KfW Research: Kommunen nehmen schlechtere Finanzlage und höherenInvestitionsrückstand wahrFrankfurt am Main -- KfW-Kommunalpanel 2024 zeigt deutliche Eintrübung der Stimmung hinsichtlich der Finanzlage- Mehr als die Hälfte der Kämmereien bewertet derzeitige Finanzlage negativ, 90 % pessimistisch für Entwicklung der nächsten 5 Jahre- Investitionen können trotz Zunahme nicht mit steigenden Preisen und Bedarfen mithalten: Investitionsrückstand klettert auf 186,1 Mrd.
23.05.2024 - 10:02:21KfW / KfW Research: Kommunen nehmen schlechtere Finanzlage und höheren ...
KfW Research: Kommunen nehmen schlechtere Finanzlage und höherenInvestitionsrückstand wahrFrankfurt am Main (ots) -
- KfW-Kommunalpanel 2024 zeigt deutliche Eintrübung der Stimmung hinsichtlich der Finanzlage- Mehr als die Hälfte der Kämmereien bewertet derzeitige Finanzlage negativ, 90 % pessimistisch für Entwicklung der nächsten 5 Jahre- Investitionen können trotz Zunahme nicht mit steigenden Preisen und Bedarfen mithalten: Investitionsrückstand klettert auf 186,1 Mrd. EUR
Das KfW-Kommunalpanel 2024 zeigt eine deutliche Eintrübung der Stimmung in denKämmereien. Insbesondere die steigenden Ausgaben bei den Sozial-, Personal- undSachkosten sind langfristige Herausforderung für die Kommunalhaushalte undverringern die Investitionsspielräume. In der Folge blicken die vom DeutschenInstitut für Urbanistik im Auftrag von KfW Research befragten Städte, Gemeindenund Kreise zunehmend besorgt auf ihre eigene Finanzsituation: Mit 58 % bewertetmehr als die Hälfte von ihnen diese als negativ. Dies sind knapp 10Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Zu einer positiven Einschätzung derFinanzlage kommen derzeit nur noch 17 % der befragten Kommunen - ein Minus von 6Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.
Noch pessimistischer ist der Ausblick der Kämmereien auf die kommenden fünfJahre. Neben den aktuellen fiskalischen Herausforderungen wie schwächeremSteuerwachstum, steigenden Personalausgaben und zunehmenden Sachaufwendungeninfolge höherer Preise oder zusätzlicher sozialer Aufgaben, kommen auf dieKommunen strukturelle Herausforderungen zu: Klimaschutz und -anpassung,Digitalisierung oder Demografie machen erhebliche Mehrinvestitionenerforderlich. Angesichts der engen kommunalen Haushaltsspielräume erwarten nurnoch 2 % der Kommunen eine positive Entwicklung ihrer Finanzlage in den nächsten5 Jahren, die große Mehrheit von 88 % schaut eher negativ in die nahe Zukunft.
Die Sorge ist, dass diese schlechten Erwartungen der Kämmereien über kurz oderlang zu niedrigeren Investitionen führen. Für das aktuelle Jahr rechnen dieKommunen aber mit Gesamtinvestitionen von 45 Mrd. EUR in ihren Kernhaushalten.Insgesamt legen die Investitionsplanungen damit um 4,1 % gegenüber dem Vorjahrzu, gleichen aber die Preissteigerungen im Bausektor nicht aus. WichtigsteInvestitionsschwerpunkte bleiben mit knapp 13 Mrd. EUR die Schulen, gefolgt vonknapp 11 Mrd. EUR für die Straßen. Mit Abstand folgen die Kinderbetreuung sowieder Brand- und Katastrophenschutz mit jeweils rund 4 Mrd. EUR. Für dieöffentlichen Verwaltungsgebäude werden nur etwas mehr als 3 Mrd. EUR eingeplant.
Die steigenden Preise führten zuletzt zusammen mit weiter zunehmendenAnforderungen an die kommunale Infrastruktur in der bundesweiten Hochrechnung zueinem Anstieg des wahrgenommenen Investitionsrückstands der Kommunen aufinsgesamt 186,1 Mrd. EUR. Das entspricht 20,5 Mrd. EUR bzw. 12,4 % mehr als imVorjahr und wird im Wesentlichen durch die Investitionsbereiche Straßen (+ 9,7Mrd. EUR auf 48,3 Mrd. EUR), Schulen (+ 7,3 Mrd. EUR auf 54,8 Mrd. EUR) sowieBrand- und Katastrophenschutz (+ 4,0 Mrd. EUR auf 16,3 Mrd. EUR) getrieben.Weitere größere Blöcke des Investitionsrückstands stellen Verwaltungsgebäude mit18,8 Mrd. EUR, Kitas mit 12,7 Mrd. EUR und Sportstätten mit 12,1 Mrd. EUR dar.
