobile und lageangepasste Kontrollen» eingestellt und nicht auf «stumpfe stationäre feste Kontrollstellen wie an der österreichischen Grenze».
Das sei aber, was man jetzt an diesen Grenzabschnitten erlebe - allerdings ohne die für ein solches Vorgehen notwendige Ausstattung. Man dürfe nicht zulassen, dass Polizeibeamte hier «unter der Heckklappe» ohne jeglichen Wetterschutz, ohne technische Ausstattung und ohne professionell eingerichtete Kontrollstellen über einen längeren Zeitraum arbeiten müssten, sagte der Gewerkschafter. Auch Ermittlungsdienstbeamte und die technische Ausstattung, um Handys von Schleusern rasch auslesen zu können, fehlten. Dass nun von Bahnhöfen und Flughäfen Polizisten und Polizistinnen abgezogen und an die Grenze geschickt worden seien, habe bei den Betroffenen zu Unmut geführt, sagte Roßkopf.
Etwa 98.000 unerlaubte Einreisen bislang
Faeser hatte für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz am Montag für zunächst zehn Tage stationäre Kontrollen bei der EU-Kommission angemeldet. Kurz darauf gab es erste Kontrollen direkt an der Grenze. Die Notifizierung kann laut Ministerium für insgesamt zwei Monate verlängert werden. In Sicherheitskreisen wird allerdings damit gerechnet, dass die Kontrollen später dann auch für einen längeren Zeitraum angemeldet werden. Von Anfang Januar bis Anfang Oktober hat die Bundespolizei laut Bundesinnenministerium etwa 98.000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt.
Die Ministerin hatte am Montag betont, an den betroffenen Grenzübergängen solle auch künftig nicht rund um die Uhr jedes Fahrzeug angehalten werden. Sie sagte: «Die Bundespolizei kann nun flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen». Die Kontrollen sollten sich «so wenig wie möglich auf den Alltag von Pendlern, auf den Handel und auf den Reiseverkehr auswirken». Die Entscheidung für eine Notifizierung und flexible Kontrollen an wechselnden Schwerpunkten hatte die GdP begrüßt.
Auch Güterverkehrsbranche sieht neue Kontrollen kritisch
Auch die Güterverkehrsbranche sieht die neuen festen Kontrollen etwa an der Grenze zu Polen kritisch. Die Grenze weise «ein hohes Verkehrsaufkommen sowohl durch gewerbliche Transporte als auch durch Pendlerverkehre auf», sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Von der Grenze zu Österreich, wo Deutschland bereits seit 2015 wieder stationäre Grenzkontrollen dauerhaft vornehme, sei bekannt, dass diese Kontrollen zu zähflüssigem Verkehr und auch Staus sowie Unfällen auf den Autobahnen führen könnten.
Bartsch nennt stationäre Grenzkontrollen «problematisch»
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch äußerte derweil Zweifel an deren Wirksamkeit stationärer Kontrollen. «Ich finde das eher problematisch, weil damit keinerlei illegale Migration oder ähnliches verhindert wird», sagte er vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Er bemängelte, dass zu wenig über die Ursachen von Flucht und Vertreibung geredet werde. Da könne Deutschland sehr schnell handeln. «Die Grenzkontrollen - das sage ich als jemand, der aus einem Land kommt, was vergleichsweise hohe Mauern hatte - die sind immer nur zeitweise wirkungsvoll, wenn sie überhaupt wirkungsvoll sind.»
Kretschmann begrüßt Grenzkontrollen zur Schweiz
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann begrüßte dagegen die Einführung von Kontrollen an der Grenze zur Schweiz. «Das ist ein Baustein, der dazugehört», sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. Er habe darüber am Montag auch mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gesprochen.
Geplant seien zunächst Grenzkontrollen nach Lage. «Das muss man sich jetzt nicht so vorstellen, dass es wirklich stationäre Grenzkontrollen sind», sagte Kretschmann. Man müsse sich eher mobile Kommandos vorstellen, die die Kontrollen je nach Situation durchführten. An der Grenze gebe es insbesondere Probleme mit dem Zugang unbegleiteter Minderjähriger, sagte Kretschmann. Er gehe davon aus, dass diese künftig zurückgewiesen würden.