Abtreibungen sind in Deutschland grundsätzlich strafbar.
15.04.2024 - 10:26:33Kommission für Liberalisierung des Abtreibungsrechts. Eine Expertenkommission empfiehlt hier Änderungen. Auch beim Thema Eizellspende und Leihmutterschaft hält sie eine Liberalisierung für möglich.
Abtreibungen sollten in Deutschland nach Einschätzung einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission künftig nicht mehr grundsätzlich strafbar sein.
«In der Frühphase der Schwangerschaft (...) sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlauben», heißt es in der Zusammenfassung eines Berichts der Kommission, die in Berlin vorgelegt wurde. Die Expertinnen und Experten äußern sich darin auch zu den Themen Eizellspende und Leihmutterschaft. Beides hält die Kommission unter bestimmten Umständen für zulässig.
Zwar sind Schwangerschaftsabbrüche faktisch auch heute in der Frühphase - also innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen - straffrei möglich, wenn die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Auch wenn bestimmte medizinische Gründe vorliegen oder nach einer Vergewaltigung sind Abbrüche möglich, ohne sich strafbar zu machen. Allerdings ist dies bisher als Ausnahmeregelung im Strafgesetzbuch geregelt, das Abtreibungen ansonsten ganz grundsätzlich unter Strafe stellt.
Mehrheit für Legalisierung von Abtreibungen in früher Phase
Eine Mehrheit der Bevölkerung ist laut einer Umfrage für eine Legalisierung von Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft. 72 Prozent der Befragten fänden es richtig, wenn ein Schwangerschaftsabbruch in diesem Zeitraum ohne Einschränkungen erlaubt wäre.
Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für das RTL/ntv-«Trendbarometer» hervor. Am größten ist die Zustimmung unter Anhängern der Grünen mit 82 Prozent, mit 55 Prozent am geringsten ist sie unter Anhängern der AfD. Im Osten Deutschlands sind 81 Prozent für eine solche Legalisierung, im Westen 71 Prozent.
In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel vereinbart, durch eine Kommission prüfen zu lassen, inwieweit Schwangerschaftsabbrüche auch außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden könnten. Die Kommission sollte zudem Möglichkeiten zur Legalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft prüfen.
«Rechtswidrigkeit in Frühphase nicht haltbar»
«Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Abbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft (...) ist nicht haltbar. Hier sollte der Gesetzgeber tätig werden und den Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig und straflos stellen», sagte die für das Thema zuständige Koordinatorin in der Kommission, die Strafrechtlerin Liane Wörner von der Universität Konstanz, in Berlin.
Ein Abbruch sei aktuell zwar unter bestimmten Bedingungen straffrei, «aber er ist nach wie vor als rechtswidrig, als Unrecht gekennzeichnet», kritisierte die stellvertretende Koordinatorin, Frauke Brosius-Gersdorf, die geltende Regel. Eine Änderung sei nicht einfach nur eine Formalie. Für die betroffenen Frauen mache es einen großen Unterschied, ob das, was sie täten, Unrecht sei oder Recht. «Außerdem hat das Auswirkungen auf die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherungen.»
Die Expertinnen empfehlen auch eine Neuregelung zu Schwangerschaftsabbrüchen, die auf Sexualdelikte zurückgehen. Bei einer Vergewaltigung gebe es laut Gesetz nur eine Frist von zwölf Wochen, bis zu der ein Abbruch für die ausführenden Ärztinnen und Ärzte nicht strafbar sei. Das sei aber «zu eng bemessen», heißt es im Bericht. Betroffene Frauen seien häufig traumatisiert und würden eine Schwangerschaft in diesem Zusammenhang möglicherweise erst spät bemerken. Hier müsste die Frist den Expertinnen zufolge ausgeweitet werden.
Eizellspende und Leihmutterschaft
Eine Legalisierung der Eizellspende in Deutschland sehen die Expertinnen und Experten als zulässig, «sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die insbesondere den notwendigen Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet», heißt es. Deutschland sei neben Luxemburg das einzige Land EU-Land, in dem die Eizellspende noch verboten sei, sagte die Koordinatorin für das Thema in der Kommission, Claudia Wiesemann von der Universität Göttingen. Wichtig sei, so wie bei der Samenspende auch, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft zu sichern.
Leihmutterschaft könne der Gesetzgeber in bestimmten Fällen zulassen, heißt es von der Kommission, «sofern insbesondere der Schutz der Leihmutter und das Kindeswohl hinreichend gewährleistet werden».