ROUNDUP, Föderalismus

Die große Mehrheit der Führungskräfte sieht Deutschland einer Umfrage zufolge bei der Digitalisierung im Hintertreffen.

14.02.2024 - 12:56:11

Mehrheit hält Föderalismus für Hemmschuh bei Digitalisierung

Lediglich vier Prozent der Entscheider sind aktuell der Auffassung, Deutschland sei bei der Digitalisierung gut aufgestellt, wie eine Befragung des Allensbach-Instituts für das European Center for Digital Competitiveness an der ESCP Business School ergab. 95 Prozent von ihnen haben nach den am Mittwoch vorgestellten Ergebnissen dagegen den Eindruck, die Bundesrepublik hinke in vielen Bereichen hinterher. Bei Befragungen in den Jahren 2021 und 2022 waren die Ergebnisse ähnlich ausgefallen.

Beim Thema KI sehen 19 Prozent der Entscheider in Deutschland Europa aktuell insgesamt gut aufgestellt. 74 Prozent von ihnen glauben das nicht. Sieben Prozent äußerten sich unentschieden.

Die im Dezember befragten rund 500 Spitzenkräfte aus Politik und Wirtschaft haben wenig Hoffnung auf rasche Besserung. Große Fortschritte bei der Digitalisierung in Deutschland erwartet laut Umfrage jede vierte Führungskraft aus der Wirtschaft.

Die befragten Politiker waren etwas optimistischer. 42 Prozent von ihnen rechnen damit. Die Bevölkerung insgesamt hat niedrigere Erwartungen. 23 Prozent der Menschen gehen davon aus, dass es in den kommenden Jahren große Fortschritte auf diesem Gebiet geben wird.

Zu den Ursachen für diesen Rückstand zählen 65 Prozent der Bevölkerung das Fehlen einer klaren Strategie. Dass eine Zersplitterung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen hier negativ wirkt, glauben laut Untersuchung 62 Prozent der Menschen in Deutschland. Dass zu geringe Investitionen eine Rolle spielen, denken 55 Prozent. Knapp die Hälfte der Bevölkerung (48 Prozent) sieht "die strengen deutschen Datenschutzrichtlinien" als Hemmnis. 41 Prozent der Befragten halten den Mangel an Fachkräften für ein großes Problem.

Philip Meissner von der ESCP riet dazu, erfolgreiche IT-Lösungen für die digitale Verwaltung aus Staaten wie Estland und der Ukraine zu übernehmen, die hier schon weiter seien, anstatt in jeder Gemeinde oder jedem Kreis eigene Lösungen zu entwickeln. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden", sagte er.

Für den Digitalreport, der jährlich entsteht, wurden rund 500 Spitzenkräfte aus Politik und Wirtschaft befragt, darunter Geschäftsführer, Vorstände, Minister, Staatssekretäre und Fraktionsspitzen. Die Bevölkerungsumfrage zwischen dem 1. Dezember und dem 14. Dezember fußt auf Interviews mit 1013 Menschen im Alter ab 16 Jahren. Dieser Teil der Umfrage ist repräsentativ.

Auf die Frage, wer am meisten dafür tun könne, dass es mit der Digitalisierung in Deutschland vorangeht, nannten 69 Prozent der befragten Menschen die Bundesregierung. 46 Prozent sehen hier Verantwortung bei den Regierungen der Länder. Die Wirtschaft nannten 41 Prozent, Städte und Gemeinden 39 Prozent.

Die Digitalkompetenz der einzelnen Parteien wird von der Bevölkerung jeweils sehr niedrig eingeschätzt. Auf die Frage, welcher Partei sie auf diesem Gebiet am meisten zutrauen, nannten 15 Prozent der Befragten CDU und CSU. Der FDP trauen hier 8 Prozent am meisten zu. Zum Vergleich: Kurz nach der Bundestagswahl 2021 hatten noch 18 Prozent der Bevölkerung die größte Digitalkompetenz bei den Freien Demokraten gesehen. Noch geringere Kompetenz sehen die Menschen aktuell bei der SPD (6 Prozent), den Grünen und der AfD (jeweils vier Prozent), sowie der Linken (1 Prozent). Drei Prozent der Befragten nannten andere Parteien, 30 Prozent entschieden sich für die Antwortvariante "Keine Partei, 32 Prozent äußerten sich unentschieden.

Anders als bei KI sehen die Führungskräfte in Deutschland Europa bei Technologien, die dazu beitragen, die globale Erwärmung zu begrenzen, weit vorn. Laut Umfrage halten 70 Prozent der Führungskräfte Europa bei den sogenannten grünen Technologien für gut aufgestellt.

@ dpa.de