Der Vorstand des Industriekonzerns Thyssenkrupp DE0007500001 hat Vorwürfe der Arbeitnehmerseite zurückgewiesen, sie bei der geplanten Beteiligung von EP Corporate Group (EPCG) an der Stahlsparte übergangen zu haben.
29.04.2024 - 16:17:51Thyssenkrupp-Vorstand weist Vorwürfe von Arbeitnehmervertretern zurück
"Dies war zu keinem Zeitpunkt der Fall und ist auch künftig nicht beabsichtigt", teilte der Mutterkonzern am Montag in Essen mit.
Der Konzern habe in den vergangenen Monaten immer wieder in Gremien und auch öffentlich betont, dass man sich in anhaltenden Gesprächen mit der EPCG befinde, die auf das klare Ziel einer Partnerschaft ausgerichtet seien. "Zudem ist allen Beteiligten lange bekannt, dass die Thyssenkrupp AG ein 50/50-Joint-Venture mit der EP Corporate Group anstrebt", erklärte das Unternehmen. Bei der geplanten Umstellung der Stahlerzeugung auf klimafreundlichere Herstellungsverfahren soll EPCG als strategischer Partner seine Kompetenzen als Energiehändler und -lieferant einbringen.
Vorstand: "Überraschung dürfte sich in Grenzen gehalten haben"
In der vergangenen Woche habe man den Arbeitnehmervertretern signalisiert, dass sich das Unternehmen mittlerweile in fortgeschrittenen Verhandlungen zur Beteiligung von EPCG am Stahlgeschäft befinde. "Die Überraschung über Ergebnisse, die am vergangenen Freitag erreicht worden sind, dürfte sich aus den genannten Gründen in Grenzen gehalten haben."
Thyssenkrupp hatte am Freitag bekannt gegeben, dass Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel einen Miteigentümer "mit Energieexpertise" bekommt. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky übernimmt mit seiner Holding EPCG zunächst 20 Prozent, über weitere 30 wird verhandelt. Ziel sei die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens, an dem beide Partner je 50 Prozent halten.
IG Metall: "López übergeht Mitbestimmung"
Der stellvertretende Thyssenkrupp Aufsichtsratschef Jürgen Kerner, der auch IG Metall-Vize ist, hatte am Freitag erklärt, dass die Nachricht vom Einstieg "überraschend" komme. "Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. Das ist kein guter Stil und kein guter Start", erklärte er. In einem am Samstag veröffentlichten Flugblatt hatte die IG Metall dann mitgeteilt, dass die Nachricht eingeschlagen sei "wie eine Bombe". Vorstandschef Miguel López und Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm hätten die Mitbestimmung "einmal mehr umschifft und uns somit bewusst vor den Kopf gestoßen". In einer Überschrift stand: "López übergeht Mitbestimmung".
Der Steel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol wurde in dem Flugblatt mit den Worten zitiert: "Wir werden von diesen Herren kein Stück weit mehr informiert, als das Gesetz es vorsieht. Dies ist für einen traditionell mitbestimmten Konzern wie den unseren mehr als eine Provokation. Es ist eine kalkulierte Kampfansage."
Thyssenkrupp wiederholte in seiner Mitteilung vom Montag eine Äußerung von López vom Freitag: "Unser Ziel ist ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit und unternehmerischem Erfolg von Thyssenkrupp Steel führt, den Anforderungen des Klimaschutzes entspricht, betriebsbedingte Kündigungen vermeidet und eine breite Akzeptanz findet." Der Dialog mit allen Gremien und mit der Arbeitnehmerschaft sei dabei ein ganz entscheidendes Element, hob der Vorstand hervor. Die angestrebte Erweiterung des Gesellschafterkreises habe keinerlei Einfluss auf die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, unterstrich das Management.
Thyssenkrupp will Dialog "allumfassend" fortsetzen
Die Thyssenkrupp AG werde den Dialog mit den Gremien, mit der Arbeitnehmerschaft und der Politik, mit Medien sowie der breiten Öffentlichkeit "allumfassend" fortsetzen. IG Metall und der Steel-Gesamtbetriebsrat haben für Dienstag (30. April) Thyssenkrupp-Beschäftigte aller Standorte zur Teilnahme an einer Protest-Kundgebung vor der Steel-Hauptverwaltung in Duisburg aufgerufen. Auch die Belegschaft des Duisburger Stahlherstellers Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) ist eingeladen. Protestiert werden soll unter dem Motto "Zukunft statt Kündigung" gegen die "strategische Umgehung der Mitbestimmung". Erwartet werden über 10 000 Beschäftigte.