Verschiedene Hemmnisse stehen einer Steigerung der kommunalenInvestitionstätigkeit im Wege oder verzögern die Umsetzung von Investitionen.Die Hemmnisse wirken dabei sehr unterschiedlich. So sorgen fehlende Finanzmittel(bei 55 % der Kommunen) oder unpassende Fördermittelangebote (43 %) vor allemdafür, dass Projekte gar nicht oder nur in abgespeckter Form durchgeführtwerden. Hingegen führen komplexe und zeitaufwändige Verfahren und Vorgaben inrund 60 % der Kommunen zu einer Verzögerung von mehr als einem Jahr. Auch dieLiefer- und Kapazitätsengpässe der Bauwirtschaft führen bei über 60 % zu einerVerzögerung und in rund der Hälfte der Kommunen auch zu einer Verteuerung vonmehr als 25 % gegenüber den ursprünglich angesetzten Kosten. Personalmangel inder Bauverwaltung wiederum führt in 56 % der betroffenen Kommunen zu deutlichenVerzögerungen und in fast 30 % der Fälle sogar dazu, dass Projekte gar nichtdurchgeführt werden. Die Vielzahl an Hemmnissen erfordert verschiedeneLösungsansätze, beispielsweise Vereinfachungen der Vorschriften und Abbau derBürokratie, eine Stärkung der Verwaltungskapazitäten, insbesondere durch dieDigitalisierung von Prozessen, aber auch eine verbesserte finanzielle Basis fürdie kommunalen Investitionen.
Wie die Kommunen ihre Investitionen finanzieren, hat sich im Vergleich zumVorjahr kaum verändert. Eigenmittel machen rund die Hälfte im Finanzierungsmixaus, während sich die andere Hälfte weitgehend aus Fördermitteln (22 %) sowieKommunalkrediten (24 %) zusammensetzt. Angesichts der sich verengendenHaushaltsspielräume erwartet jede zweite Kommune eine steigende Bedeutung derKreditfinanzierung. Dies fällt in einen Zeitraum deutlich gestiegener Zinsen.Rund 40 % der Kommunen, die einen Kredit in Anspruch genommen haben, empfandendie Konditionen der Kreditaufnahme im vergangenen Jahr als eher oder sehrschlecht. Für das kommende Jahr bleibt der überwiegende Teil der Kommunen mitBlick auf die Kreditkonditionen pessimistisch.
In einem Sonderkapitel des Panels befasst sich KfW Research diesmal mit denVerwaltungsgebäuden von Kommunen. Diese sind häufig modernisierungsbedürftig undmachen den drittgrößten Block im Investitionsrückstand aus, genießen jedoch nurgeringe Priorität bei der kommunalen Investitionstätigkeit. Ein zeitgemäßerZustand der Verwaltungsgebäude erscheint jedoch aus verschiedenen Gründenerforderlich: So sehen z. B. 81 % der Kommunen einen Zusammenhang zwischen demZustand der Rathäuser und dem Eindruck, den Bürgerinnern und Bürger vom Staathaben.
"Die anhaltenden Krisen und wirtschaftliche Unsicherheiten hinterlassen ihreSpuren in der Stimmung der Kreise, Städte und Gemeinden: Neun von zehn Kommunenblicken pessimistisch auf die Entwicklung ihrer Finanzlage in den kommenden fünfJahren. Gleichzeitig wächst der wahrgenommene Investitionsrückstand auf über 186Mrd. EUR an", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Damit dieKommunen ihren Beitrag zur Daseinsvorsorge und Transformation leisten können,sind Investitionen allerdings zentral. Dabei ist auch wichtig, sich klar zumachen, dass die Kommunen rund 60 % der Baumaßnahmen der öffentlichen Handtätigen. Hier gilt es in Zeiten knapper Finanzmittel auch die vielennicht-monetären Hemmnisse anzugehen, beispielsweise durch vereinfachteGenehmigungs- und Vergabeverfahren, damit zumindest die vorhandenenInvestitionsmittel schneller und effizienter verbaut werden können."
Das KfW-Kommunalpanel ist abrufbar unter http://www.kfw.de/kommunalpanel
Zum Datenhintergrund:
Das KfW-Kommunalpanel beruht auf einer bundesweit repräsentativen Befragung derKämmereien von Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern sowie allenLandkreisen, die im Auftrag von KfW Research durch das Deutsche Institut fürUrbanistik (Difu) seit 2009 jährlich durchgeführt wird. Die Befragung für dieaktuelle Ausgabe lief von September bis November 2023. Es beteiligten sich 799Kommunen.
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